Wer darf 2024 am Brandenburger Tor feiern?
Das UMWELTFESTIVAL am Brandenburger Tor muss 2024 dem „Fan Festival UEFA EURO 2024“ weichen. Im 29. Veranstaltungsjahr wird das UMWELTFESTIVAL in den April vorverlegt und findet nicht traditionsgemäß rund um den Tag der Umwelt (5. Juni) statt, sondern am 28. April 2024.
Besonders ärgerlich ist das, weil das Fan-Festival erst am 14. Juni zum Auftaktspiel der Fußball-Europameisterschaft eröffnet wird, zwei Wochen nach dem eigentlich vorgesehenen Termin für das UMWELTFESTIVAL (2. Juni). Der Grund für die Verlegung des UMWELTFESTIVALS sind sechs Wochen andauernde Absperrmaßnahmen zum Aufbau der Fanmeile am Brandenburger Tor sowie auf der Straße des 17. Juni. Laut der landeseigenen Website Berlin.de wird die „Mutter der Fanmeilen“ aufgebaut: Das Brandenburger Tor soll in das „größte Fußballtor der Welt“ und die Straße des 17. Juni in einen „Pop-up-Park“ mit 20.000 Quadratmetern Kunstrasen verwandelt werden. Und warum? Weil die UEFA laut Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin, ein sogenanntes „Spectacular“ fordert.
Den Umwelt- und Naturschutzverband GRÜNE LIGA Berlin e.V. trifft das Spectacular und die damit verbundene sechswöchige Absperrmaßnahme doppelt schwer. Aufgrund der Verschiebung ist der gemeinnützige Verband mit Mehrkosten für die Sicherheitsmaßnahmen konfrontiert, weil langjährig bestehende Partnerschaften zur Teilung der Kosten diesmal nicht geschlossen werden können und weil mit einem erhöhten Kommunikationsaufwand gerechnet werden muss, um Stammgäst*innen und Ausstellende über die Vorverlegung hinreichend zu informieren. Bewährte Partnerschaften wie die mit der Fahrradsternfahrt des ADFC Berlin, die seit 1995 traditionell auf dem UMWELTFESTIVAL endet, stehen auf der Kippe.
Grundsätzlich sind Veranstaltende am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni mit hohen Sicherheitsanforderungen (Umzäunung des Veranstaltungsgeländes, Aufstellen von Überfahrsperren) und damit einhergehenden enormen Kosten konfrontiert. Eine Unterstützung bei der Bewältigung dieses finanziellen Aufwands hat die Stadt Berlin bisher nicht vorgesehen. Ganz im Gegenteil wurden Ideen wie eine dauerhafte Umzäunung des Tiergartens aus Wildtierschutzgründen abgewehrt und zurückgewiesen. Für nichtkommerzielle Veranstaltungen wie das UMWELTFESTIVAL, die ohne Eintritt und Zugangsbarrieren stattfinden, steigt der finanzielle Druck daher Jahr für Jahr. Dabei sendet das UMWELTFESTIVAL eine klare Botschaft für ein zukunftsfähiges Berlin und bietet durch den niedrigschwelligen Zugang eine Plattform für zivilgesellschaftliche Organisation und ehrenamtliche Initiativen, die ihre Arbeit für Nachhaltigkeit, Klima-, Umwelt- und Naturschutz – also für die Zukunft – präsentieren. Bildungsarbeit sollte keinen finanziellen Zwängen unterworfen sein.
Laut aktuellen Kalkulationen kostet Berlin die Fußball-Europameisterschaft rund 82 Millionen Euro und das Fußball-Fanfestival nimmt einen großen Teil davon ein. „Angesichts solcher Summen für einen Kunstrasen sind wir entrüstet, dass das UMWELTFESTIVAL, eine unkommerzielle, klimafreundliche und zukunftsorientierte Veranstaltung, keinerlei Unterstützung der Stadt Berlin erhält. Wir sind seit fast 30 Jahren ein Vorzeigeprojekt und locken rund 60.000 Menschen mit Umweltbildungsangeboten ins Herzen Berlins“, kommentiert die Geschäftsführerin der GRÜNEN LIGA Berlin, Claudia Kapfer.
Grundsätzlich wird das UMWELTFESTIVAL, genauso wie die GRÜNE LIGA Berlin als Veranstalterin, in Berlin wertgeschätzt. So ist das UMWELTFESTIVAL seit Jahren als nachhaltige Kultur- und Umweltbildungsveranstaltung ein Vorbild für andere Veranstaltende. Auf den Erfahrungen aufbauend wurde die GRÜNE LIGA Berlin als Expertin in den Nachhaltigkeitsbeirat der EURO 2024 berufen und hat im Rahmen des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms einen Leitfaden für klimafreundliche Veranstaltungen in Berlin entwickelt.
Dies alles passt nicht zusammen. Das Nachhaltigkeitsleitbild der EURO 2024 spielt eine große Rolle. Die Europameisterschaft soll ökologisch und sozial verträglich sein. Die eigens für die EURO 2024 gegründete Stiftung Fußball und Kultur fördert Projekte, die die soziokulturellen Werte unseres Landes aufgreifen. Aber ein bestehendes Umweltbildungsprojekt, das eine Plattform für Nichtregierungsorganisationen, Umweltakteur*innen und nachhaltige Unternehmen ist, wird durch einen zweifelhaften Aufbauzeitraum vom angestammten Termin verdrängt.
Mit diesem offenen Brief wendet sich die GRÜNE LIGA Berlin gleichzeitig an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, an Innensenatorin Iris Spranger und Umweltsenatorin Manja Schreiner und bittet um Unterstützung für Deutschlands größte ökologische Erlebnismeile. Aufgrund von fehlenden Partnerschaften zur Finanzierung von Veranstaltungsinfrastruktur steckt das UMWELTFESTIVAL in großen finanziellen Schwierigkeiten, und durch die Verschiebung kommt es zu einem erhöhten Planungs- und Kommunikationsaufwand.
Wir bitten daher um eine angemessene Beteiligung der Stadt Berlin, um einen Schaden vom UMWELTFESTIVAL am Brandenburger Tor abzuwenden. Die GRÜNE LIGA Berlin wünscht sich darüber hinaus die Entwicklung einer langfristigen Partnerschaft als Teil der Berliner Umsetzungsallianz im Rahmen der Landesnachhaltigkeitsstrategie, damit Berlins größte Umweltbildungsveranstaltung auch in Zukunft die Zukunft auf die Straße des 17. Juni bringen kann.
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