Rettet den Blümchensex!

Aus DER RABE RALF Juni/Juli 2024, Seite 10

Artenvielfalt auf dem Feld ist wichtig – die Natur bleibt bunt und die Eine Welt wird satt

Gepflanzte Ananaskronen, so weit das Auge reicht. (Foto: Nico Smit/​Unsplash)

Großkonzerne und Monokulturen sind Teufelskreise, aus denen man nur schwer wieder rauskommt, wenn man damit erst mal angefangen hat. Monokulturen ernähren zwar laut aktuellen Studien deutlich mehr Menschen als andere Anbauformen, doch sie kosten uns alle langfristig mehr, als die (eine) Welt es sich leisten kann.

Alle wollen pinke Ananas

Ist man nur am Profit interessiert, dann verdient es sich besonders gut, wenn man einer der wenigen ist, die etwas Bestimmtes anzubieten haben. Mit kreativen Züchtungen und Experimenten aus dem Labor sowie einer guten Marketingstrategie lässt sich richtig viel Kohle machen.

Wie wäre es zum Beispiel mit einer patentgeschützten, auf Pink gezüchteten Ananas für 39 US-Dollar das Stück? Schön verpackt in einer Geschenkbox, mit dem Wissen, dass sie auch Kim Kardashian schmeckt und natürlich schön macht? Anders als die stinknormale Ananas wurde sie bereits ihrer schönen Blätterkrone beraubt. Der Produzent behält die geköpften Büschelchen lieber für sich, schließlich soll niemand sonst aus den Ananaskronen durch vegetative Vermehrung eine pinke Ananas selber anbauen können. Das übernimmt lieber der Konzern und in spätestens 48 Monaten gibt es eine neue Frucht zum Verkaufen.

Damit die teuren pinken Ananasse perfekt wachsen, bekommen sie – wie auch die normalen Sorten – den kompletten Chemiebaukasten verabreicht. Gerne auch im Komplettpaket durch den netten Großkonzern von nebenan. Solche Pakete – patentierte Pflanze plus Chemie – gibts für süße Früchtchen wie Ananas und Banane genauso wie für Grundnahrungsmittel von Mais bis Reis. Die kleinen und größeren Tiere, die in der Nähe und teilweise auf den Feldern und Plantagen leben oder dort nach Nahrung suchen, gehen im besten Fall leer aus oder werden im schlimmsten Fall gleich vergiftet.

Mit der Bestäubung durch Insekten ist es dann zwar auch Essig, aber wenn der Preis stimmt, geht das schon mal per Hand. Ein Mensch, der mit mangelhafter Schutzkleidung übers Feld geht, lässt sich für paar Cent Hungerlohn schon finden, wurden ihm doch vorher die Lebensgrundlagen genommen – teilweise ähnlich „kreativ“, wie im Labor und im Marketingbüro gebastelt wurde.

Für Ananas-, Zuckerrohr-, Soja- und andere Plantagen wird obendrein immer wieder wertvoller Regenwald abgeholzt. Mal ganz abgesehen davon, was das fürs Klima bedeutet, sind die Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt und die Menschen, die darin und davon leben, verheerend.

No sex sells – für eine Weile

Gleichzeitig bedeuten Monokulturen, gentechnisch verändertes Supersaatgut, Stecklings-Vermehrung und ähnliche industrielle Methoden einen massiven Verlust an Artenvielfalt auch auf dem Feld. Dort sprießt im „Idealfall“ nur eine Pflanzenart – manchmal sogar nur eine Pflanze, die dank Stecklingen ein ganzes Feld füllt.

Ananas mit Blattschopf (Krone). (Foto: Julien Pianetti/Unsplash)

Für eine Weile läuft das auch ganz gut, zum Beispiel ohne „Blümchensex“ und dafür mit der vegetativen Vermehrung, zumindest bei einigen Pflanzen wie der Ananas oder auch der Agave (Rabe Ralf Dezember 2022, S. 10). Das ist praktisch und vor allem gewinnbringend. Schließlich wären die Ananaskronen sonst nur Abfall, und die Agavenkindel – so heißen die Ableger der Agave – sprießen auch von alleine. Das kostet den Produzenten erstmal nichts. Umso besser ist das für ihn, wenn er die tollste Pflanze aller Zeiten gezüchtet hat, mit besonders viel Ertrag oder einer speziellen Eigenschaft, denn die Nachkommen sind Klone – sie sind genetisch identisch mit der Elternpflanze, besitzen also dieselben Vorzüge.

Langfristig ist das aber keine Lösung, im Gegenteil. Nicht umsonst haben praktisch alle und jeder in der Natur Sex, um sich fortzupflanzen. Klone, und dann Klone der Klone, und immer so weiter – das bedeutet dagegen Verlust an Vielfalt im Erbgut. Mutationen haben dann leichteres Spiel und wertvolle Anpassungen gehen verloren. Das macht Pflanzen anfälliger für Krankheiten, Schädlinge und den Klimawandel. Nicht die am besten angepassten Pflanzen, sondern die patentierten Klone setzen sich durch. Abgesehen davon, dass Kleinbäuer*innen sich diese in der Regel gar nicht leisten können, denn natürlich benötigen auch die Klone genauso viel Unterstützung durch den Chemiebaukasten.

Je kleiner die Höfe, je bunter das Leben

Eigentlich kann man Kleinbäuer*innen, die sich keine patentierten Sorten leisten können oder den Ausstieg aus dem Teufelskreis geschafft haben, nur beglückwünschen. Sie bereichern mit ihren kleinen Höfen nicht nur ihre lokale Gemeinde, bei ihnen tobt auch das Leben. Ihre Felder und Gärten zeichnen sich meist durch höhere Artenvielfalt aus, sowohl bei den Nutzpflanzen als auch bei den wild wachsenden Pflanzen. Und die Bestäuber kommen von selbst.

Artenvielfalt auf dem Feld oder im Waldgarten bringt viele Vorteile. Beispielsweise können sich Pflanzen so gegenseitig schützen: Duftstoffe der einen halten Interessenten von den anderen fern, Pflanzen spenden sich Schatten, brauchen weniger Wasser, schaffen ein besseres Mikroklima und fördern die Bodengesundheit. Die Bäuer*innen können auf teure Dünger und Gifte verzichten – und es kann immer was geerntet werden, um es zu verkaufen oder zu essen.

Träumt mit und werdet kreativ!

Also: Mit etwas mehr Farbtupfern und Träumen wird das mit der Einen Welt vielleicht noch was. Wie können wir die Natur schützen und Kleinbäuer*innen rund um die Welt stärken? Macht mit beim Kreativwettbewerb „Leela und Co. retten die Eine Welt“!

Was ist eure Idee oder was tut ihr bereits, um die eine Welt zu retten? Wir haben nur diese eine Welt, und in der wollen wir alle gut leben können. Diese eine Welt muss uns alle satt machen können. Wie kann eine gerechte Welt für alle aussehen? Wie können wir alle satt werden, ohne die Natur zu zerstören und die Menschen in Afrika, Südamerika und Asien mit Füßen zu treten?

Die besten Beiträge gewinnen tolle Preispakete mit Gutscheinen und Sachpreisen, dank der großartigen Unterstützung von Werkhaus, Avocadostore, Gerstenberg Verlag, Gebana und anderen.

Anke Küttner

Kontakt und weitere Informationen: linse.grueneliga-berlin.de

Das Projekt „Eine Welt vor der Linse“ wird durch Engagement Global mit Mitteln des Bundesentwicklungsministeriums gefördert.

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