Pressemitteilung 9/2007

Berlin, 21. März 2007

Forum Umwelt und Entwicklung – Netzwerk UNSER Wasser –  FIAN – GRÜNE LIGA – ver.di – VKU – Berliner Wassertisch – WEED

Wasser in der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Deutschland trägt in diesem Jahr der EU Ratspräsidentschaft auch als Gastgeber des G8 Gipfels eine besondere Verantwortung in der Umsetzung des Menschenrechts auf Wasser. Heute, am Tag des Wasser, fordern wir Deutschland auf, sich in der Europäischen Union und weltweit für das Menschrecht auf Wasser einzusetzen, es zu schützen, zu respektieren und zu gewährleisten – für alle Menschen.

Die Entwicklungsorganisation FIAN, der Umweltverband GRÜNE LIGA, der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), die Gewerkschaft ver.di und der Berliner Wassertisch sprechen sich gemeinsam für eine starke kommunale Wasserwirtschaft aus.
Auf ihrer heute in Berlin abgehaltenen Pressekonferenz zum Internationalen Tag des Wassers mahnen Vertreter der im Forum Umwelt und Entwicklung und im Netzwerk UNSER Wasser zusammengeschlossenen Verbände die deutsche Verantwortung in der internationalen und EU-Wasser- und Gewässerschutzpolitik an. Europa sollte seine Politik darauf ausrichten, gesunde Strukturen der Mitgliedsstaaten im Dienstleistungsbereich zu erhalten und nicht einem ungezügelten Binnenmarkt zu opfern.
Auch die eigene Entwicklungs- und Außenpolitik darf dem Recht auf Wasser in anderen Ländern nicht entgegenstehen.

„Ein Beispiel für die Verletzung der extraterritorialen Staatenpflichten durch den deutschen Staat, ist die Beteiligung der Westdeutschen Landesbank (WestLB) am Bau einer neuen Erdölpipeline in Ecuador. Während des Baus der 500 Kilometer langen OCP-Pipeline von den Förderregionen im Amazonasgebiet über die Anden bis hin zur Pazifikküste, kam es immer wieder zu Unfällen: verseuchte Böden, Flüsse und Grundwassersysteme sind die Folge.“ führte Kim Weidenberg von FIAN aus.
Durch den Bau des Ilisu-Staudamms in der Südosttürkei sind Vertreibung, Umwelt- und Kulturzerstörung sowie eine Verschärfung des Wasserkonflikts in Nahost vorprogrammiert. Die Bundesregierung berät momentan, der Stuttgarter Baufirma Züblin eine Hermesbürgschaft in Höhe von 100 Millionen Euro für das Ilisu Projekt zu geben. Es liegt bisher keine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung vor, die betroffene Bevölkerung und die Nachbarstaaten wurden nicht nennenswert konsultiert und die an die mit der türkischen Regierung vereinbarten Auflagen werden geheim gehalten. „Das Ilisu-Projekt ist ein typisches Beispiel, wie Wasser gegen die Interessen der Bevölkerung statt zu ihrem Nutzen verwendet wird. Seine Planung widerspricht internationalen und europäischen Stan¬dards, es könnte in der EU nie gebaut werden“, stellt Heike Drillisch von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation WEED fest.

Bei dem EU-Richtlinienentwurf zu prioritären Stoffen vermissen wir die in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen neuen EU-weiten Emissionsbegrenzungen. Stattdessen sollen vorhandene Regelungen in diesem Bereich ersatzlos wegfallen. „Wir können die Bundesregierung und die deutschen Europaparlamentarier nur aufrufen, diese auch von Bundestag und Bundesrat erkannten Defizite bei den in Ministerrat und Parlament anstehenden Verhandlungen und Entscheidungen nachhaltig einzufordern“; bekräftigt Michael Bender, Leiter der GRÜNE LIGA Bundeskontaktstelle Wasser. „Die Emission gefährlicher Stoffe muss verursacherbezogen an der Quelle bekämpft werden, nicht erst wenn in den Gewässern oder in den Trinkwasserressourcen Grenzwerte überschritten werden.“

Wasserver- und Abwasserentsorgung sind besonders sensible Bereiche. Sie schaffen unabdingbare Lebensgrundlagen. Diese Aufgaben sind bei kommunalen Unternehmen besonders gut aufgehoben. Sie stehen neben der Versorgungssicherheit, wirtschaftlichem Arbeiten und Transparenz gegenüber ihren Kunden für einen gewichtigen zusätzlichen Wert: lokale und regionale Verantwortung.
„Notwendige Grundlage für dieses Erfolgsmodell ist die Anerkennung der kommunalen Organisationsfreiheit für den Bereich Wasser/Abwasser. Kommunen müssen auch weiterhin unabhängig darüber entscheiden können, ob sie diese Aufgaben selbst, durch eigene Unternehmen oder eben auch im Wege der Vergabe an Dritte erfüllen,“ führte Thomas Abel, Leiter der Abteilung Wasser/Abwasser des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) aus.
Einen grundsätzlichen Zwang zur Vergabe an Dritte darf es nicht geben. Wettbewerbsmodelle aus anderen Versorgungssparten wie Telekommunikation oder Energie passen nicht auf den Wasser- und Abwasserbereich. Dies muss auch die Europäische Kommission berücksichtigen, wenn sie in den folgenden Monaten weitere Regelungsvorschläge zu ihrer Wettbewerbspolitik in der Daseinsvorsorge vorlegt.

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di steht zur Modernisierungspolitik der Wasserwirtschaft, unterstützt das freiwillige Benchmarking und erwartet dabei einen beteiligungsorientierten Prozess mit der gleichberechtigten Einbeziehung der Arbeitnehmervertretungen. Dies wird in der Konsequenz die Überlegenheit öffentlicher Strukturen nachweisen. „Privatisierung in der Wasserwirtschaft führte in den wenigsten Fällen zur Gebühren- oder Entgeltabsenkung. Die Tatsache, Gewinne für Aktionäre und Eigentümer zu erwirtschaften, muss kurz- oder mittelfristig zur Kostenerhöhung führen“; erklärte Mathias Ladstätter, Fachgruppenleiter Wasserwirtschaft. „Besonders die Abwasserwirtschaft ist als steuerfreie hoheitliche Aufgabe zu erhalten.“ Mehrere Gutachten belegen, dass hier die Erhebung einer Mehrwertsteuer zur Gebührenmehrbelastung der Verbraucherinnen und Verbraucher von bis zu 20 % führen würde. Dies brächte auch die Personalkosten unter Druck.
„Wir fordern mehr Transparenz als elementare Voraussetzung für die informative Teilhabe der Bürger. Insbesondere müssen alle Verträge zwischen den Kommunen und privaten Investoren in allen Bereich der Daseinsvorsorge offen gelegt werden.“ so Thomas Rudek vom Berliner Wassertisch.

Nähere Informationen: Michael Bender
GRÜNE LIGA Berlin – Bundeskontaktstelle Wasser
Tel.: 030/44 33 91 44
wasser@grueneliga.de


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