Woraus setzt sich der ökologische Fußabdruck zusammen? Was bedeutet dies konkret für Berlin? Teil 2 des Infomaterials der GRÜNEN LIGA Berlin geht auf diese Fragen ein.
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Der ökologische Fußabdruck (ÖF) ist ein Maß für die Inanspruchnahme der Natur.
Je größer und schwerer eine Person ist, um so größer sind in der Regel auch ihre Füße.
Je mehr Nahrung, Rohstoffe, Materialien, Güter und Energie wir verbrauchen, um so mehr nutzen und beanspruchen wir unsere natürliche Umwelt, aus der wir dies alles beschaffen und in die wir die Abfälle wieder entsorgen. Unser Material- und Energieverbrauch wird also in die dafür beanspruchte, biologisch aktive Land- und Wasserfläche umgerechnet und gibt damit ein anschauliches Bild des Naturverbrauches einer Person oder Region.
Der ökologische Fußabdruck setzt sich aus folgenden Flächen zusammen:
- Energiefläche zum Ausgleich für die Verwendung fossiler Energie,
- Siedlungsfläche z. B. für die Häuser, Verkehrs- und Produktionsflächen,
- Ackerland für die Erzeugung von pflanzlichen Nahrungs- und Futtermitteln, aber z. B. auch Textilfasern oder Schmierstoffen,
- Weideland für unser Vieh und alle Produkte, die von ihm stammen,
- Wald für Bauholz und Papierrohstoff sowie
- Meeresfläche, aus der wir uns mit Meeresprodukten versorgen.
Die erste dieser „Flächenkategorien“, die Energiefläche, soll das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung der fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas entsteht, dauerhaft aufnehmen und binden. Durch die Existenz dieser Fläche könnte also der Anstieg des Kohlendioxidgehaltes der Atmosphäre vermieden und der „Treibhauseffekt“ verhindert werden. An der Entwicklung der Kohlendioxid-Konzentration in der Luft stellen wir fest, dass genau diese Fläche eine fiktive Fläche ist, die zur Zeit nicht zur Verfügung steht und somit das bisher folgenschwerste Umweltproblem droht. Auf der anderen Achse der „Konsum-Landflächen-Matrix“ sind vier „Konsumkategorien“ aufgeführt, deren zugehörige Produkte auf den entsprechenden Landflächen produziert werden:
- Nahrungsmittel: Tierische auf der Weide, pflanzliche auf dem Acker oder für den Fischfang auf dem Meer.
- Wohnen: alles, was zu unseren Häusern und zum Hausbau gehört, auch der Wasserhahn und die Heizenergie.
- Verkehr und Transport: Also die Autos, die Busse, Bahnen, Flugzeuge mitsamt dem Treibstoff und natürlich auch die Straßenfläche, Landebahnen usw.
- Güter, die wir nutzen, vom Kochlöffel über den Bleistift und den Hammer bis zum Computer oder Tablet.
In einigen Berechnungen zum ökologischen Fußabdruck wird eine weitere Fläche für Dienstleistungen aufgeführt, deren Flächenbedarf hier aber hauptsächlich in der Kategorie Güter enthalten ist.
Mit Hilfe der Schuhgröße können wir feststellen, ob Schuhe uns zu groß oder zu klein sind. Mit dem ökologischen Fußabdruck können wir ermitteln, wieviel Fläche jeder Einzelne oder eine Region für den jeweiligen Lebensunterhalt benötigt und ob die vorhandene Fläche dafür ausreicht.
Ebenso wie es Menschen mit großen und kleinen Füßen gibt, können wir auch Personen, Regionen oder Länder mit unterschiedlich hohem Naturverbrauch unterscheiden – und damit unterschiedlich großem ökologischen Fußabdruck. Deutschland liegt hier beim Vergleich mit anderen Industrieländern mit 5,32 Hektar pro Person im Mittelfeld. Die Berlinerinnen und Berliner beanspruchen im Durchschnitt 4,41 Hektar.
Schuhe sollten passen und auch unsere ökologischen Fußabdrücke müssen in der Landschaft Platz haben. Werden unsere ökologischen Schuhgrößen zu groß und wächst auch noch die Zahl der Menschen mit „Quadratlatschen“, wird es eng.
Sechs Milliarden Menschen bevölkern die Erde und die hat eine für uns nutzbare Fläche von 7,3 Milliarden Hektar. Damit bleiben für jeden Menschen 1,22 Hektar Land zuzüglich 0,5 Hektar Meer.
Der ökologische Fußabdruck der Menschheit ist bereits mindestens ein Drittel größer als die nutzbare Fläche der Erde (1,8 ha/P), das heißt, wir leben über unsere Verhältnisse.
Im Durchschnitt hat jede Berlinerin und jeder Berliner einen ökologischen Fußabdruck von 4,41 Hektar. Mit so großen Füßen hätten nur 1,7 Milliarden Menschen Platz auf der Erde. Andersherum bräuchten wir mindestens drei Erden, wenn alle Menschen unseren Rohstoffkonsum und Naturverbrauch beanspruchen würden. Der Ressourcenbedarf der Menschen innerhalb der einzelnen Gesellschaften, insbesondere aber zwischen den Völkern ist sehr unterschiedlich. So verfügen die 25 reichsten Länder der Erde mit nur ca. 1/5 der Weltbevölkerung über 80% der Weltrohstoffe. Andererseits können viele Menschen in den armen Ländern nur einen Bruchteil der zwei Hektar „Fußabdruckfläche“ nutzen, die bei gerechter Verteilung für sie zur Verfügung stünden. Über den Aspekt der Nutzung und der Verteilung von Ressourcen sind ökologische und soziale Fragen sowie – letztendlich auch die des Weltfriedens – eng miteinander verknüpft.
Land (Stand 1993) |
ökologischer Fußabdruck (in ha/Einwohner) |
vorhandene Nutzfläche (in ha/Einwohner) |
ökologisches Defizit (wenn negativ) (in ha/Einwohner) |
China | 1,2 | 0,8 | -0,4 |
Deutschland | 5,3 | 1,9 | -3,4 |
Äthiopien | 0,8 | 0,5 | -0,3 |
Österreich | 4,1 | 3,1 | -1,0 |
Schweden | 5,9 | 7,0 | 1,1 |
Schweiz | 5,0 | 1,8 | -3,2 |
USA | 10,3 | 6,7 | -3,6 |
Welt | 2,8 | 2,1 | -0,7 |
Auf großem Fuß – und nun?
Entweder müssen wir oder andere Menschen und Völker kleinere Schuhe anziehen, oder wir treten – bildhaft gesprochen – uns gegenseitig auf die Füße und trampeln auch die Natur kaputt. Auf Dauer können wir nur so viel Platz in Anspruch nehmen, wie auch vorhanden ist. Die Nutzung der vorhandenen Flächen muß auf eine so schonende Weise geschehen, dass sie auch dauerhaft nutzbar bleibt. Weiterhin sollte unser Wohlstand und Naturverbrauch einigermaßen gleichmäßig untereinander verteilt sein. Genau das bedeutet Nachhaltigkeit. Nur so können wir auf der Erde dauerhaft von und mit der Natur und untereinander in Frieden leben.
Gut leben auf kleinem Fuß!?
Unter Umständen haben wir uns zu große Schuhe zugelegt. Ein kleineres Paar würde vielleicht sogar besser passen. Der Material- und Naturverbrauch lässt sich z. B. durch intelligente Produktion und Nutzung vielfach verringern, ohne dass wir dadurch Lebensqualität einbüßen. Effektiver werden heißt die Devise. Das bringt uns sogar Vorteile und der Umwelt eine Entlastung.
Beispiele: Ballast abwerfen!
Im letzten Teil der Präsentation zeigt „Öfi“,der persönliche Fußabdruck einer Person aus Berlin, wie er durch eine Reihe von Übungen seines „Öko-Fitness-Programmes“ seine „Figur“ verbessern und erheblich (an Fläche) abnehmen kann.
Anmerkungen zum ökologischen Fußabdruck
Der ökologische Fußabdruck ist ein bildliches Mittel, um komplexe Zusammenhänge anschaulich zu machen und dabei sogar geeignet, einen persönlichen Bezug zu den Themen herzustellen. Andererseits hat er (auch) methodisch seine Grenzen:
- Er ermöglicht zwar die Abbildung der Mengen unserer Material- und Energieströme als Naturverbrauch, die qualitativen Aspekte bleiben dabei allerdings weitgehend außer Acht. So können z. B. Schädigung der Fruchtbarkeit oder Erosion von Böden durch die Art ihrer Nutzung nicht erfasst werden, die ökologischen Folgen des Artenrückganges, die Risiken radioaktiver Stoffe oder der Gentechnik sind mit diesem Instrument ebenso wenig darstellbar wie viele soziale und wirtschaftliche Aspekte, die mit dem Ressourcenzugriff und -verbrauch verbunden sind.
- Das Rechenverfahren kommt ohne Abschätzungen und Annahmen nicht aus, so dass gewisse Unschärfen in Kauf genommen werden müssen und können, solange sie die Proportionen der dargestellten Verhältnisse nicht verzerren.
- Auch wenn begrenzt die Ungleichgewichte der Länder in Ost und West, Nord und Süd mit dem ökologischen Fußabdruck aufgezeigt werden können, so ist er doch hauptsächlich ein Indikator für die „ökologische Nachhaltigkeit“ (wie viele weitere). Hunger, Kinderarbeit, Bildung, abgeholzte Wälder, Schuldenberge, leergefischte Meere, Epidemien, Handelsbeschränkungen, Wassermangel, Klimafolgeschäden sind mit dem ökologischen Fußabdruck nicht (oder sehr beschränkt) darstellbar, stehen aber in engem Zusammenhang mit Verteilung und Gebrauch von Naturgütern und Rohstoffen. Insbesondere aber durch den Mangel an Darstellungsmöglichkeiten und direkt erlebbarem Bezug sind die wirtschaftlichen, sozialen und entwicklungsbezogenen Aspekte der Nachhaltigkeit in der politischen Diskussion sehr schwach vertreten und unterbewertet.
Im Auftrag der Enquetekommission „Zukunftsfähiges Berlin / Agenda 21“ des Abgeordnetenhauses Berlin (14. Wahlperiode) wurde der ökologische Fußabdruck für Berlin ermittelt (Bezugsjahr 1998) und die Berechnungen im August 2001 veröffentlicht.
Es folgt ein Ausschnitt aus Kapitel 4 der Veröffentlichung: Der ökologische Fußabdruck für eine Berlinerin oder einen Berliner beträgt nach der berechneten Annäherung 4,41 Hektar. Das heißt, zur Befriedigung der Konsumbedürfnisse einer in Berlin lebenden Person und Kompensation deren Umwelteinwirkungen ist im Durchschnitt eine Fläche von 4,41 Hektar erforderlich.
Für alle Berlinerinnen und Berliner zusammen würde eine Fläche von 15.040.759 Mio. ha benötigt, die ca. dem 168-fachen der Stadtfläche von Berlin entspricht. Sie würde eine Kreisfläche mit einem Radius von 219 km einnehmen und (im Uhrzeigersinn) etwa bis an folgende Städte reichen: Bergen (Rügen), Poznan, Zittau, Zwickau,Weimar, Goslar, Celle, Lüneburg und Wismar. Diese Fläche (als reine Landfläche in unsereren Breiten) kann noch um die Meeresfläche und um die in unserem Land höhere Produktivität korrigiert werden.
Es wächst die Erkenntnis, dass sich die Menschheit durch eine Entwicklung auf Kosten der Artenvielfalt, der ökologischen Lebensräume, der Stroffkreisläufe und – nicht zuletzt – der gerechten Verteilung unter den Menschen selbst, sich ihre eigene Lebensgrundlage entzieht. In jüngster Zeit verstärken sich daher die Bemühungen um ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen, Nutzen und Erhalten – also um eine nachhaltige Entwicklung.
„…Beim Blick auf die Zahlenmatrix wird auch deutlich, dass weit über die Hälfte der ermittelten Fläche zur Kompensation unseres Verbrauchs an fossiler Energie, hauptsächlich in den Bereichen Wohnen, Verkehr und Güter, benötigt wird. Hier ist deutlich Handlungsbedarf erkennbar.“
„…Beim Blick auf die Zahlenmatrix wird auch deutlich, dass weit über die Hälfte der ermittelten Fläche zur Kompensation unseres Verbrauchs an fossiler Energie, hauptsächlich in den Bereichen Wohnen, Verkehr und Güter, benötigt wird. Hier ist deutlich Handlungsbedarf erkennbar.“