Berlin, 21. März 2006
Pressekonferenz zum Tag des Wassers
Anlässlich des Tags des Wassers und parallel zum 4. Weltwasserforum in Mexiko ziehen deutsche Nichtregierungsorganisationen eine Bilanz zur Wasserpolitik.
Die Entwicklungsorganisationen Brot für die Welt und WEED, der Umweltverband GRÜNE LIGA, der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), die Gewerkschaft ver.di und das deutschlandweite Bündnis WasserInBürgerhand! sprachen sich gemeinsam für eine starke kommunale Wasserwirtschaft aus.
Auf einer heute in Berlin abgehaltenen Pressekonferenz zum Internationalen Tag des Wassers wandten sich Vertreter der im Forum Umwelt und Entwicklung und im Netzwerk UNSER Wasser zusammengeschlossenen Verbände gegen die anhaltenden Liberalisierungsbestrebungen und die Einführung von Privatisierungszwängen im Wasserbereich und gegen Tendenzen zur Absenkung von Umwelt- und Sozialstandards, die aus aktuellen EU-Richtlinien aber auch aus der neueren bundesdeutschen Gesetzgebung erwachsen.
Brot für die Welt war mit eigenen Veranstaltungen zum Recht auf Wasser auf dem alternativen Weltwasserforum vertreten. In einer gemeinsamen Erklärung forderten dort gestern eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen die nationalen Regierungen auf, eine Deklaration zum Recht auf Wasser im UN-Menschenrechtsrat zu unterstützen.
„Während über 1 Mrd. Menschen weltweit keinen angemessenen Zugang zu Trinkwasser haben, zielt die Politik von Bundesregierung und EU darauf Wassermärkte zu schaffen, um transnationalen Konzernen zu sprudelnde Gewinnen zu verhelfen. Gegenüber Profitinteressen fallen soziale, ökologische, und entwicklungspolitische Aspekte von Wasserversorgung völlig unter den Tisch“, analysiert Alexis Passadakis, Privatisierungsexperte bei WEED. Seit ein paar Jahren nimmt die Zahl der lokale Proteste gegen Wasserprivatisierung zu und stellt die bisherige Wasserpolitik von Bundesregierung, EU und internationalen Organisationen wie Weltbank, IWF und WTO unmittelbar in Frage.
Eine neue EU-Richtlinie zum Grundwasserschutz wird derzeit in Brüssel verhandelt. Das Europäische Parlament berät momentan über einen Beschluss des Umweltministerrats, der auf breite Ablehnung sowohl bei den deutschen Umweltverbänden als auch bei der Wasserwirtschaft stößt. Europaweit einheitliche Grenzwerte für Schadstoffe sind bereits nicht mehr zu erwarten. Selbst der auch für die Trinkwasserversorgung relevante Nitrat-Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter steht auf der Kippe. „Ressourcenschutz ist vorbeugender Umwelt- und Verbraucherschutz“, betonte Michael Bender von der GRÜNEN LIGA.
Die EU-Kommission verfolgt mehr oder weniger intransparent, aber uneingeschränkt, ihr Ziel, die Wasserwirtschaft zu liberalisieren. „Da sind die Beteuerungen, dass die Dienstleistungsrichtlinie selbst weder zur Liberalisierung, noch zur Privatisierung führen soll, angesichts der tatsächlichen Entwicklungstendenzen des Binnenmarktes ziemlich unglaubwürdig.” schätzt Mathias Ladstätter von ver.di ein. Dienste der Wasserversorgung und der Wasserlieferung sowie Dienste der Abwasserbeseitigung seien zwar aus dem Geltungsbereich des Art. 16 „Freizügigkeit der Dienstleistungen” ausgenommen, aber IT – Bereich, Wartung und Instandhaltung von Rohrleitungen, Dienstleistungen im Zählerwesen und Abrechnung könnten unmittelbar Elemente der Liberalisierung werden.
Die fehlende Kohärenz in der EU-Politik zeigt der Widerspruch der genannten Entwicklungen zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die besagt, dass Wasser keine übliche Handelsware sei, sondern als ererbtes Gut geschützt werden müsse.
„Die deutsche Wasserwirtschaft ist auf dem richtigen Weg. Wichtige Elemente einer Modernisierungsstrategie sind erarbeitet und werden zum Teil auch bereits umgesetzt”, so Thomas Abel, Leiter der Abteilung Wasser/Abwasser des Verbands kommunaler Unternehmen e.V. (VKU), anlässlich der Verabschiedung des Modernisierungsberichtes für die Wasserwirtschaft letzte Woche im Bundeskabinett. Positiv bewertet der VKU, dass die Bundesregierung hervorhebt, Städte und Gemeinden sollten selbst entscheiden können, wie sie Aufgaben der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung wahrnehmen wollen. Die Ausübung dieser Gestaltungsfreiheit sei kein Anwendungsfall für das europäische Vergaberecht. Unterstützt wird außerdem das vom VKU und den anderen Branchenverbänden entwickelte Benchmarkingkonzept als einem wesentlichen Bestandteil der Modernisierungsstrategie.
Hans-Werner Krüger von W!B stellte den sinnvollen lokalen Widerstand gegen den laufenden Ausverkauf von Bürgervermögen dar und erläutert, dass die von vielen Seiten favorisierten „öffentlich-privaten Partnerschaften” die Finanzkrise der öffentlichen Hände nicht lösen, sondern vertiefen. W!B forderte darüber hinaus, die politische Verantwortung für den Umgang mit öffentlichem und damit Bürgereigentum ernster zu nehmen.
V.i.S.d.P.: Klaus Schlüter, Grüne Liga e.V., Bundesgeschäftsstelle, Greifswalder Str. 4, 10405
Ansprechpartner:
Michael Bender, Grüne Liga Bundeskontaktstelle Wasser,
Koordinator AK Wasser des Forums Umwelt und Entwicklung
Tel.: 030 / 44 33 91-44, E-Mail: wasser@grueneliga.de