Denkmalschutz ist Umweltschutz

Aus DER RABE RALF August/September 2023, Seite 5

Denkmal-, Arten- und Klimaschutz können bei alten Gebäuden ineinandergreifen

Denkmalgeschützte Erlöserkirche in Berlin-Rummelsburg, erbaut 1892. (Foto: Natalie Colour Photography/Pixabay)

Denkmalschutz verbinden viele Menschen mit alten Gebäuden, deren Aussehen erhalten bleiben muss und selten verändert werden darf. Auf diesem Weg bleiben Kulturgüter und geschichtsträchtige Gemäuer bestehen, oft für weitere Hunderte Jahre. Doch nicht nur wir Menschen sind an Baudenkmalen interessiert. Mit ihren Nischen, unbewohnten Dachböden und Zwischenräumen an Backsteinen sind Kirchen, Fabrikgebäude und Zitadellen auch für Eulen, Fledermäuse und Insekten interessant – als Wohnorte. Hinzu kommen nun die Herausforderungen der Klimakrise. Aber die unterschiedlichen Belange von Denkmal-, Arten- und Klimaschutz lassen sich miteinander vereinen oder zumindest kombinieren.

Auch Tiere lieben alte Bauten

Denkmalschutz und Artenschutz passen auf den ersten Blick nicht immer gut zusammen. Groß ist die Sorge, dass historische Gebäude durch nistende Tiere verunreinigt werden. Doch meist leben Turmfalke, Mausohr oder Haussperling an eben diesen Gebäuden. Ist eine Sanierung oder Renovierung eines Gebäudes in Planung, muss der Artenschutz berücksichtigt werden, und im Nachgang zu den Maßnahmen sind neue Niststätten für die entsprechenden Arten bereitzustellen. Das ist im Bundesnaturschutzgesetz geregelt. Gegen eine Verunreinigung der Gemäuer hilft oft das Anbringen von Kotbrettern. So können Arten- und Denkmalschutz berücksichtigt werden.

Auch im Denkmalschutz hat sich in den letzten Jahren einiges verändert, wenn es um Klimaschutz geht. Heute gibt es immer mehr Baudenkmale, die mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Enge vorherige Absprachen mit dem zuständigen Denkmalamt sind dabei ein Muss. Das Ergebnis kann beispielsweise sein, dass Photovoltaikanlagen auf dem Dach zur nachhaltigen Energieversorgung beitragen können. Dazu hat auch der technische Fortschritt beigetragen. Solardachziegel sind heutzutage in verschiedenen Farben erhältlich und unterscheiden sich optisch mitunter kaum von herkömmlichen Dachziegeln.

Sanieren statt neu bauen

Durch das Sanieren alter Gebäude lassen sich gegenüber Neubauten große Mengen an Ressourcen einsparen, was zum Klimaschutz beiträgt. Im Vergleich zu einem Neubau kann die Sanierung eines bestehenden Gebäudes rund zwei Drittel an Baumaterialien einsparen (Rabe Ralf Dezember 2022, S. 12). Ein weiterer positiver Effekt ist die häufige Verwendung regionaler und natürlicher Baustoffe wie Lehm, Holz und Ziegelsteine. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde der Großteil der Gebäude mit Rohstoffen aus der Umgebung erbaut. Das wird auch bei der denkmalgerechten Sanierung bedacht, wodurch der CO₂-Fußabdruck hier nochmals deutlich kleiner ausfällt als bei Neubauten. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann die vermehrte Nutzung des besonders klimabelastenden Baustoffs Beton.

Ein Neubau wird oft als kostengünstigere Variante empfunden. Werden aber die negativen Auswirkungen auf die Umwelt mitberücksichtigt, sieht das Ergebnis anders aus. Allein der Verlust von Freiflächen durch immer neue Baugebiete hat einen erheblichen negativen Effekt. Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe werden in Deutschland zehn Prozent aller CO₂-Emissionen durch das Bauen und Entsorgen von Gebäuden und Baumaterialien verursacht. Die Hälfte dieser Emissionen entstehe beim Bau.

Problematische Baumaterialien

Heute werden bei Neubauprojekten oft Verbundwerkstoffe eingesetzt. Diese sind aus unterschiedlichen Materialien zusammengesetzt und bilden so einen neuen Werkstoff. Das hat den Nachteil, dass sie bei Beschädigung nicht einfach repariert werden können, sondern komplett ausgetauscht werden müssen. Die Verbundstoffe sind bei der Entsorgung nicht mehr in ihre Bestandteile zu trennen und damit selten recycelbar oder wiederverwendbar.

Mit den Baumaterialien kann bei einer Sanierung auch wertvolles Trinkwasser eingespart werden. Die für Neubauten erforderlichen großen Mengen an Baumaterial haben bei ihrer Herstellung einen immensen Wasserverbrauch durch chemische Bindung und Verdunstung. Gerade die trockenen Sommer der letzten Jahre haben gezeigt, dass wir bewusster mit unserem Wasser umgehen müssen.

Und sogar Bausand ist mancherorts schon ein knappes Gut. In den letzten Jahren warnten Umweltverbände und sogar die Vereinten Nationen, dass Sand – einer der wichtigsten Rohstoffe in der Bauindustrie – rar geworden ist, weil sich nicht jeder Sand zum Bauen eignet.

Baudenkmal wird zum Nullenergiehaus

Lange Zeit schien die Nutzung erneuerbarer Energien an denkmalgeschützten Gebäuden unmöglich zu sein, heute ist das zum Glück nicht mehr so. In sorgfältiger Abstimmung mit den Denkmalschutzämtern finden diese Technologien nach und nach Einzug bei der Sanierung von Baudenkmalen, auch in Berlin. So soll zum Beispiel auf dem Naturhof Malchow am nordöstlichen Stadtrand ein ehemaliges Wohnhaus, das Gebert-Haus, denkmalgerecht saniert und gleichzeitig in ein Nullenergiehaus umgewandelt werden.

Das Nullenergiehaus ist eine Weiterentwicklung des Passivhauses, das prinzipiell ohne Energiezufuhr von außen auskommt. Dabei bleibt allerdings die Energie unberücksichtigt, die zum Bau des Hauses benötigt wird. Im Idealfall braucht ein fertiges Nullenergiehaus keinerlei Fremdenergie – nicht für Heizung oder Kühlung und auch nicht für Warmwasser- oder Stromverbrauch. Erzeugt das Gebäude sogar mehr Energie, als es selbst verbraucht, spricht man von einem Plusenergiehaus.

Erst nachdenken, dann bauen

Mittlerweile gibt es diverse Beispiele, bei denen erneuerbare Energien in bestehende Denkmäler bei der Sanierung integriert werden. Meist sind es Photovoltaikanlagen oder auch Wärmepumpen, die in das Gebäude integriert werden, ohne die Optik zu stören.

Nicht zu vergessen ist aber auch die herausragende Bedeutung vieler denkmalgeschützter Gebäude als Lebensraum für verschiedene, oft geschützte Tierarten und damit für die Artenvielfalt. Es lohnt sich also, die Belange des Klima-, Denkmal- und Artenschutzes von vornherein zusammen zu betrachten und nach bereichsübergreifenden Lösungen zu suchen.

Julia Bensch

Weitere Informationen: www.denkmalschutz.de/nachhaltigkeit

Beitrag aus: „UmweltBewusst“, www.umweltbuero-lichtenberg.de

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