Berlin, den 1. Oktober 2009
Berliner Verfassungsgerichtshof entscheidet am 6. Oktober über die Zulassung eines Volksbegehrens zur Offenlegung von Verträgen im Bereich der Berliner Wasserwirtschaft
Am Dientag, dem 6. Oktober 2009, entscheidet der Berliner Verfassungsgerichtshof über die Zulassung des Volksbegehrens „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ . Vor 10 Jahren sind die Berliner Wasserbetriebe teilprivatisiert worden. Begleitet wurde die Teilprivatisierung von Verträgen zwischen dem Land Berlin und den Konzernen RWE Aqua und Veolia Wasser, über deren Inhalt „absolutes Stillschweigen“ vereinbart worden ist, „soweit nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften eine Verpflichtung zur Offenlegung besteht“ (§ 43 Abs. 1 Konsortialvertrag).
Die Teilprivatisierung war politisch umstritten und führte zu einer Verfassungsklage der PDS, damals in der Opposition, gegen das Teilprivatisierungsgesetz. Der Berliner Verfassungsgerichtshof erklärte einen Teil der im Gesetz festgeschriebenen Gewinnkalkulation für verfassungswidrig. Dass die Auflagen des Verfassungsgerichts mittels geheimvertraglich zugesicherter Gewinngarantien unterlaufen werden, befürchtet der Berliner Wassertisch, dessen Mitgliedern Auszüge des geheimen Konsortialvertrages vorliegen. Daher hat der Wassertisch gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Berlin, der Grünen Liga und anderen ein Volksbegehrensgesetz zur Offenlegung der Verträge initiiert, dessen Zulassung der Senat verhindern will.
Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat am 6. Oktober die Möglichkeit über eine systemrelevante Kernfrage zu entscheiden: Können Auflagen, die durch Gesetze oder durch höchstrichterlichem Rechtsprechung getroffen worden sind, durch Verträge klammheimlich unterlaufen werden? Steht das Vertragsrecht über dem Gesetz und der Rechtsprechung? Wer kontrolliert die Vertragspartner, ob sie sich an Recht und Gesetz halten? Oder erhalten Geheimverträge, die Rechts“experten“ aus Kanzleien aufsetzen, die Bedeutung von juristischen Freibriefen? Letztendlich geht es auch um die Frage, ob eine Gesellschaft, die sich als Informations- und Wissensgesellschaft verstanden wissen möchte, den Bürgern die Wahrnehmung ihrer demokratischen Informationsrechte erschwert und sie dadurch informativ entmündigt.
Der Berliner Senat hat in seinem Versuch, das Volksbegehren abzuschmettern, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse privater Investoren über die Interessen der Bevölkerung gestellt. Am 6. Oktober wird entschieden, ob der Verfassungsgerichtshof den Absolutheitsanspruch von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zementiert, oder die Bedeutung von Verträgen, welche zwischen der öffentlichen Hand und privaten Investoren abgeschlossen werden, relativiert und die Informationsrechte der Bürger stärkt. Es ist zu erwarten, dass die höchstrichterliche Entscheidung auch auf das gesamte Bundesgebiet ausstrahlt.
Die Entscheidung des Gerichts wird ab 10 Uhr im Plenarsaal (Raum 240) des Kammergerichts in der Elßholzstr. 30 – 33 (10781 Berlin-Schöneberg) verkündet. Pressevertretern sei die Begleitung von Bildfotografen empfohlen. Im Anschluss stehen die Initiatoren des Volksbegehrens für Hintergrundgespräche im Café Kleisther (Hauptstr. 5 / Nähe des Gerichts) zur Verfügung.
Berliner Wassertisch c/o Thomas Rudek, Ritterstr. 53, 10969 Berlin
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