GRÜNE LIGA
FIAN
AöW
ver.di
WECF
Berlin, den 13.03.2008
Kommunale Verantwortung im UN-Jahr der sanitären Grundversorgung 2008 stärken
Der deutsche Bundestag hat einstimmig die Ausrufung des UN-Jahrs der sanitären Grundversorgung begrüßt. Wie kann Deutschland seine Verantwortung für die Umsetzung des Menschenrechts auf Wasser, das auch das Recht auf sanitäre Basisversorgung einschließt, wahrnehmen? Dazu stellten Umwelt- und Entwicklungsverbände sowie Vertreter der Wasserwirtschaft und der Beschäftigten heute in Berlin gemeinsame ihre Positionen vor.
Die Entwicklungsorganisation FIAN, der Umweltverband GRÜNE LIGA, die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft, die Gewerkschaft ver.di und Women in Europe for a Common Future sprechen sich gemeinsam für eine starke, ressourcenschonende kommunale Wasserwirtschaft aus: Eine umweltschonende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung kann aber nur durch eine demokratische kommunale Kontrolle durch die Bürger vor Ort garantiert werden, die Privatisierung der Wasserversorgung und Abwasserbehandlung lehnen wir daher ab.
Auf ihrer heute in Berlin abgehaltenen Pressekonferenz zum Internationalen Tag des Wassers mahnen Vertreter der im Forum Umwelt und Entwicklung und im Netzwerk UNSER Wasser zusammengeschlossenen Verbände die deutsche Verantwortung in der internationalen und EU-Wasser- und Gewässerschutzpolitik an. Europa sollte seine Politik darauf ausrichten, gesunde Strukturen der Mitgliedsstaaten im Dienstleistungsbereich zu erhalten und nicht einem ungezügelten Binnenmarkt zu opfern.
Auch die eigene Entwicklungs- und Außenpolitik darf dem Recht auf Wasser und auf sanitäre Grundversorgung nicht entgegenstehen. Das Menschenrecht auf Wasser ist unteilbar mit einer sanitären Versorgung verbunden. Die Anzahl der Menschen ohne sanitäre Anlagen wird auf 2,4 Milliarden geschätzt und wächst jährlich. Fehlende sanitäre Einrichtungen wirken sich besonders auf Mädchen und Frauen aus, viele Mädchen besuchen mangels Toiletten keine Schulen.
Die fortwährende Verseuchung von Wasser durch Industrieabwässer und Vergiftung durch die Landwirtschaft führt zu 80% der Erkrankungen in den Entwicklungsländern. „Auch deutsche Firmen verseuchen Wasser in anderen Ländern und Deutschland baut Agrarstoffe für Benzin an – auf Kosten der lokalen Bevölkerung“ sagt Kim Weidenberg von FIAN.
Selbst in Europa sind mehr als 20 Millionen Menschen auf unhygienische, sanitäre Anlagen wie Latrinen, Sickergruben oder -brunnen angewiesen. Wie die Europäische Kommission bestätigt, haben in einigen EU Mitgliedstaaten bis zu 40 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberen und sicheren sanitären Einrichtungen. Sascha Gabizon vom WECF betont: „Nur ein Umdenken in Richtung dezentraler, umweltfreundlicher Abwasserbehandlung kann dazu führen, dass auch in den ärmsten Gegenden der EU sichere, für alle bezahlbare Abwassersysteme installiert werden“. Abwasser darf nicht länger als Abfall betrachtet werden, sondern vielmehr als Nährstoffressource und muss dementsprechend nachhaltig aufbereitet werden.“
Die Fachgruppe Wasser in ver.di führt seit mehr als 10 Jahren den Abwehrkampf gegen die Liberalisierung, die in Brüssel noch immer angestrebt wird. Aktuelles Beispiel ist der Wille der Kommission, Konzessionen in Zukunft ausschreibungspflichtig zu machen. Das ist ein Angriff bis auf die Wege- und Leitungsrechte und damit auf die kommunale Selbstverwaltung. Dies würde der öffentlichen kommunalen Wasserwirtschaft die Existenzgrundlage entziehen. „Diesem frechen Liberalisierungsversuch durch die Hintertür sagen wir unsere entschiedene Gegenwehr an. Nach der Dienstleistungsrichtlinie ist dies erneut der Versuch, soziale, ökologische und Beschäftigungsstandards nach unten zu schrauben“, so Mathias Ladstätter, Bundesfachgruppenleiter Wasserwirtschaft. Das wertvolle Gut Wasser darf nicht zum Experimentierfeld der Brüsseler Binnenmarktstrategen werden. Darin ist sich der ver.di – Wasserexperte mit den Verbänden der Wasserwirtschaft einig.
Die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft unterstützt die Maßnahmen im Rahmen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie zum Schutz und zur Verbesserung des Zustandes aquatischer Ökosysteme und des Grundwassers. Renaturierungen und ökologisch verträgliches Wasser¬management sind unverzichtbare Aufgaben der Industrieländer. Garant für eine nachhaltige Wasserversorgung und den schonenden Umgang mit den Ressourcen ist die öffentliche, ortsnahe und bürgernahe, Organisation. „Gerade vor dem Hintergrund der Neuordnung des Wasserrechts im Umweltgesetzbuch wird es darauf ankommen, diese Strukturen, die Deutschland den Spitzenplatz in Europa bei Sicherheit und Qualität gebracht haben, zu sichern“ erklärt der AöW-Geschäftsführer Dr. Hans Estermann. Wasser darf nicht zum ordinären Wirtschaftsgut werden.
Die GRÜNE LIGA fordert mehr Transparenz als Voraussetzung für die informative Teilhabe der Bürger. Insbesondere müssen die Verträge zwischen den Kommunen und privaten Investoren im Bereich der Wasserwirtschaft offen gelegt werden. „Da der Berliner Senat den mit 36.062 gültigen Stimmen erfolgreichen Antrag zur Durchführung des Volksbegehrens ‚Schluss mit den Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück’ abgelehnt hat, bleibt uns nur der Klageweg, um elementare Umweltinformationsrechte durch¬zusetzen,“ resümiert Michael Bender, Vertrauensperson der Volksinitiative.
Neue Anforderungen an die Abwasserentsorgung und Sanitärversorgung in Deutschland ergeben sich für den Leiter der GRÜNE LIGA Bundeskontaktstelle Wasser vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sowie des dauerhaft geänderten, ressourcenschonenden Wasserverbrauchsverhaltens der Bürger, aber auch aus sich verändernden klimatischen Randbedingungen und aus weitergehenden Anforderungen an die Abwasserbehandlung im Zuge der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie.
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