Aus DER RABE RALF Juni/Juli 2019, S. 23
Erfahrungen eines Selbstbauers
Wer auf seinem Grundstück alte Apfelbäume oder viele Obstbäume hat, wird meistens mehr ernten, als er unmittelbar verbraucht. Und wer die Ernte nicht verkaufen kann oder verschenken möchte, hat dann das Problem, sie zu verwerten oder zu lagern. Die Lösung könnte ein frostsicherer Erdkeller sein, der durch das umgebende Erdreich temperiert wird. Eine wichtige Rolle hierbei spielt, dass die Wände und der Boden so hergestellt werden, dass sie Feuchte transportieren, die im Keller verdunsten kann. Ferner sind eine Zu- und eine Abluft nötig, um Luftfeuchte und Temperatur zu regulieren.
Bisher waren meine Obstlager entweder frostempfindlich und nicht beheizbar oder wurden zu warm. Auch die Verarbeitung des Obstes zu Saft war keine Lösung, denn die Lageranforderungen sind ähnlich. Ein Erdkeller musste her! Was die Standortfrage betrifft, waren die Nähe zum Wohnhaus und zur Obstwiese sowie die Möglichkeit der Drainage des Kellers wichtig. Letztere legte ich ringförmig um die Kellergrundmauer und ließ sie etwa 30 Meter hangabwärts münden.
Recycelte Baumaterialien
Die Baumaterialien sollten überwiegend aus recycelten oder Restbeständen stammen, alle anderen Varianten schienen mir überteuert. So kamen zum Beispiel Feld- und Kieselsteine, alte verzinkte Wasserrohre, Reste von Kalziumsilikat-Platten und altes Holz zum Einsatz. Lediglich Baustahl für die Herstellung von Ringankern, Betonhohlsteine sowie einige Tonnen Zementmörtel und etwa 20 Quadratmeter Bitumenschweißbahn für das Dach mussten neu gekauft werden. Wichtige Planungskriterien waren außerdem das Transportmittel (Anhänger mit erheblicher Nutzlast) und möglichst kurze Fahrwege. Da sich auf dem Gelände eine wertvolle Gehölzsammlung befindet, musste außerdem Bodenverdichtung vermieden werden. Der Einsatz von Baumaschinen war also nur begrenzt möglich.
Die Arbeiten begannen bei leichtem Frost mit dem Ausheben der Baugrube – insgesamt etwa 30 Kubikmeter. Weitere Schritte waren die Anlage des Fundaments, das Setzen des Ringankers und die Verlegung der Drainagerohre. Das Mauern der Wände zog sich ziemlich in die Länge. Ich rate daher, mit möglichst großen Ziegeln zu arbeiten, eher mit Vollziegeln und möglichst einheitlichen Formaten.
Selbst gemauerte Gewölbedecke
Der Keller sollte eine gemauerte Gewölbedecke bekommen. Die Verwendung von vorgefertigten Deckengewölben schied aus, da kein Kran einsetzbar war und dies meinem Grundkonzept, kostengünstig zu arbeiten, widersprach. Die Fertigung einer Decke zum Beispiel aus Holzbalken schien mir nicht dauerhaft und vertrauenswürdig genug. Die aus meiner Sicht besten Steine für ein Gewölbe sind hartgebrannte Klinker mit Schlitzen. Sie wurden auf einer eigens angefertigten Schalung vermauert. Diese maß etwa 80 Zentimeter in der Tiefe und erlaubte es etwa drei Steine versetzt hintereinander zu vermauern. Um die Gesamtlänge des fünf Meter langen und zwei Meter breiten Kellers mit Gewölbedecke zu versehen, musste die Schalung sieben Mal versetzt werden. Die Schalung blieb vier Wochen stehen.
Damit der Schub, den das Gewölbe ausübt, nicht allein durch den Ringanker abzufangen ist, wurden im Abstand von etwa einem Meter Rohre quer durch den Kellerraum in den Ringanker zu beiden Seiten eingemauert. Mit einer lichten Höhe von fast 1,90 Metern zwischen Rohr und Boden ist der Keller ohne größere Vorsicht begehbar. An den Rohren kann man im Übrigen Dinge aufhängen, zum Beispiel Regalbretter. Die Wölbung über den Rohren misst rund 40 Zentimeter. Als Türsturz und im Eingangsbereich ließen sich alte Granitstelen verwenden.
Feuchte kommt aus Wand und Boden
Für Zu- und Abluft – bei einem Erdkeller unverzichtbar – gibt es ein Zuluftrohr in Bodennähe und eine vergitterte Öffnung in der Tür auf der Nordseite, die Abluft nimmt ihren Weg aus zwei Öffnungen unter der Decke an der Südseite. Für die Obstlagerung sind hohe relative Luftfeuchten günstig, etwa 90 bis 95 Prozent für Äpfel. Verdunstung entzieht Wärme, die über die Lüftung entweicht. Feuchtenachschub kommt aus Wänden und Boden. Als Fußboden habe ich deshalb extrem eng und mörtelfrei gepackte Ziegel in einem groben Kiesbett gewählt. Die optimale Lagertemperatur für Äpfel sollte null bis fünf Grad Celsius betragen. Wenn die Tür gut isoliert wird, sollte es kein Problem geben, den Keller über Erdwärme stets frostfrei zu halten.
Für die Beleuchtung gibt es eine Solaranlage. Sowohl ein 12-Volt-Gleichstromkreislauf für LED-Strahler als auch 220-Volt-Steckdosen werden hiermit betrieben. Der Keller hat 10 Quadratmeter Grundfläche, eine maximale Deckenhöhe von 2,34 Metern, die Seitenhöhe beträgt 1,93 Meter. Fünf LED-Strahler von je 20 Watt Leistung lassen es fast taghell darin werden.
Das Ergebnis lohnt die Mühen
Das ausgehobene Erdreich muss nun wieder aufgebracht werden – bis die Deckschicht etwa einen Meter misst. Um einer Verfestigung des Aushubs vorzubeugen, wäre darauf zu achten, wie lange der Aushub lagert und ob eventuell Maschinen einsetzbar sind. Wegen der starken Deckschicht wurde darauf verzichtet, den Keller nach oben zu isolieren. Die Frage der Isolierung kann man durchaus auch anders bewerten. Je geringer der Erdauftrag ist, desto mehr stellt sich die Frage danach. Der Erdhügel über dem Keller soll noch mit Erdbeeren und anderen Bodendeckern bepflanzt werden. Außerdem wird der künftige Kellerhügel teilweise von Bäumen beschattet, dies mindert die Bodenerwärmung im Sommer zusätzlich.
Der Aufwand für dieses Kellerprojekt wurde von mir sehr unterschätzt. Das Ergebnis lohnt allerdings die Mühen. Hinzu kommen die vielen Erfolgserlebnisse, dass etwas, so wie ersonnen, auch funktioniert. Die Realisierung war möglich mit Durchhaltevermögen, viel körperlicher Betätigung und fachlichem Rat. Unter Einhaltung gewisser bauphysikalischer Prinzipien gibt es sicher auch andere, professionellere, schnellere, wahrscheinlich aber kostenintensivere Wege, zu einem Erdkeller zu kommen.
Hildebrand Ross
Literatur: Claudia Lorenz-Ladener, „Naturkeller“, Ökobuch Verlag, Staufen 2011
Der Autor ist Mitglied bei ecovillage e.V. Der bundesweit tätige Verein mit Sitz in Osnabrück ist unter anderem aus einer Initiative im Grüne-Liga-Netzwerk hervorgegangen und hat den Raben Ralf kürzlich als seine Mitgliederzeitschrift ausgewählt.