Aus DER RABE RALF August/September 2024, Seite 19
Wie eine sambische Organisation Permakultur, Bildung und ein besseres Leben verbindet
Wie viele Länder im globalen Süden steht Sambia vor einer ganzen Reihe von Herausforderungen, die seine soziale und wirtschaftliche Entwicklung behindern. Das Land im südlichen Afrika gehört zu den ärmsten der Welt und die Wirtschaft ist stark von äußeren Einflüssen abhängig. Mit dem sogenannten Kupfergürtel im Nordwesten des Landes ist Sambia zwar einer der größten Kupferproduzenten, dadurch aber auch sehr anfällig für Preisschwankungen auf dem Weltmarkt.
Eine weitere wichtige Ressource ist die Natur: Die Victoriafälle und die Nationalparks sind Touristenattraktionen und ein wichtiger ökonomischer Faktor, aber unter anderem durch den Kupferabbau bedroht.
Die größte Gefahr für Sambias Entwicklung dürfte jedoch der Klimawandel sein. Dürre und Starkregen nehmen an Häufigkeit und Stärke zu und bedrohen nicht nur die Natur, sondern auch die Wirtschaft des Landes, die öffentliche Gesundheit und das soziale Wohlergehen der Gemeinden. Sambia versucht, seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren und langfristig nachhaltige Praktiken einzuführen, speziell in der Landwirtschaft, einem weiteren wichtigen Wirtschaftssektor.
Scope Zambia geht in die Gemeinden
Um gleichzeitig die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern und nachhaltige Lebensstile zu fördern, arbeiten Nichtregierungsorganisationen an Lösungen, die den CO₂-Ausstoß reduzieren und die Artenvielfalt erhöhen – zum Beispiel durch Permakultur. Permakultur ist eine Anbaumethode, die sich auf die Schaffung vielfältiger und widerstandsfähiger Ökosysteme konzentriert (Rabe Ralf April 2019, S. 18). Damit soll dem Klimawandel eine robuste und auf Permanenz angelegte Landbewirtschaftung entgegengesetzt werden.
Zu den Organisationen, die daran arbeiten, gehört Scope Zambia. Sie fördert die Permakultur-Ausbildung in Schulen, Hochschulen und Gemeinden. Der Name SCOPE steht für Schulen, Colleges und Permakultur. Der Bildungsansatz zielt darauf, dass die Lernenden von heute die Lehrenden von morgen sind. So gibt es zum Beispiel Workshops für Gemeinden, bei denen gemeinsam ein Permakulturgarten angelegt wird und die Menschen das nötige Wissen an die Hand bekommen, das sie auf dem eigenen Hof anwenden können.
Eigenes, angepasstes Saatgut
Zu den Lerninhalten gehört unter anderem die Bokashi-Methode, um natürlichen Dünger zu gewinnen, aber auch Gewässerschutz oder biologischer Gartenbau stehen auf dem Plan. Scope Zambia arbeitet mit 60 Schulen in sechs der zehn Provinzen Sambias zusammen und bringt Kindern von der 1. Klasse bis zur Oberschule bei, Permakulturgärten anzulegen. Bildungseinrichtungen und Gemeinden werden dabei unterstützt, lokale Samenbanken anzulegen und sie mit einheimischen und angepassten Sorten unabhängig von großen Agrarkonzernen zu machen. Letztendlich geht es darum, ein nachhaltiges Ernährungssystem für ganz Sambia zu schaffen.
Die Arbeit einer Organisation wie Scope Zambia ist aus mehreren Gründen wichtig. Zum einen kann Permakultur viele Umweltprobleme lösen, mit denen unser Planet heute konfrontiert ist. Indem sie nachhaltige landwirtschaftliche Methoden einführt und fördert, reduziert sie den Ausstoß von Treibhausgasen, erhöht die Bodenfruchtbarkeit und die Artenvielfalt. Landwirte, die zum Beispiel das Herstellen von Bokashi beherrschen, verwenden das Substrat, um den Boden und damit ihre Produkte zu verbessern. Zum anderen hilft die Arbeit von Scope, Probleme der Ernährungssicherheit zu lösen, indem die Produktionssysteme widerstandsfähiger gegenüber Klima- und Wirtschaftskrisen werden.
Weniger abhängig von gekauften Waren
Scope Zambia sorgt für Vernetzung durch Workshops, Partnerschaften und Kooperationen zwischen Schulen, Hochschulen, Gemeinde- und anderen Interessengruppen. Zu Veranstaltungen werden immer Menschen aus ganz unterschiedlichen Gemeinden und Institutionen eingeladen, um sich über ihre Erfolge und Probleme auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu finden. Scope organisiert dazu auch immer wieder Permakultur-Wettbewerbe und Messen und kooperiert mit Partnerorganisation, um Saatgut-Tauschbörsen zu veranstalten. Dort treffen sich Schülerinnen, Landwirte, Studentinnen oder Interessenvertreter zum Wissensaustausch.
Über die Angebote in den Schulen und Hochschulen werden indirekt auch die Familien erreicht: Die nächste Generation klärt die Älteren über die Bedeutung von nachhaltiger Landwirtschaft und Umweltschutz auf.
Ein wichtiges Ziel ist auch die Eigenständigkeit der Menschen und die Unabhängigkeit von kommerziellen Läden und ihren teuren Waren. Scope hilft beim Erschließen alternativer Möglichkeiten, um ein eigenes Einkommen zu erzielen: Manche Schulen und Kleinbäuer*innen verkaufen ihre Produkte, um damit etwas Geld zu verdienen, andere Schulen bauen zum Beispiel ein eigenes System für das Schulessen auf. Das verringert die Armut und verbessert den Lebensunterhalt der Menschen im Sinne der Ernährungssouveränität.
Joyce Soko
Die Autorin engagiert sich bei Scope Zambia und ist zurzeit Weltwärts-Freiwillige bei der Grünen Liga Berlin. Sie lebt und studiert in der sambischen Hauptstadt Lusaka.
Weitere Informationen: www.scopezambia.org.zm