Rezensionen

Aus DER RABE RALF Dezember 2022/Januar 2023, Seiten 23, 26, 27

Jeden Tag Krise?

Der Klimakalender 2023 ist ein guter Erklärer und spannender Begleiter durchs Jahr

Der neue Klimakalender aus dem Unrast-Verlag hat über 230 Seiten und ist viel mehr als ein Terminplaner. Der ganze vordere Teil beschäftigt sich mit Klimagerechtigkeit. Auf den hinteren Seiten geht es vor allem um Selfcare. Der Klimakalender wurde von einer Kalendergruppe verfasst.

Klimagerechtigkeit im Mittelpunkt

Auf den ersten 42 Seiten des Kalenders werden viele Aspekte der Klimagerechtigkeit aufgegriffen und erklärt. Denn die Klimaerhitzung ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Der Kalender behandelt auch Themen wie Neo-Extraktivismus oder Konsumkritik und stellt Klimagruppen wie die Pacific Climate Warriors vor. Es geht um Fragen wie: Wo wird die Klimakrise befeuert? Wer leidet am stärksten darunter? Wo müssen wir ansetzen, um die strukturellen Probleme zu lösen?

Wie wichtig die soziale Ebene ist, zeigt sich an einem Textausschnitt von Schülern einer 10. Klasse in Mogadischu, der Hauptstadt von Somalia. Der Lehrer fragt die Klasse: Was taten die sogenannten weißen Nationen zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert? Er bekommt zur Antwort: Die Kolonialmächte haben drei Viertel der Welt mit Gewalt unterdrückt.

Die dümmsten Argumente

Im Mittelteil geht es mit dem Kalendarium weiter. Jeweils eine Woche wird auf zwei Seiten angezeigt.

Auf den 34 Seiten am Ende werden weitere interessante Klima-Themen aufgegriffen. Bis ins Detail wird vieles über die Klimakrise erklärt und erläutert. In einer kleinen Auseinandersetzung zwischen zwei Verwandten bringt der Onkel die dümmsten Argumente, die man geben kann. Einigen wird das vielleicht bekannt vorkommen.

Ideen, um selbst etwas zu verändern

In diesem Teil geht es auch um Selfcare, also darum, wie man sich um die eigene körperliche und psychische Gesundheit kümmert. Dabei heißt es: Wir wollen kein Selfcare, um besser zu funktionieren, sondern für ein besseres Leben. Außerdem gibt es ein Kreuzworträtsel sowie viele kleinere Rätsel und Spiele über Umwelt und Klimakrise.

Das Kalenderteam hat die einzelnen Themen gut zusammengefasst und interessant dargestellt. Die Probleme werden nicht nur aufgelistet, es werden auch die Entstehung und die Hintergründe erklärt, Lösungswege vorgestellt oder Ideen, wie man selbst etwas verändern kann. Manche Texte sind zwar recht lang, aber sie sind spannend und gut geeignet, um sie mal zwischendurch zu lesen. Man kann viel Neues lernen – und bei einigen Rätseln kann man testen, ob man ein Thema auch wirklich verstanden hat.

Valerie Kunze, Chantal Krüger

Klimakalender-Gruppe:
Klimakalender 2023
Unrast Verlag, Münster 2022
232 Seiten, 12,80 Euro
ISBN 978-3-89771-670-4 


Eine andere Sicht auf die Evolution

Die belebte Natur verfügt über eine „biologische Intelligenz“, mit der Arten ihre Umwelt gestalten

„In jedem Fall müssen wir die Perspektive wechseln. Der Mensch steht nicht über allem, es gehört ihm nicht alles, die belebte Natur hat ihre eigenen Regeln und verfügt über eine Biologische Intelligenz, die wir mit unserer instrumentellen Vernunft längst nicht überblicken können. In einem nichtreligiösen Sinn sind wir Mitgeschöpfe, nicht Herrscher über das Leben. Und wir brauchen unseren ganzen Verstand, um die Grenzen des Wissens und unser Ausmaß an Verantwortung zu bestimmen.“ Dieses Fazit zieht Christoph Then gegen Ende seiner Ausführungen über die „Biologische Intelligenz“ und eine damit einhergehende veränderte Sichtweise auf die Evolution, den Artenschutz und die Gentechnik. Der Biotechnologie-Experte setzt sich in diesem Buch ausführlich mit den Möglichkeiten der radikalen Veränderung des Erbguts auseinander, die die Gentechnik mit ihren Instrumenten wie der Genschere Crispr/​Cas oder durch die künstliche Synthese von Genen heute besitzt.

Unser Verhältnis zur Natur neu definieren

Christoph Then, Leiter eines unabhängigen Instituts zur Abschätzung der Folgen von Gen- und Biotechnologie, bewertet die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Perspektive des Schutzes von Mensch, Umwelt und Natur. Er plädiert dafür, unser Verhältnis zur Natur neu zu definieren und weitreichende Schutzmaßnahmen für die Grundlagen des Lebens zu installieren. Und das alles fernab jeder wissenschaftsfeindlichen Sicht, sondern im Gegenteil bis ins letzte Detail wissenschaftlich begründet – was bedeutet, auch die Dinge, die wir heute (noch) nicht wissen, zu benennen und in unsere Zukunftskalkulation einzubeziehen.

Die an Fakten und Hintergründen reiche Argumentation des Autors liest sich nicht im Vorbeigehen. Sie ist zugleich eine umfassende Einführung in die aktuellen wissenschaftlichen Debatten zu Gentechnik, Evolutionstheorien und der Kommunikation zwischen Arten. Wenn beispielsweise Bakterien mit den Zellen des menschlichen Körpers in Wechselwirkung treten, liegt dieser Koexistenz ein „natürliches Koordinatensystem“ zugrunde, das der „gemeinsame Ursprung“ geschaffen hat, so beschreibt es Then.

Verstehen ohne Zeichen oder Symbole

Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Biologische Intelligenz, die Then hier erstmals im Zusammenhang mit Evolution, Artenschutz und Gentechnik eingehender diskutiert. Biologische Intelligenz „kennt keine Zwecke, Gründe und Ziele, sie ist Kompetenz ohne Verständnis“, erläutert Then. „Sie repräsentiert die Erfahrung, welche die jeweilige Art (und ihre Vorstufen) im Laufe der Evolution in Bezug auf erfolgreiche Problemlösungen gesammelt haben. Damit erlaubt die Biologische Intelligenz auch Reaktionen auf sich verändernde Umweltbedingungen und ist auch die Grundlage für die Gestaltung der Umwelt durch die jeweiligen Arten bis hin zu staatenbildenden Insekten. In ihren Interaktionen zeigt sich eine hochkomplexe Biologische Intelligenz ohne bewusste Entscheidungen, ohne instrumentelle Vernunft und ohne technisches Design. Die Interaktionen beruhen auf einem unmittelbaren gegenseitigen Verstehen, das ohne Symbole oder Zeichen auskommt“ – im Gegensatz zur kognitiven Intelligenz, die auf der Grundlage neuronaler Netzwerke funktioniert und die viele Tierarten wie Hunde, Raben oder auch Menschen auszeichnet.

Für einen „Naturvertrag“

Über die naturwissenschaftlichen Grundlagen hinaus setzt Then sich auch mit umweltethischen Aspekten auseinander. Analog zum „Gesellschaftsvertrag“, der Konflikte innerhalb der menschlichen Gesellschaft regelt, fordert der Autor einen „Naturvertrag“, der das Leben und seine Grundlagen effektiv schützen soll. Das würde auch gentechnischen Eingriffen in die Biologie des Lebens klare Grenzen setzen.

Kerstin Piribauer

Christoph Then:
Biologische Intelligenz
Über Evolution, Artenschutz und die Gentechnik
Oekom Verlag, München 2021
304 Seiten, 19 Euro
ISBN 978-3-96238-357-2


Landnahme in der Mitte Berlins

Wie ein Wirtschaftskrimi: Die kapitalgetriebene Verwertung der Grundstücke am Berliner Hauptbahnhof

Wer den Berliner Hauptbahnhof in nördliche Richtung verlässt, blickt auf die Glasfassaden von Hochhäusern. Schnell erkennt man, dass dort Menschen mit geringen Einkommen höchstens als prekär Beschäftigte zu finden sind. Obwohl in der Mitte Berlins auf einer Fläche von über 40 Hektar hochpreisige Büros und Wohnhäuser entstanden sind, gab es dort kaum Proteste der in Berlin doch ziemlich aktiven Recht-auf-Stadt-Bewegung. „Bemerkenswert an dieser mitten in der Stadt gelegenen Baustelle, deren Fläche doppelt so groß ist wie der Potsdamer Platz, scheint die dröhnende öffentliche Lautlosigkeit zu sein“, schreiben Alexis Hyman Wolff, Achim Lengerer und Yves Mettler in der Einleitung zur aktuellen Ausgabe der Berliner Hefte zur Geschichte und Gegenwart der Stadt.

Wirtschaftsliberaler Hype

Unter dem Titel „Am Rande von EuropaCity“ beschäftigt sich die Publikation mit der Landnahme des Kapitals in der Mitte Berlins. Gleich in der Einleitung wird auf den politischen Hintergrund verwiesen, der das möglich machte: die in den 1990er Jahren in Europa verbreitete wirtschaftsliberale Privatisierungslogik. „In deutschen Städten wurden mit der Privatisierung der Deutschen Bahn viele defunktionalisierte Industrie- und Bahnflächen der Verwertung zugeführt. Die größtenteils privatwirtschaftlich bestimmte Stadtentwicklung verschärft die soziale Krise dieser innerstädtischen Bereiche“, schreiben Wolff, Lengerer und Mettler.

Im folgenden Aufsatz geht Yves Mettler besonders auf den wirtschaftsliberalen Hype im Berlin jener Jahre ein. „2006 verwandelte sich Berlin von einer historischen Hauptstadt, von einem Geheimtipp in eine globale Hauptstadt: einen Knotenpunkt der globalen Ökonomie, Kultur und Politik und damit auch der globalen Investoren“, schreibt er.

Im Dezember 2007 erwarb die CA Immo die lukrativen Grundstücke in der Nähe des Hauptbahnhofs im Bieterverfahren. Bis 2011 wurde das Immobilienunternehmen in Deutschland noch unter dem Namen Vivico geführt. Seine erklärte Aufgabe bestand Mettler zufolge darin, „die Flächen in ausgearbeitete Entwicklungsprojekte zu verpacken, um höhere Gewinne zu erzielen“. So kamen Projekte wie der „Boulevard Heidestraße“ zustande.

Weiter gegen Mensch und Natur

Wie ein Wirtschaftskrimi liest sich der Bericht über die kapitalgerechte Vermarktung des Areals. Bezahlbare Wohnungen sind dort kaum zu finden. „Die Europacity befindet sich heute in den Händen einer kleinen Gruppe von internationalen Immobiliengesellschaften“, so Mettlers bitteres Fazit.

Die Texte sind trotzdem notwendig, weil die Landnahme des Kapitals gegen Mensch und Natur in Berlin weitergeht. So soll am Gleisdreieck ein Viertel entstehen, das der Europacity ähnelt (Rabe Ralf April 2021, S. 15). Dort gibt es noch Proteste von AnwohnerInnen. Vielleicht kann die Streitschrift dazu beitragen, dass sie erfolgreich sind.

Peter Nowak

Alexis Hyman Wolff, Achim Lengerer, Yves Mettler:
Am Rande von EuropaCity
Berliner Hefte zur Geschichte und Gegenwart der Stadt 9
Berlin 2022
136 Seiten, 7 Euro
ISBN 978-3-946674-08-5


Schwarz ist die Hoffnung

Louise Michels Texte und Reden sind düster, erhaben und zukunftsgläubig

„Die Träumer sind die Poeten und die Poeten sind die Propheten“, schrieb die Sozialrebellin Louise Michel (Porträt auf Seite 21) einmal. Diese Idee ist nicht neu. Den Glauben daran, dass Poesie mehr ist als gereimter Gefühlsausdruck, gibt es schon lange. Mit der von Eva Geber herausgegebenen Textsammlung kann man Michel als wortgewaltige Untergangsprophetin kennenlernen.

Atlantis, steige auf

Wer sich unvorbereitet auf Michels Texte einlässt, wird vielleicht vor der darin zum Ausdruck kommenden Weltsicht erschrecken. Die Autorin macht keine halben Sachen: Bei ihr gibt es nur Licht und Dunkelheit, höllische Gegenwart und paradiesische Zukunft, Kapitalismus und freiheitlichen Sozialismus. Die kommende Welt der Harmonie und des Friedens, deren Erscheinen durch Generalstreik und Revolution erzwungen werden soll, vergleicht Michel wiederholt mit dem aus den Fluten wieder aufsteigenden Atlantis.

Während sich ihre poetische Begabung eher in Grenzen hält, sind Michels Prosatexte von einer düsteren Wucht, die manchmal an Arthur Rimbaud denken lässt, jenen avantgardistischen Dichter, der ebenfalls mit der Pariser Commune sympathisierte. Hervorzuheben sind auch die im letzten Teil des Buches abgedruckten Übertragungen der „Legenden der Ureinwohner Neukaledoniens“. Diese Mythen sind von großer Tiefe und funkelnder Schönheit.

Irritierender Titel

Wie man es von Bahoe Books kennt, ist der Band ästhetisch anspruchsvoll gestaltet. Allerdings führt der Titel ein wenig in die Irre, enthält doch die Sammlung nicht nur „Texte und Reden“ von Michel, sondern auch Arbeiten über sie. Gerade diese, von Michels Gegnern geschriebenen Texte – zu denen die Gerichtsberichte und der Auszug aus den Memoiren des Polizeipräfekten Andrieux gehören – sind jedoch besonders interessant. Ärgerlicher sind die Kürzungen, die bei der Übersetzung von Michels „Prise de possession“ („Aneignung“) vorgenommen wurden. So endet ein Textteil unvermittelt nach dem Satz: „Eine Begebenheit im ungarischen Bauernkrieg von 1513 erinnert mit ihrer Grausamkeit an den Tod von Doï-Van.“ Der Leser erfährt nicht, um welche Begebenheit es sich handelt.

Alles in allem bietet die Sammlung eine wunderbare Möglichkeit, um sich ein stimmiges Bild von Louise Michel zu machen. Man stürme also erst die Buchläden und dann die Paläste.

Johann Thun

Louise Michel: Texte und Reden
Herausgegeben und übersetzt von Eva Geber
Bahoe Books, Wien 2019
176 Seiten, 14 Euro
ISBN 978-3-903022-86-7


Grüne Lieder – kritisch gewürzt

Dota Kehr und Band über Fluten, Funken und Liebe

Auf vielen Alben von Dota Kehr findet man Lieder, in denen sie ökologischen Ambitionen ihre Stimme leiht. So singt sie vom Fluch des Schlaraffenlandes, davon, wie wir im Gespinst des Nimmersatt uns verfangen haben. Und natürlich sind immer die anderen schuld, singt sie in einem weiteren Lied. Lebensphilosophie wie Konsumkritik finden sich zum Beispiel im Titel „Nah“, wo es heißt: „Bring keine Schätze, mach keinen Gewinn, bring kein Zeug mit, das du sparst! Nein, bring kein Geld! Bloß komm aus der Welt zurück, genauso wie du warst.“

In „Vergiftet“ geht es um die fragwürdigen Zutaten, die wir essen, Abfälle die verkippt und verklappt werden, die falschen Farben und Lügen. In skurriler Montage zeichnet die 1979 geborene Berlinerin ein beklemmendes Bild unseres morbiden Industrialismus. An anderer Stelle heißt es, wir lebten so, als gäbe es kein Morgen, unsere Zukunft sei verkauft. Mit Zinsen würden wir uns aus ihr etwas borgen. In dem Album „Bis auf den Grund“ spitzt sie zu: „Überall nur erschlossenes Land bis zum Horizont.“ Mitunter muss man genau hinhören, wie auch in anderen Liedern „ökologischer Feinschliff“ auftaucht.

Mit stillem Spott

2020 fügten Dota Kehr und Band Gedichte der jüdischen Berliner Dichterin Mascha Kaléko in musikalisches Gewand, unterstützt von Konstantin Wecker, Hannes Wader, Uta Köbernick, Max Prosa und weiteren, etliches gesungen im Duett. Acht Wochen hielt sich die CD in den Offiziellen Deutschen Album-Charts. In der Bonusversion mit zwei CDs sind sogar 20 Titel zu hören.

Während der Pandemiezeit entstand ein neues Studioalbum: „Wir rufen dich, Galaktika“. Der Titel geht zurück auf die Puppenspielserie „Hallo Spencer“, die bis 2011 im NDR zu sehen war. Dort rufen die Spencerdorfbewohner die lila Fee vom fernen Stern Andromeda an, wenn sie ein Problem nicht lösen können. In Dotas Lied wird dieser säkulare Engel angerufen, um das drohende Klimadestaster abzuwenden. Moderner Komfort ohne Reue scheint nicht im Angebot. Mit stillem Spott singt sie, wie am Ende selbst der Bundestag fraktionsübergreifend nach Galaktika ruft. Hilflos wie alle, wissen die Abgeordneten nicht, wie die grüne Revolution gehen soll, viele kleben am Ewiggestrigen, wo kluger Verzicht keine Option ist. Auch in anderen Liedern verbindet die Künstlerin das scheinbar Leichte mit Intelligenz, Witz, Selbstironie und politischen Widerhaken. Mitunter geht einem der stille oder subversive Code mancher Zeile erst bei mehrfachem Nachhören auf.

Auf den Punkt

Jan Rohrbach und Dota Kehr bringen ihre Gitarren ins Spiel, Janis Görlich Schlagzeugsound und elektronische Samples. Am Bass ist als neues Bandmitglied Alex Binder herauszuhören. Analog-Synthesizer und Keyboards sind Patrick Reisings nuancenreicher Part. Dota Kehr als Liedermacherin auszuweisen ist unstrittig, eng eingewoben sind jedoch popmusikalische Elemente, aber auch Einflüsse völlig anderer Stilrichtungen. Sanfte Liebeslieder wie „Besser als nichts“ wechseln sich ab mit härter instrumentierten Tonlagen, wenn sie sich verfolgt sieht von Algorithmen, die ihr unterschieben, was ihr zu gefallen hat. Feministische Partikel haften der „Bademeisterin“ an. Man darf Zweifel haben, ob sich die Photosynthese so leicht erlernen lässt.

Liedermacherin Dota Kehr bei einer Fridays-for-Future-Demonstration 2019. (Foto: Stefan Müller/​Wikimedia Commons)

Wirklich exzellent, musikalisch wie textlich, ist ihr Song „Keine Zeit“ für die Fridays-for-Future-Generation. Alles passt auf den Punkt. Wir Mäuse graben uns ein, bis der Mähdrescher uns überrollt, eine Staubwüste hinterlässt. Das Lied ist geradezu eine Kampfansage an die Faulen und Ignoranten, an diejenigen, die immer noch für tagespolitisches Kleingeld und Profit die ökologische Epoche hinauszögern wollen.

Meeresstrand mitten durch Berlin

Surreal wirkt „Die Flut“, die zunächst die Häuser und Zimmer erklimmt, Hochwasser eben. Doch die Ich-Person lebt unter Wasser weiter, begegnet Raubfischen und sieht, wie Seesterne Straßen und Plätze besiedeln. Zwei Grad mehr global bedeutet etliche Generationen später Meeresstrand mitten durch Berlin.

Unter die Haut geht das Lied „Funken schlagen“. Wie etliche Texte bewegt sich dieser poetisch auf unterschiedlichen Ebenen, lebt von Andeutungen, unterschwelligen Assoziationen. Man denkt an Lebensphilosophie, Beziehung und Lagerfeuer, ahnt aber: „Wir sehen zu, wie alles verbrennt, wir sehen es zusammen“ intendiert eine ganz andere Aussage, zumal mit der gelungenen musikalischen Untermalung.

Dies ist bereits das 16. Album seit 2003, die Doppel-CD enthält 23 Lieder. Der Titel „Keine Zeit“ ist auf der zweiten CD, der auf der Einzel-CD nicht dabei ist. Man bekommt diese Bonusversion beim Osnabrücker Musikversand jpc.de oder auf der Band-Website kleingeldprinzessin.de, auf der auch weitere Extras und Konzerttermine zu finden sind.

Marko Ferst

Dota: Wir rufen dich, Galaktika
Kleingeldprinzessin, 2021
2 CDs, 18 Euro

www.kleingeldprinzessin.de 

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