Happy Birthday, Alexander!

Aus DER RABE RALF Oktober/November 2019, Seite 13

Zum 250. Geburtstag von Alexander von Humboldt

Der 38-jährige Alexander von Humboldt nach seiner Amerikareise zurück in Berlin. (Bleistift- und Tuschezeichnung: Frédéric Christophe d‘Houdetot/​Wikimedia Commons)

Im Berliner Ortsteil Tegel steht dieses Jahr ganz im Zeichen des Naturforschers Alexander von Humboldt (1769-1859). Überall wird an ihn anlässlich seines 250. Geburtstages mit Lesungen, Vorträgen und Führungen erinnert.

Die Familie Humboldt, die hier seit 1766 ein Stadtschloss besaß und als Besucher unter anderem Johann Wolfgang von Goethe und Theodor Fontane empfing, ist eine der Hauptattraktionen des einstigen Dorfes im Berliner Norden. Zwei Jahre zuvor hatte man schon seines Bruders Wilhelm (1767-1835) mit einer großen Veranstaltungsreihe gedacht. Beide Denker sind in Zeiten des Kalten Krieges hart umkämpfte Denker gewesen. Während die DDR versuchte, Alexander von Humboldt für sich zu beanspruchen, hielt man in Westdeutschland den liberalen Politiker und Sprachforscher Wilhelm von Humboldt hoch.

Ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein, verdankt die Stadt Berlin Alexander von Humboldt vieles. Ein Teil der im Botanischen Garten ausgestellten Pflanzen und Bäume geht auf Mitbringsel von seinen Forschungsreisen zurück. Ebenso ist die Gründung des Zoologischen Gartens und des Meteorologischen Instituts in Berlin unter anderem auf seine Unterstützung zurückzuführen. Dennoch fehlt es nach wie vor an einem Humboldt-Museum, was bereits Rudolf von Virchow nach Alexanders Tod einforderte und ursprünglich in dessen letzter Wohnung in der Oranienburger Straße 67 geplant war.

Naturforscher, Naturerklärer, Naturschützer

Alexander von Humboldt ist aber nicht nur für Berlin von Bedeutung, obwohl man meint, ihn andernorts in Deutschland kaum würdigen zu müssen. Humboldt ist vielleicht in Zeiten von Klimawandel und „Fridays for Future“ aktueller denn je. Er war nicht nur der Naturforscher, dem wir die Entdeckung damals noch unbekannter Tierarten wie dem Humboldt-Totenkopfaffen verdanken, sondern auch einer der ersten Wissenschaftler, die ihr Wissen in Form von populärwissenschaftlichen Vorträgen auch der nicht akademischen Allgemeinheit zur Verfügung stellten – bekannt sind seine Kosmos-Vorlesungen in der Singakademie, dem heutigen Maxim-Gorki-Theater.

Nicht zuletzt war er einer, der schon damals die Bedeutung von Naturschutz erkannte und diesen förderte. In seinen Reiseberichten finden sich immer entsprechende Passagen:

„Zerstört man die Wälder, wie die europäischen Ansiedler aller Orten in Amerika mit unvorsichtiger Hast tun, so versiegen die Quellen oder nehmen doch stark ab. Die Flussbetten liegen einen Teil des Jahres über trocken und werden zu reißenden Strömen, sooft im Gebirge starker Regen fällt. Da mit dem Holzwuchs auch Rasen und Moos auf den Bergkuppen verschwinden, wird das Regenwasser in seinem Lauf nicht mehr aufgehalten; statt langsam durch allmähliches Einsickern die Bäche zu speisen, zerfurcht es in der Jahreszeit der starken Regenniederschläge die Berghänge, schwemmt das losgerissene Erdreich fort und verursacht plötzliche Hochwässer, welche die Felder verwüsten. Daraus geht hervor, dass die Zerstörung der Wälder, der Mangel an fortwährend fließenden Quellen und die Existenz von Torrenten (Sturzbächen) drei Erscheinungen sind, die in ursächlichem Zusammenhang stehen.“

Diese und andere Stellen verweisen darauf, dass er sich bereits frühzeitig mit den negativen Folgen von menschlichen Eingriffen beschäftigte und davor warnte. Heute sieht man diese Folgen sehr klar.

Naturdenkmäler

Auch der Begriff des Naturdenkmals geht auf ihn zurück. Von ihm in den Diskurs eingebracht, wurde er allerdings erst ab 1900 im deutschsprachigen Raum verwendet. In „Reise in die Aequinoctial-Gegenden des neuen Continents“ schrieb er: „Der Anblick alter Bäume hat etwas Großartiges, Imponierendes; die Beschädigung dieser Naturdenkmäler wird daher auch in Ländern, den es an Kulturdenkmälern fehlt, streng bestraft.“

Heute heißt es in Paragraf 28 des Bundesnaturschutzgesetzes: „Naturdenkmäler sind rechtsverbindlich festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur oder entsprechende Flächen bis zu fünf Hektar, deren besonderer Schutz erforderlich ist 1. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder 2. wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit. Die Beseitigung eines Naturdenkmals sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturdenkmals führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten.“ 

Der Schutz von Naturdenkmälern tauchte dann in der Verfassung der Weimarer Republik auf, wo Natur- neben Baudenkmälern erwähnt wurden.

Passenderweise ist in Berlin ein Naturdenkmal von Alexander und seinem Bruder nach der Köchin des Hauses Humboldt benannt worden: die „Dicke Marie“, eine Stieleiche im Tegeler Forst, heute mit über 800 Jahren der wohl älteste Baum Berlins. Mittlerweile gibt es im Bezirk Reinickendorf, zu dem Tegel gehört, knapp 50 Naturdenkmale. Im Tegeler Forst stehen auch Berlins höchster Baum, eine Lärche, sowie die Humboldteiche, die ebenfalls auf ein stattliches Alter von mehreren Jahrhunderten zurückschauen kann.

Von Alexander von Humboldt ist die Mahnung überliefert: „Habt Ehrfurcht vor dem Baum! Er ist ein einzig großes Wunder, und euren Vorfahren war er heilig. Die Feindschaft gegen den Baum ist ein Zeichen der Minderwertigkeit eines Volkes und von niedriger Gesinnung des Einzelnen.“

Maurice Schuhmann 

Literaturempfehlungen: Alexander von Humboldt, „Ansichten der Natur“, „Kosmos“ oder „Reise durch Venezuela“

Weitere Informationen zum Humboldt-Jahr: www.avhumboldt250.de


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