Umweltfestival und mehr

Aus DER RABE RALF Februar/März 2024, Seiten 8-10, 25

Nachhaltiges und kostenloses Familienfest

Das 29. UMWELTFESTIVAL findet am 28. April am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni statt

Die GRÜNE LIGA Berlin lädt zum 29. Mal zum UMWELTFESTIVAL ein. Anders als in den Jahren zuvor wird 2024 die Frühjahrssonne genutzt, um am 28. April den Besucherinnen und Besuchern Umwelt-, Natur- und Klimaschutz zum Anfassen und Mitmachen zu bieten. Zwischen 11 und 19 Uhr wird die Straße des 17. Juni in eine ökologische und kulinarische Erlebnismeile verwandelt. Rund 200 Ausstellungsstände präsentieren Ideen, Produkte und Dienstleistungen, die sich dem Umwelt-, Natur- und Tierschutz, nachhaltiger Mobilität, der Energie- und Wasserwende, dem ökologischen Landbau, der Kreislaufwirtschaft und vielem mehr widmen.

Das kostenlose und nachhaltige Familienfest bietet eine Vielzahl an Mitmachaktionen, Beratungsmöglichkeiten, innovativem und köstlichem Bio-Streetfood und schönen Dingen aus umweltfreundlicher Herstellung. Wie jedes Jahr können Kinder (und alle, die Lust haben) auf dem Acker des Bio-Erlebnis-Bauernhofs der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau (FÖL) nach Kartoffeln graben, im Getreide baden oder auf der Strohhüpfburg toben.

Auf der Bühne am Brandenburger Tor wechseln sich politische und diskursive Talkrunden mit Preisverleihungen und kulturellen Beiträgen ab, und die „Lass uns reden Lounge“ bietet einen Ort für Austausch, Begegnung und Inspiration. Unter anderem präsentiert die Senioren-Theatergruppe RostSchwung ihr Stück „Umweltgeflüster“, das Straßen-Theaterduo Dayoub & Naga animiert auf humorvolle Weise zum Mitmachen und interaktive, moderierte Fragerunden laden Anwesende und verschiedene Akteur*innen zu einer offenen Diskussion ein.

„Wald – Einer für Alle“

Auf der Bühne und im „Wald-Cluster“ dreht sich vieles um das diesjährige Thema Wald. Wälder haben eine Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion. Neben ihrer Bedeutung für die Holzwirtschaft sind Wälder wichtig für den Boden- und Wasserhaushalt, tragen maßgeblich zum Temperaturausgleich bei, sorgen für Immissionsschutz und sind Heimat für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten. Nicht zuletzt sind sie ein Ort der Erholung und wirken sich positiv auf die körperliche und psychische Gesundheit aus.

Wälder sollen also eine Vielzahl von Aufgaben erfüllen. Den deutschen Wäldern geht es aber nicht gut – laut dem aktuellen Waldzustandsbericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind vier von fünf Bäumen krank. Die Dürren und Stürme der letzten Jahre in Kombination mit extremer Sommerhitze haben zu einer massenhaften Vermehrung des Borkenkäfers und anderer Schaderreger geführt und Windbruch begünstigt. Durch die Artenarmut und fehlende Durchmischung ist die Widerstandsfähigkeit der meisten Wälder ohnehin nicht sehr groß. Darüber hinaus steigt die Waldbrandgefahr, nicht nur regional, auch bundesweit und global. Ob in Brandenburg, Südeuropa, Sibirien, Australien, dem Amazonasgebiet oder Nordamerika, die Wälder der Welt brennen immer häufiger. Neben der Vernichtung von Bäumen und Ökosystemen werden große Mengen an Kohlendioxid (CO₂) freigesetzt, die die Klimakrise beschleunigen.

Die Erwartungen an den Wald sind hoch und die Interessenslagen breit. Beim Umweltfestival soll versucht werden, möglichst vielen Stimmen Raum zu geben, um eine breite Öffentlichkeit für die Wälder zu interessieren, Hoffnung für die Zukunft zu stiften und sinnvolles Engagement für den Wald zu fördern. 

Großer Preis des Umweltfestivals

Auch in diesem Jahr wird unter allen Ausstellenden wieder der Große Preis des Umweltfestivals vergeben. Eine Jury prämiert besonders alltagstaugliche und innovative Ideen, Projekte oder Dienstleistungen, die konkret in die Tat umgesetzt werden können. Im vergangenen Jahr waren das die Landesstelle für gewerbliche Berufsförderung in Entwicklungsländern an der Peter-Lenné-Schule mit einem Bausatz für trockene Trenntoiletten, das Bündnis Temporäre Spielstraßen sowie der Verein Nationale Naturlandschaften mit seinem Projekt „Naturschutz im Urlaub“.

Am letzten April-Sonntag wird die Straße des 17. Juni wieder zur ökologischen und kulinarischen Erlebnismeile. (Foto: GRÜNE LIGA Berlin e.V.)

Mit gutem Beispiel

Das Umweltfestival selbst geht mit gutem Beispiel voran. Schon immer wird dort ein Mehrwegsystem mit „Spülmobil“ für gastronomische Stände angeboten. Kurzlebige Einwegartikel wie einzeln verpackte Bonbons oder Einweggeschirr sind generell verboten, wodurch das Umweltfestival nahezu abfallfrei ist. Kostenloses Trinkwasser, Komposttoiletten, Streetfood aus ökologischem Anbau – das sind nur drei Beispiele für die nachhaltige Gestaltung des Festivals. Der zentrale und gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbare Standort soll alle, die das Umweltfestival besuchen oder dort einen Stand haben, zur klimafreundlichen Anreise animieren. Fahrräder können auf bewachten Fahrradparkplätzen kostenlos geparkt werden. Die Grüne Liga Berlin unterstützt Ausstellende auch bei der Bildung von Mitfahrgelegenheiten und kooperiert mit Lastenradverleihen.

In diesem Jahr wird erstmalig ein freiwilliger Klimabeitrag erbeten. Er soll Ausstellende, die mit dem Pkw anreisen, für den eigenen ökologischen Fußabdruck sensibilisieren, der bei der An- und Abreise entsteht. Der Klimabeitrag wird für ein Projekt der Umweltgruppe Cottbus zum Erhalt einer Waldfläche gesammelt, die durch den Braunkohletagebau gefährdet ist (siehe Beitrag ganz unten).

Auf dem Laufenden bleiben

Auf der Webseite und auf den Social-Media-Kanälen des Umweltfestivals (Instagram, Facebook, Linkedin) wird regelmäßig über Neuigkeiten berichtet. Hier können sich Interessierte informieren, wenn sie als Ausstellerin, Helfer oder Besucherin dabei sein wollen. Der Anmeldeschluss für Ausstellende ist der 15. März.

Susanne Dittmar

Weitere Informationen und Anmeldung: www.umweltfestival.de

Das UMWELTFESTIVAL 2024 wird vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt gefördert. Die „Lass uns reden Lounge“ wird gefördert durch die Stiftung Naturschutz Berlin. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Beitrags liegt bei den Autor*innen.


Gelbe Frühlingsboten

Mit „Summ sala blüh“ nicht nur dem Zitronenfalter helfen

Zitronenfalter. (Foto: Puusterke/​Wikimedia Commons)

Viele sehnen sich im tristen Berliner Winter bereits nach dem Frühling. Wenn die Tage wärmer werden, ist einer der ersten Frühlingsboten, die sich zeigen, der Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni). Fast alle kennen und mögen den gelben Schmetterling, denn er ist hübsch anzusehen und recht häufig. Viele andere Vertreter der Berliner Wirbellosen-Fauna haben es deutlich schwerer – sie sind unscheinbar oder rufen sogar Angst und Ekel hervor, oder sie sind einfach zu selten. Die Bereitschaft, sie zu schützen, ist deshalb deutlich geringer als bei bunten Schmetterlingen oder pelzigen Hummeln. Mit dem von der Senatsumweltverwaltung geförderten Projekt „Summ sala blüh – wer labt sich am duftenden Veilchen?“ möchten wir das ändern und laden die Berliner*innen ein, genauer hinzuschauen, mit uns die Stadtnatur vor der eigenen Haustür kennenzulernen und selbst etwas zu ihrem Schutz beizutragen. 

Gewöhnlich und doch komplex

Denn selbst „Allerweltsarten“ wie der Zitronenfalter halten die ein oder andere Überraschung bereit. So ist dieser Schmetterling einer der wenigen, die den Winter in unseren Breiten als ausgewachsene Tiere überdauern, und der einzige, der dies ohne Schutz frei in der Vegetation tut, indem er sich an Zweigen festhält oder am Boden im Laub versteckt. Mit etwas Glück können wir also sogar im Winter einen Zitronenfalter entdecken, der an milden Tagen sogar ausfliegt. Dass er auch minus 20 Grad problemlos übersteht, liegt an körpereigenen Frostschutzmitteln wie Glycerin und Sorbit.

Ab März sind die Zitronenfalter wieder öfter zu sehen, wenn sie aus der Winterstarre erwachen, sich auf Nahrungssuche machen und sich fortpflanzen. Das charakteristische leuchtende Gelb tragen übrigens nur die Männchen, die weiblichen Zitronenfalter sind grünlich-weiß gefärbt und ähneln den ebenfalls bekannten Kohlweißlingen. 

Informieren und selbst aktiv werden

An seinen Lebensraum stellt der Zitronenfalter, anders als viele Spezialisten, wenig Ansprüche und ist wohl auch deshalb (noch) nicht bedroht. Die erwachsenen Falter ernähren sich vom Nektar vieler verschiedener Pflanzen, darunter Disteln und Löwenzahn. Seine Raupen sind hingegen kleine Feinschmecker und fressen nur an Faulbaum und Kreuzdorn. Die Eier werden auch nur an diesen beiden Gehölzen abgelegt, die in Wäldern und Gebüschen vorkommen und von deren Blättern die Raupen sich bis zur Verpuppung ernähren. Hier zeigt sich, wie wichtig die biologische Vielfalt und die Vernetzung von Lebensräumen in der Stadt sind, denn auch viele andere Insektenarten können ohne bestimmte Pflanzen oder Biotope nicht überleben.

Solche Zusammenhänge und praktische Handlungsmöglichkeiten werden im Rahmen von „Summ sala blüh“ bei Führungen, mit gezielten Informationen und Beratung zu Begrünungsmöglichkeiten sowie einem Domino-Spiel aufgezeigt. Beim Zitronenfalter ist das recht einfach: Schon ein einzelner Faulbaum-Strauch im Garten oder im Kübel auf dem Balkon reicht als Kinderstube aus. Von bunten Wildblumen profitieren auch unzählige andere Arten – und das menschliche Auge erfreut sich ebenso daran.

Lena Assmann 

Weitere Informationen: www.summsalablueh.de
Online-Sprechstunde: 2.+4. Do im Monat 17-18 Uhr via Zoom
Kontakt: stadtgruen@grueneliga-berlin.de


Gemeinsam gegärtnert, zusammen gewachsen

Das dreijährige Gemeinschaftsgarten-Projekt hat Marzahn-Hellersdorf grüner gemacht

Aus Brachflächen wurden Gärten. (Foto: GRÜNE LIGA Berlin e.V.)

Nach fast drei Jahren intensiver Arbeit, spannenden Aktionen und inspirierenden Begegnungen ist das Projekt „Gemeinsam gärtnern, zusammen wachsen“ zu Ende gegangen. Wir möchten uns bei allen Projektpartner*innen und Unterstützer*innen bedanken, die das Projekt zu einem Erfolg gemacht haben. Das Projekt lief in enger Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf und wurde durch das Programm „Freiwilliges Engagement in Nachbarschaften“ (FEIN) der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gefördert. Von März 2021 bis Dezember 2023 konnten wir gemeinsam mit engagierten Mitgärtnernden, Initiativen, Vereinen und Umweltbildungseinrichtungen das ehrenamtliche Engagement für das Stadtgrün in Marzahn-Hellersdorf fördern. In diesem letzten Beitrag der Rabe-Ralf-Reihe möchten wir auf ein paar Highlights zurückblicken.

Gartenworkshops und Fahrradtouren

Über 30 Gärten, Vereine, Initiativen und Einrichtungen durften wir während der Projektlaufzeit bei gemeinsamen Aktionen näher kennenlernen. Manche der Gärten bestanden schon seit vielen Jahren, andere steckten noch in Kinderschuhen. Die Unterstützung der Gärten gestaltete sich dadurch so vielfältig wie die Gärten selbst – gemeinsames Gärtnern, Workshops zu bestimmten Themen oder die Anschaffung neuer Geräte sind nur ein paar Beispiele.

Ein besonderer Fokus lag von Anfang an auf der Vernetzung und dem Wissensaustausch der Aktiven. Die vielen Workshops zu Themen wie dem Bau von Hochbeeten oder Insektenhotels, dem Pflanzen einer Wildhecke, dem Anlegen einer Kräuterspirale oder dem richtigen Mulchen und Kompostieren waren stets offen für alle Interessierten innerhalb und außerhalb der Gärten. Ein reger Erfahrungsaustausch war so immer garantiert und die Teilnehmenden konnten von- und miteinander lernen.

Ein besonderes Highlight waren die Fahrradtouren. Gemeinsam mit dem Fahrradclub ADFC Berlin luden wir zum gemeinsamen Radeln durch den grünen Bezirk ein und lockten Menschen über die Bezirks- und Stadtgrenzen hinaus nach Marzahn-Hellersdorf.

Neben dem Gärtnern standen der soziale Austausch und das nachbarschaftliche Miteinander im Vordergrund. Die Teilnahme des Projekts an Stadtteilfesten und themenübergreifenden Netzwerkveranstaltungen zeigte immer wieder, dass Urban Gardening ein kleiner, aber unverzichtbarer Bestandteil eines offenen und vielfältigen Zusammenlebens in der Großstadt ist. Die Förderung von Urban-Gardening-Projekten sollte deshalb auch in Zukunft auf gesellschaftlicher und politischer Ebene mitgedacht und umgesetzt werden – auch wenn kein Zweifel daran besteht, dass die Gemeinschaftsgärten in Marzahn-Hellersdorf durch das unermüdliche Engagement Einzelner weiterwachsen und gedeihen werden.

Tipps und Infos bleiben online

Auf der Website der Grünen Liga Berlin steht weiterhin eine aktualisierte Version der Gartenkarte mit einer Übersicht und Informationen zu den vielfältigen Gemeinschaftsgärten in Marzahn-Hellersdorf zu Verfügung. Dort ist auch das Komoot-Profil mit allen Fahrradtouren zum Nachradeln verlinkt.

Eine Informations- und Materialsammlung aus dem Projekt „Gemeinsam gärtnern, zusammen wachsen“ mit nützlichem Praxiswissen enthält die Website des Bezirksamts Marzahn-Hellersdorf. Dort gibt es auch die Onlineversion der Ausstellung über die Gemeinschaftsgärten im Bezirk zur Ansicht und zum Download.

Margit Lilli

Projektinformation und Kontakt:
urbanegaerten.grueneliga-berlin.de
www.berlin.de/ba-marzahn-hellersdorf/.1263288.php

Alle 15 Rabe-Ralf-Beiträge zu diesem Projekt: www.grueneliga-berlin.de/gartenserie


Zu viel ist nicht genug

Ohne Phosphor keine Nahrung – aber die Schlussfolgerung kann nicht so aussehen wie jetzt

Verkauf von Pestiziden auf einem Markt in Marokko. (Foto: Bernhard Holub/​Wikimedia Commons)

Weltuntergang durch Rohstoffknappheit nochmal verschoben – riesiges Phosphatvorkommen in Norwegen entdeckt! Es könnte so schön sein. Doch vieles, was da so schön leuchtet – das Wort Phosphor leitet sich nicht von ungefähr vom griechischen phōsphóros für lichttragend her –, ist nicht mehr als schöner Schein.

Der ausgewachsene Durchschnittsmensch schleppt rund ein Kilogramm Phosphor mit sich herum, in den Knochen, Zähnen und Zellen. Ohne Phosphor gäbe es wahrscheinlich kein Leben auf der Erde.

Nun kann man mit Phosphor viele „böse“ Dinge machen. Sarin, Rattengift, Glyphosat und natürlich Bomben sind nur einige gefährliche Sachen, die Phosphor enthalten. Auch in etwa 30 Prozent der Elektroautos steckt er drin. Denn Akkus mit Phosphor sind deutlich günstiger als solche mit Nickel und Kobalt. Das macht das Recycling, solange genug Phosphor einfach zugänglich ist, noch unattraktiver als ohnehin schon.

Zu viel des Guten!

In Zukunft wird es wohl für Phosphor zwei konkurrierende Anwendungen geben: die genannten E‑Autos und die Landwirtschaft und damit die Ernährung. Ohne Phosphor keine Linsen, keine Bananen, kein Zucker … Wer schon mal Dünger gekauft hat, hat vielleicht die Abkürzung NPK gelesen – das P steht für Phosphor. Aktuell werden rund 90 Prozent des abgebauten Phosphors in der Landwirtschaft eingesetzt – in Düngemitteln, aber auch in Pestiziden wie eben Glyphosat, das nach wie vor nicht verboten ist. Die Akku-Hersteller müssen „zum Glück“ wählerischer sein, nur ein kleiner Teil des gewonnenen Phosphors entspricht ihren Anforderungen.

Das Problem in der Landwirtschaft ist vor allem die weltweit ungleiche Verteilung des Phosphors. So ist Marokko einer der wichtigsten Exporteure. Bis zu dem Phosphor-Fund in Norwegen lagerten dort rund 70 Prozent der bekannten Vorkommen. Der Großteil des in Marokko abgebauten Phosphors landet aber auf den Feldern Nordamerikas und Europas. Der dortige Phosphor-Überfluss hat fatale Folgen für die Umwelt.

Der Stoff ist zwar fürs Pflanzenwachstum essenziell, die Aufnahmekapazität hat aber ihre Grenzen. Was zu viel gedüngt und nicht von den Pflanzen aufgenommen wird, landet früher oder später in den Flüssen und Seen. Die Algen freuen sich und blühen durch den Nährstoffanstieg auf. Das hat üble Folgen für die anderen Organismen in den Gewässern. Bakterien, die die Algen nach deren Tod zersetzen, verbrauchen viel Sauerstoff, der dann anderen Organismen fehlt. All das fördert den Verlust der Artenvielfalt. Im Extremfall ganz direkt, indem zum Beispiel Fische ersticken, aber vor allem dadurch, dass sich einige wenige Pflanzen und Tiere dank der schier unbegrenzten Nährstoffflut massenhaft ausbreiten und keinen Raum für andere lassen.

Nachhaltiger Anbau in einem Demonstrationsgarten in Marokko. (Foto: Lydia Herrmann/​GIZ/​Wikimedia Commons)

Ganz schön arm dran

Im Gegensatz zu Europa und Nordamerika sind in Afrika die Böden teilweise extrem arm an Phosphor. Das liegt zum einen daran, dass der marokkanische Phosphor vor allem in die reichen Länder exportiert wird. Die Bäuerin in Marokko hat wenig von dem abgebauten Rohstoff.

Zum anderen liegt es auch an der Grundzusammensetzung der Böden. In Afrika sind sie oft eher sauer, so dass der im Boden vorhandene Phosphor in einer Form vorliegt, die Pflanzen nicht aufnehmen können. Die Form des Phosphors beziehungsweise die Menge der bioverfügbaren Phosphate – der Salze der Phosphorsäure – hängen vom Ausgangsgestein, vom Wasserangebot und anderen Faktoren ab. Das gilt natürlich für alle Böden auf der Welt, und die angebauten Pflanzen haben auch einen unterschiedlichen Bedarf. Eigentlich sollte jeder Boden vor dem Anbau gut auf Zusammensetzung, Bedarf und Tragfähigkeit für bestimmte Pflanzen geprüft werden, um festzustellen, welche Nährstoffe wirklich fehlen, statt die Einheitsprodukte der Düngemittelanbieter einzusetzen und mit aller Macht eine bestimmte Sorte anzubauen.

Marokko hat deshalb als erstes Land in Afrika engmaschig Bodenfruchtbarkeitskarten erstellt, die unter anderem den bioverfügbaren Phosphorgehalt anzeigen. Dazu kommen regelmäßige Tests auf den Feldern. Ergebnis sind maßgeschneiderte Düngemittel und -empfehlungen für die Bäuer*innen, vor allem aber auch Anbauempfehlungen wie Fruchtfolgen oder Bewässerung. Auf diese Weise wird der lebenspendende, kostbare Phosphor nicht wahllos auf den Feldern verschwendet. So kann Marokko hoffentlich auch sichern, dass es nicht zu einer unnötigen und oft tödlichen Überdüngung wie bei uns im Norden kommt.

Von Weltzerstörern und -retterinnen

Was hier noch gar keine Erwähnung fand – und an dieser Stelle auch zu weit führen würde –, ist die Zerstörung der Umwelt durch den Abbau des Phosphors. Kurz gesagt, es wird viel Erde dorthin bewegt, wo sie nicht hingehört, und es werden weitere toxische Elemente und Verbindungen freigesetzt, die den Ökosystemen nicht gut tun.

Phosphor ist nur ein kleiner Baustein, wenn es darum geht, Rohstoffe gerecht zu verteilen und alle Menschen satt zu machen. Deshalb sind wir alle gefragt, zu träumen und mit unseren Ideen die Welt besser zu machen und vielleicht sogar zu retten. Dazu startet die Grüne Liga Berlin demnächst den Kreativwettwerb „Leela und Co retten die Eine Welt“! Jede*r von uns kann etwas tun für eine gesunde Erde und glückliche Menschen überall.

Anke Küttner

Weitere Informationen: linse.grueneliga-berlin.de

Das Projekt „Eine Welt vor der Linse“ wird durch Engagement Global mit Mitteln des Bundesentwicklungsministeriums gefördert.


Kohlekrimi in der Lausitz

Ein Stück Wald ist dem Braunkohlebagger im Weg – die Grüne Liga unterstützt den Kohleprotest

Baumpflanzung im Waldstück. (Foto: René Schuster)

Etwa dort, wo die Spree von Sachsen nach Brandenburg fließt, will der Kohlekonzern Leag seinen Tagebau Nochten noch bis 2038 weiterführen. Doch private Eigentümer:innen weigern sich, ihm ihr Waldstück zu verkaufen. Die Leag beantragte beim sächsischen Oberbergamt die Enteignung und will das Grundstück spätestens Ende 2025 dem Erdboden gleichmachen.

Angesichts der Klimaschutz-Notwendigkeiten ein absurdes Vorhaben. Erst im Frühjahr 2023 hatte eine Studie der Universität Flensburg ergeben, dass höchstens noch 205 Millionen Tonnen Lausitzer Braunkohle verbrannt werden dürfen, wenn das 1,5-Grad-Klimaziel erreichbar bleiben soll. Dazu müssen die Tagebaue der Leag deutlich verkleinert werden.

Berlin bekommt Trinkwasserprobleme 

Gleichzeitig ist es aber auch ein Kampf ums Wasser. Wo jetzt der Wald ist, soll später ein Tagebausee hin, der mindestens 30 Jahre lang aus der Spree geflutet werden soll und nachweislich Folgekosten bis weit ins 22. Jahrhundert verursacht. Nur für Bruchteile dieser Zeiträume gibt es finanzielle Rücklagen beim Unternehmen. Bleibt der Wald, muss der Restsee zumindest kleiner werden. Bei einem Weiterbetrieb des Tagebaus Nochten würde außerdem der Immissions-Richtwert für Sulfat in der Spree bis mindestens 2038 überschritten werden – ein Dauerproblem für die Trinkwassergewinnung im größten Berliner Wasserwerk Friedrichshagen.

Ob die Folgeschäden des Tagebaus für den Wasserhaushalt überhaupt zulässig sind, war schon ein zentrales Thema bei der Verhandlung am Oberbergamt im September in Freiberg. Denn Enteignungen sind nur zugunsten „vollumfänglich rechtmäßiger“ Vorhaben zulässig. Bis Redaktionsschluss war darüber noch nicht entschieden. Allerdings ist kein Antrag der Leag bekannt, der vom sächsischen Oberbergamt jemals abgelehnt worden wäre.

Spendensammlung für das Waldstück 

Mit einer Spendensammlung bereiten sich die Eigentümer deshalb darauf vor, sich gegen eine Enteignung vor Gericht zu wehren. Zum Schutz vor Anfeindungen möchten sie nicht öffentlich in Erscheinung treten. In dem Wald, den sie seit vier Jahren an die Cottbuser Grüne-Liga-Gruppe verpachtet haben, finden regelmäßig Kulturveranstaltungen, Arbeitseinsätze zum Waldumbau und weitere Aktionen statt. Beispielsweise gastierte hier im vergangenen Herbst das Künstler:innenkollektiv „Lebenslaute“.

René Schuster 

Weitere Informationen: www.kein-tagebau.de/unverkaeuflich 

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