Mauerpark – Streit um Bebauung

erschienen in DER RABE RALF, April/Mai 2015, Seiten 1 und 4

Nördliche Flächen des Parks sollen für rund 700 Wohnungen genutzt werden

Der Mauerpark in Berlin ist ein in über 20 Jahren gewachsener Grünstreifen entlang des ehemaligen Todesstreifens. Er hat durch seine Lage über die Bezirksgrenzen von Pankow (Prenzlauer Berg) und Mitte (Wedding) hinweg, Symbolcharakter für die Entwicklung des neuen Berlin. Als grüne Lunge in der Stadtmitte in so einem dichtbesiedelten und -bebauten Gebiet ist der unbebaute Mauerpark ökologisch von zentraler Bedeutung für die Erholung der Bürger_innen und das Stadtklima.
Deshalb wird seit über 10 Jahren kontrovers über verschiedene Planungen zur Bebauung von Teilflächen des Parks diskutiert. Aktuell stehen die Baupläne des Unternehmens Groth u-invest Elfte GmbH & Co. Gleimstraße KG für den Mauerpark im Fokus. Der Berliner Senat unterstützt die Bebauungspläne, jedoch gibt es Kritik seitens der Anwohner_innen und von Bürgerinitiativen zum Schutz des Mauerparks. Sogar ein Volksbegehren ist möglich.
Die seit 1994 offiziell als Park genutzte Fläche ist ein beliebtes Naherholungsgebiet auf dem ehemaligen Grenzstreifen zwischen Eberswalder Straße und Gleimstraße. Während der Teilung Deutschlands verlief dort die Berliner Mauer. Bald könnten nordwestlich vom Gleimtunnel, auf einem Gebiet, das als Mauergrünzug geplant war, Neubauten entstehen. Zwar liegt die Fläche brach, doch ist sie seit 1994 im Berliner Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgewiesen. Außerdem gibt es eigentlich genug vorhandene Freiflächen des Landes Berlin für den nötigen Wohnungsbau. Zu diesem Schluss kamen übereinstimmend das Berliner Abgeordnetenhaus Anfang 2013 und der „Stadtentwicklungsplan Wohnen 2025“, der am 8. Juli 2014 vom Senat beschlossen wurde.

Hintergründe zum Bauvorhaben

Der Mauerpark stellt in dem begehrten und dicht bebauten Wohngebiet Prenzlauer Berg eine attraktive Fläche für Immobilieninvestments dar. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der jetzige Plan schon der 17. Bebauungsplan für den Mauerpark ist. Das Land Berlin schloss 1993 jedoch einen „Mauerparkvertrag“ mit der Allianz Umweltstiftung, der eigentlich eine dauerhafte Erweiterung des Mauerparks als Grünfläche vorsieht.
Andreas Geisel (SPD), Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, sieht in dem Bebauungsplan ein gesamtstädtisches Interesse, was nicht nur von den Anwohner_innen entschieden werden sollte. Berlin benötige dringend Wohnungen und daher übernimmt der Berliner Senat jetzt das weitere Bauvorhaben. Laut Berliner Baugesetz ist ein solches Verfahren möglich, wenn ein Bauprojekt mehr als 500 Wohnungen umfasst. Das ermöglicht außerdem eine schnelle Bearbeitung, da ein mögliches Bürgerbegehren an das Bezirksamt Mitte dann nichtig ist.

Das geplante Bauprojekt

Laut der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt gestaltet sich der „Bauungsplan 1-64a VE“ (so der offizielle Name) wie folgt. Auf einer Fläche von 3,5 Hektar sollen rund 700 Wohnungen entstehen, 70 Prozent davon als Mietwohnungen. 120 Wohnungen baut das landeseigene Wohnungsbauunternehmen Gewobag, 122 sind freifinanzierte Wohnungen, 219 Studentenwohnungen, 194 Eigentumswohnungen und 43 seniorengerechte Wohnungen und eine Kindertagesstätte mit 80 Plätzen entstehen.

Widerstand der Mauerpark-Befürworter

Für einen Monat lag der Entwurf des Bebauungsplans im Bezirksamt Berlin Mitte öffentlich aus. Auch online konnte man sich ein Bild machen. Bis zum März konnten jeder Bürger und jede Bürgerin im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Bürgerbeteiligungsverfahrens Einwände gegen den Bebauungsplanentwurf schriftlich in Form einer Einwendung abgeben. Diese sind an die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Berlin-Mitte gerichtet. Jedoch liegt das Bauvorhaben jetzt in den Händen des Senats.
Die Mauerparkstiftung Welt-Bürger-Park und die Mauerpark-Allianz haben intensiv vor Ort und online Einwendungen gesammelt und informiert. Von beiden Organisationen wurden insgesamt 39.000 schriftliche Einwände gesammelt. Nie zuvor gab es gegen einen Bebauungsplan in Berlin so viele Einwände. Das ist ein deutliches Zeichen der Ablehnung.
Sogar ein Bürgerbegehren der Bewohner_innen des Bezirks Mitte wurde beantragt und eingereicht. Durch das Vorhaben des Senats läuft dieses nun ins Leere. Im Senat wurde wohl davon ausgegangen, dass ein Bürgerbegehren in Berlin-Mitte erfolgreich verlaufen würde.
Von der Übernahme des Projekts durch den Senat sind die zahlreichen Bürgerinitiativen für den Mauerpark ganz und gar nicht erfreut. Heiner Funken, Sprecher der Mauerpark-Allianz, teilte der Presse mit, dass nun auch über ein Volksbegehren nachgedacht wird. Die Gegner_innen nehmen den Beschluss des Senats als Entmündigung der Anwohner_innen, Bebauungsgegner_innen und des Bezirksamtes war. Grundsätzlich lehnt die Mauerpark-Allianz den Bebauungsplan ab, getreu ihrem Slogan fordert sie „100 Prozent Mauerpark“.
Ziel sollte insgesamt die Erweiterung des Mauerparkes in seiner ursprünglichen Planung sein. Das heißt die gesamte Fläche von 10,5 Hektar muss, wie ursprünglich 1993 im Vertrag zwischen der Allianz Umweltstiftung und dem Land Berlin vorgesehen, als Grünfläche an den jetzt schon bestehenden Teil des Mauerparks angegliedert werden
Schon vergangenes Jahr wurde eine anderes Bauvorhaben verhindert: durch den Volksentscheid für den Erhalt des Tempelhofer Felds am 25. Mai 2014. Ob dieser Weg in punkto Mauerpark ebenfalls eingeschlagen wird, ist zunächst noch offen.
Dass eine Bebauung auf Grünflächen stattfinden soll, die zur Erweiterung des Parkgebiets gedacht waren, können viele Menschen nicht nachvollziehen. Generell wird befürchtet, dass es einen Anstieg der Mieten in umliegenden Stadtvierteln geben wird, Grünflächen verdrängt würden und dass eine dichte Bebauung das Naherholungsgebiet Mauerpark beeinträchtigen wird. Außerdem sorgen sich die Jugendfarm „Moritzhof“ und seine Besucher_innen um die Zukunft dieser Einrichtung.

39.000 Einwendungen der Bürger_innen

Am 16. März 2015 wurden bei einer Protestveranstaltung 39.000 Einwendungen der Bürger_innen persönlich an den Bezirksstadtrat Carsten Spallek im Rathaus Wedding übergeben. Die Stellungnahmen zum Bebauungsplan gingen Mitte März in der BVV Berlin-Mitte ein. Der Berliner Senat hat das zu bebauende Gebiet zu einem „Gebiet außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung“ erklärt. Damit liegt die Planungshoheit endgültig beim Land Berlin. Der Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel kündigte an, dass die Bebauungspläne bis Ende 2015 fertig gestellt sein sollen.
Fazit: Die Beschaffung von Wohnraum ist eine große Herausforderung für Berlin. Dass Flächen zum Wohnungsbau gesucht werden ist klar. Dennoch kann grundsätzlich gefragt werden wie und wo diese Bauprojekte umgesetzt werden. Die Beteiligung der Anwohner_innen und Bürger_innen ist dabei unerlässlich.

Anne-Marie Stark

Weitere Informationen

www.mauerpark-allianz.de

www.welt-buerger-park.de

www.gleimviertel.de

www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/verbindliche-bauleitplanung/#auslegung


Stellungnahme der GRÜNEN LIGA Berlin

Die GRÜNE LIGA Berlin lehnt eine Bebauung der Fläche nordwestlich des Gleimtunnels generell ab und fordert die Erweiterung des Mauerparkes in seiner ursprünglichen Planung. Das heißt die gesamte Fläche von 10,5 Hektar muss, wie ursprünglich vorgesehen als Grünfläche an den jetzt schon bestehenden Teil des Mauerparks angegliedert werden. Diese Forderung entspricht auch den Forderungen der umliegenden Stadtgesellschaft und sollte – noch dazu in so einem dichtbesiedelten und -bebauten Gebiet unbedingt Beachtung finden.


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