Gesetz führt zu mehr Rechtsunsicherheit statt Verlässlichkeit
Gemeinsame Pressemitteilung der Umweltverbände BUND Berlin, GRÜNE LIGA Berlin und BLN
Berlin, 11. November 2024: Diesen Montag wurde im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen das sogenannte Schneller-Bauen-Gesetz abgestimmt. Die Koalition hat diesbezüglich einige Änderungsanträge zum Senatsentwurf eingebracht.
Die Naturschutzverbände BUND Berlin, GRÜNE LIGA Berlin und die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN) sehen beim Gesetz in der jetzigen Fassung keine Verbesserung. Ganz im Gegenteil: Regelungen zum Artenschutz beim Bauen sind noch einmal verwässert worden. Damit sind weitere langwierige Verzögerungen bei Planungs- und Bauvorhaben vorprogrammiert.
Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die Interessen von Investoren und der Baulobby durchgesetzt. Anscheinend ist die derzeitige Koalition damit überfordert, eine nachhaltige Stadtentwicklung zu gestalten und den Natur- und Artenschutz angemessen zu berücksichtigen.
Entgegen dem ursprünglichen Entwurf der Senatsverwaltung, dass bei vereinfachten Bauvorhaben (§ 63 Bauordnung für Berlin) und bei Baugenehmigungsverfahren (§ 64 Bauordnung für Berlin) Anforderungen des Artenschutzes überprüft werden müssen, wurde diese Regelung nun gestrichen. Das führt bei einer Reihe weiterer Vorhaben zu Verunsicherungen und wird eher dazu beitragen, dass der Artenschutz nach dem Bundesnaturschutzgesetz von den Verbänden juristisch eingefordert werden muss. Das jüngste Beispiel am Jahnsportpark zeigt, wie wichtig es ist, den Natur- und Artenschutz von Anfang mit zu berücksichtigen, um Verzögerungen zu vermeiden.
Besonders kritisch sehen die Verbände den neuen Absatz 4 im § 28 des Berliner Naturschutzgesetzes. Hier verlieren besonders geschützte Biotope bei überwiegend öffentlichen Interessen ihren Schutzstatus. Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist zentrales Ziel des Naturschutzes. Der Schutz von Biotopen mit den dazugehörigen Ökosystemen und Lebensräumen ist dabei von besonderer Bedeutung. Dass ausgerechnet der dazugehörige Paragraph im Berliner Naturschutzgesetz mit Ausnahmen relativiert werden soll, ist für uns nicht nachvollziehbar. Zudem bezweifeln wir die Rechtmäßigkeit der Änderung.
„Nur bei der Beteiligungsfrist der Naturschutzverbände bei beantragten Ausnahmegenehmigungen wurde wenigstens wieder eine Beteiligungsfrist von vier Wochen anstatt zwei Wochen aufgenommen. Das ist eine der sehr wenigen Ausnahmen, bei denen die Interessen der Naturschutzverbände beachtet worden sind„, sagt Manfred Schubert, Geschäftsführer der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN).
Dass bei so gravierenden Änderungen des Berliner Naturschutzgesetzes die Expertise und die Erfahrungen der Verbände so gut wie nicht berücksichtigt werden, ist ein fataler Fehler.
„Insgesamt ist das Gesetz eine Bankrotterklärung der Koalition und ein Beweis der Unfähigkeit, die Gesamtinteressen der Berliner*innen bei der Entwicklung einer lebenswerten und zukunftsfähigen Stadt zu berücksichtigen. Die vorgenommenen Änderungen werden nicht dazu führen, dass in Berlin der Wohnungsbau beschleunigt wird. Stattdessen führt das Gesetz zu rechtlichen Unsicherheiten und zu weiteren Verzögerungen bei Bauvorhaben. Sollten die Abgeordneten von CDU und SPD ihrer Verantwortung für eine nachhaltige Stadt noch gerecht werden wollen, empfehlen wir Ihnen dringend, das Gesetz bis zur Zweiten Lesung im Plenum erneut zu überarbeiten oder gänzlich zurückzunehmen“, so Dirk Schäuble, Referent für Stadtnatur beim BUND Berlin.
„Die derzeit regierende Koalition scheint die Arbeit über Verwaltungsgrenzen hinweg eingestellt zu haben. Während sich Umwelt-Staatssekretärin Britta Behrendt (CDU) bei der 16. UN-Biodiversitätskonferenz (CBD COP16) in Cali für den ‚Berlin Urban Nature Pact‘ hat feiern lassen, wird im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen der Artenschutz im Schneller-Bauen-Gesetz weiter verwässert. Der ‚Berlin Urban Nature Pact‘ verfolgt das Ziel eine globale Bewegung zu schaffen, die den Schutz der biologischen Vielfalt in Städten fest verankert und konkrete Maßnahmen zur Förderung urbaner Natur umsetzt. Und im grauen Berlin wird im Hinterzimmer die biologische Vielfalt dem Schneller-Bauen-Gesetz geopfert. Das kann man zweifelsfrei zynisch nennen“, erklärt Lena Assmann, Referentin für Stadtgrün der GRÜNE LIGA Berlin.
Kontakt:
Dirk Schäuble, Referent für Stadtnatur BUND Berlin, 030-78 79 00 39, schaeuble@bund-berlin.de
Lena Assmann, Referentin für Stadtgrün GRÜNE LIGA Berlin, 030-44 3391-0, lena.assmann@grueneliga-berlin.de
Manfred Schubert, Geschäftsführer der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz, 030-2655 0864, manfred.schubert@bln-berlin.de