Grundwasser, Wasserwende

Gemeinsam für lebendige Gewässer

Aus DER RABE RALF Juni/Juli 2021, Seite 5

Neue Berliner Wassernetz-Initiative will sich für gesetzliche Umweltziele stark machen

Beprobung des oberflächennahen Grundwassers in einem Berliner Kleingarten. (Foto: Wassernetz-Initiativgruppe)

Wasser ist Leben. Die Berliner Gewässer sind unsere Ausflugs- und Badeorte, unsere natürlichen Trinkwasserquellen, „Hotspots“ der Biodiversität und Lebensspender unserer grünen Lungen und CO₂-Senken – der Auen, Wälder und Moore. Mehr als 700 Wasserläufe, Seen und Teiche, davon viele die Landesgrenzen überquerend, gibt es noch in unserer Stadt.

Doch vielen von ihnen geht es nicht gut. Sie können wie die Panke oft nicht frei fließen und sind bis an das Ufer verbaut, werden wie die Spree nach Starkregen durch die übergelaufene Kanalisation verunreinigt oder sind wie das Fredersdorfer Mühlenfließ in Rahnsdorf durch zu hohe Wasserentnahme ausgetrocknet.

Netzwerk im Aufbau

Die zuständigen Berliner Umweltbehörden sind engagiert, aber unterbesetzt und oft auf sich allein gestellt, wenn es darum geht, alle Stadtgewässer in einen guten ökologischen Zustand zu bringen. Genau dieses Ziel schreibt die europäische Wasserrahmenrichtlinie vor – spätestens 2027 soll es erreicht sein. Grund genug für die Aktiven der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz, der Grünen Liga und des BUND-Arbeitskreises Wasser, ihr Engagement für dieses Ziel zu erhöhen und gemeinsam für Impulse und gute Beispiele zur Entwicklung der blauen Lebensadern zu sorgen.

In mehreren Workshops haben sie erste Inhalte und Aktionen vereinbart. Beispielsweise wollen sie den Schutz der Biodiversität voranbringen – etwa durch Aktivitäten zur Sicherung des Landschaftswasserhaushalts, zur Erhaltung von Schutzgebieten und Kleingewässern oder für sauberes Wasser und den Biotopverbund. Die Umsetzung von Gewässerentwicklungskonzepten spielt dabei eine wichtige Rolle. Ein Forderungspapier ist bereits fertig und soll demnächst an Berliner PolitikerInnen überreicht werden.

Gerade wird mit Gleichgesinnten ein berlinweites Netzwerk zur Wasserrahmenrichtlinien-Durchsetzung aufgebaut, das auch offen für weitere Gewässerbewegte der Stadt und für die Zusammenarbeit mit Initiativen aus Brandenburg ist. Eine Anschubförderung erhält dieses Engagement noch bis Ende August durch die Stiftung Naturschutz Berlin.

Gewässer-Workshop Mitte Juni

Für den 16. und 17. Juni laden die NetzwerkerInnen alle Interessierten aus Berliner Naturschutzverbänden und Wasser-Initiativen zu einem Workshop ein, um über die nächste Anhörung* zu den Berliner Gewässerplanungen zu informieren und thematische Arbeitsgruppen zur Erarbeitung einer gemeinsamen Stellungnahme anzubieten. Erfahrene Gewässer-Aktive stehen mit Tipps zur Seite.

Verena Fehlenberg, Christian Schweer

Weitere Informationen:
www.wassernetz-initiative-berlin.de


Umweltverbände verklagen Umweltverwaltung

Aus DER RABE RALF Juni/Juli 2021, Seite 5

Die Berliner Wasserversorgung beruht auf Raubbau am Grundwasser

Moorwald im Spandauer Forst. (Foto: Leonhard Lenz)

Die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN), in der sich die klageberechtigten Naturschutzverbände der Stadt zusammengeschlossen haben, hat am 22. März beim Verwaltungsgericht eine Untätigkeitsklage gegen die Senatsumweltverwaltung eingereicht. Es geht um den Schutz der Berliner Moore in den europäischen Schutzgebieten Spandauer Forst, Müggelspree-Müggelsee und Grunewald. Im August vergangenen Jahres hatte die BLN bei der Umweltverwaltung geeignete Maßnahmen beantragt, um den fortwährenden Verstoß gegen europäisches Naturschutzrecht durch den Betrieb der Berliner Wasserwerke Spandau, Friedrichshagen, Tiefwerder und Beelitzhof zu beenden. Doch die Verwaltung reagierte nicht mit konkreten Schritten.

Wasserwerke ohne Zulassung

Das Problem ist seit vielen Jahren bekannt: Die Berliner Wasserbetriebe betreiben die Wasserwerke ohne förmliche Zulassung. Für Beelitzhof, Tiefwerder und Friedrichshagen liegen seit der Antragstellung 1996 – also seit einem Vierteljahrhundert – nicht einmal die Antragsunterlagen vor. Lediglich das Bewilligungsverfahren für das Wasserwerk Spandau ist laut der Antwort des Senats auf eine Parlamentsanfrage so weit fortgeschritten, dass die Antragsunterlagen „nur noch“ zur vervollständigen sind. Die Verzögerung hat dazu beigetragen, dass das geltende Recht immer noch nicht eingehalten wird.

Angesichts der immer knapper werdenden Ressource Wasser und der sich zuspitzenden Lage bei der Trinkwasserförderung besteht aber dringender Handlungsbedarf – nicht nur für die Moore, die als Lebensraumtypen gesetzlich geschützt sind. Seit Langem beklagen Wissenschaftler und Naturschützer die Auswirkungen der Grundwasserförderung auf die Wälder, Moore und Feuchtgebiete in Berlin und dem Umland: Die Grundwasserstände sinken, Moore und Feuchtgebiete fallen trocken, Wald und Bäume leiden stärker unter Wassermangel. Gewässerufer fallen trocken, weil dort Wasser aus Uferfiltrat gefördert wird. Zugespitzt formuliert: Die Berliner Wasserversorgung beruht auf dem Raubbau an der Ressource Grundwasser.

„Skandalöse Versäumnisse“

Interessanterweise hat ein Gutachten im Auftrag der Umweltverwaltung die erheblichen Beeinträchtigungen in den drei betroffenen Schutzgebieten durch den Wasserwerks-Betrieb eindeutig belegt. Das Gutachten des Berliner Planungsbüros UBB vom März 2018 zeigt deutlich, dass vor allem die Grundwasserabsenkung zu einer Verschlechterung in den drei Schutzgebieten führt.

„Den Berliner Naturschutzverbänden geht es bei dieser Klage nicht darum, die Berliner Wasserversorgung stillzulegen. Vielmehr geht es einzig und allein um die Einhaltung geltenden Rechts und den Schutz und Erhalt der Berliner Wälder und Moore“, betont Manfred Schubert, der Geschäftsführer der BLN. „Wir wissen, dass es dafür noch immer genügend Spielräume gibt.“ Im vergangenen Jahrzehnt habe es genug Zeit und Möglichkeiten gegeben, die Lage zu entschärfen, etwa durch Verlagerung von Brunnengalerien in weniger empfindliche Bereiche, die Festlegung von Mindestgrundwasserständen, die Wiedereröffnung des aus Kostengründen geschlossenen Wasserwerks Johannisthal oder die Kooperation mit Wasserwerken im Umland, zählt Schubert auf. „All dies haben Politik, Verwaltung und Berliner Wasserbetriebe in skandalöser Weise versäumt. Darauf haben wir oft genug erfolglos hingewiesen.“ So bleibe als letztes Mittel nur der Klageweg.

Carmen Schultze

Weitere Informationen:
www.bln-berlin.de


Trinkwasserwende in Moabit

Aus DER RABE RALF Juni/Juli 2021, Seite 7

Der Genuss von Leitungswasser trägt zu Umwelt- und Klimaschutz bei

Die Tropfi-Tour führt zu wichtigen Wasser-Orten in Moabit. (Foto: a tip: tap)

Seit den 1970er Jahren hat sich der Flaschenwasserkonsum in Deutschland um das 15-Fache erhöht. Diesen Trend wollen wir umkehren und Leitungswasser zum Hauptgetränk in der Gesellschaft machen. Das Wasser-Quartier Moabit ist eines von bundesweit 14 Wasser-Quartieren, in denen die „Wasserwende“ starten soll.

Trinkwasser schlägt Flaschenwasser

Der Genuss von Trinkwasser aus der Leitung ist ein Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz – bei weniger Anstrengung, weniger Kosten und ohne Verzicht. Ein Produkt, das alle brauchen und ständig nutzen, das aber noch zu wenige wertschätzen: Leitungswasser ist ein wunderbares Beispiel für nachhaltigen Konsum: regional, verpackungsfrei, emissionsarm und gesund. Ein leichter Einstieg in einen nachhaltigeren Lebensstil für alle Menschen in Moabit, Berlin und Deutschland. Wenn alle in Berlin auf Leitungswasser umsteigen würden, könnten wir nach einer Studie etwa 140.000 Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen – und sehr viele Plastikflaschen dazu.

Öffentliche Trink-Orte

Im Wasser-Quartier Moabit möchten wir die Bevölkerung über das Berliner Leitungswasser informieren und über die ökologischen Vorteile aufklären, etwa durch Posterausstellungen wie zuletzt im Rathaus Mitte oder an Infoständen. Wir führen Bildungsveranstaltungen in Kitas, Schulen und in der freien Jugendarbeit durch und setzen dafür unsere Materialien aus dem Wasserkoffer ein, der auch bald zum Verleih bereitsteht. Wir beraten Organisationen beim Umstieg auf Leitungswasser am Arbeitsplatz und zeichnen Vorreiter, die kein Budget für Flaschenwasser ausgeben, als „leitungswasserfreundlich” aus. Um die Wasserwende zu schaffen, muss der Zugang zu Trinkwasser im öffentlichen Raum besser werden. Deshalb setzen wir uns für mehr öffentliche Trink-Orte wie Trinkwasserbrunnen oder Refill-Stationen im Quartier ein. Unser Ziel ist ein Trink-Ort pro 1.000 EinwohnerInnen.

Dabei arbeiten wir mit starken Partnern in Moabit zusammen: Wasserbetriebe, Quartiersmanagement, Bildungsverbund, Unternehmensnetzwerk, Grüne Liga und viele mehr. Mitte-Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel unterstützt das Projekt als Schirmherr. Das Ganze wird vom Bundesumweltministerium gefördert und ist noch bis April 2022 kostenlos für alle in Moabit. Wir freuen uns über ehrenamtliche Unterstützung.

Wasserreise mit Tropfi

Ein leichter Einstieg, um mit dem Smartphone das Wasser-Quartier Moabit zu erkunden, ist die virtuelle Stadtrallye „Tropfi auf den Spuren des Wassers”. In der Actionbound-App nimmt das Maskottchen Tropfi die Teilnehmer:innen mit auf eine Wasserreise – allein oder zusammen mit der ganzen Familie.

Samuel Höller, Projekt Wasserwende

Weitere Informationen:
www.wasserwende.org
www.actionbound.com/bound/TropfiTour

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