erschienen in DER RABE RALF, April/Mai 2015, Seite 10
Düngeverordnung wird novelliert – Umweltverbände stellen Forderungen
Das Grundwasser, die Hauptquelle unseres Trinkwassers, ist in vielen Gebieten Deutschlands durch Massentierhaltung, Gülleimporte und Biogasanlagen zu stark mit Düngeresten belastet. Deswegen beraten Bund und Länder über eine Neufassung der Düngeverordnung. Deren aktueller Entwurf enthält allerdings noch Mängel. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt will darum nachbessern: „Über einige Punkte des Entwurfs werden wir noch einmal diskutieren müssen“, sagte er.
Der Bund Ökologische Landwirtschaft (BÖLW) begrüßt die Ankündigung Schmidts, den Entwurf für die Novellierung der Düngeverordnung zu überarbeiten. Felix Prinz zu Löwenstein, der Vorsitzende des BÖLW, kommentiert, es sei richtig, die immer stärkere Belastung der Gewässer mit Düngeresten zu begrenzen. Konsequent sei die Verordnung allerdings nur, wenn nicht nur Wirtschaftsdünger aus der Tierhaltung, sondern auch synthetische Stickstoffdünger in den Regelungen berücksichtigt würden.
Ein Stickstoff-Sondergutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU), das im Januar präsentiert wurde, bestätigt die Notwendigkeit, die Düngung zu reduzieren. Durch den hohen Eintrag reaktiver Stickstoffverbindungen in die Umwelt würden nicht nur die menschliche Gesundheit gefährdet, sondern auch die Gewässer, die Artenvielfalt und das Klima. Für den SRU ist deswegen die Einführung einer Umweltabgabe auf Stickstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft die Handlungspriorität. Auch zu Löwenstein ist der Meinung, Betriebe mit einer hohen Viehdichte sollten „eine Stickstoffüberschussabgabe leisten müssen, um die von ihnen verursachten Umweltkosten auszugleichen“.
Stellungnahme der Umweltverbände
Die Verbände NABU, DNR, GREENPEACE, WWF und GRÜNE LIGA positionieren sich in einer Stellungnahme ebenfalls klar zur Novellierung der Düngeverordnung. Auch sie bemängeln, dass die intensive Agrarwirtschaft seit Jahrzehnten zu Düngeüberschüssen in Deutschland führt. Das Ziel soll hingegen sein, den Düngereinsatz in der Landwirtschaft auf ein umweltverträgliches Maß zurückzufahren. Gegenüber den gestiegenen Stickstoffüberschüssen der letzten Jahre bietet die Novelle der Düngeverordnung nun die Möglichkeit, die Überdüngung wirkungsvoll zu reduzieren und die Belastungen für Boden, Wasser, Luft und Biodiversität zu verringern.
Im aktuellen Entwurf sind dafür viele gute Ansätze verankert. Beispielsweise sieht die Düngeverordnung eine Begrenzung der Phosphatdüngung bei sehr hoch versorgten Böden vor. Außerdem ist zu begrüßen, dass Gärreste vollständig in die Ausbringungsobergrenze von 170 kg Stickstoff pro Hektar (N/ha) einbezogen werden sollen. Des Weiteren soll die Obergrenze für Stickstoff-Bilanzüberschüsse auf 60 beziehungsweise 50 kg N/ha reduziert werden. Ferner wird vorgesehen, die Lagerkapazitäten zu erhöhen und eine Länderermächtigung zur Festschreibung zusätzlicher Beschränkungen in Gebieten, die besonders stark mit Nitrat belastet sind, zu schaffen.
Neben den guten Ansätzen sind aber auch zahlreiche Defizite im Verordnungsentwurf zu verzeichnen, welche die Ziele der Nachhaltigkeits- und Biodiversitätsstrategie, der Wasserrahmenrichtlinie, der Nitratrichtlinie und des Naturschutzes gefährden. Die unterzeichnenden Verbände appellieren an Bund und Länder, ambitioniertere Ziele zur Reduzierung der Überdüngung zu vereinbaren.
Sie fordern beispielsweise die Einführung einer kompletten Hoftorbilanz für alle Betriebe. Diese erfasst den Input und den Output von Nährstoffen in einem Landwirtschaftsbetrieb. Wenn es nach dem Willen der Umweltverbände geht, sollen die Betriebe zumindest alle Stoffströme von Stickstoff und Phosphor erfassen. Zahlreiche Betriebe nutzen schon lange die Hoftorbilanz, um die Effizienz ihres Düngereinsatzes abzulesen und gegebenenfalls Düngekosten einzusparen.
Außerdem muss Überdüngung sanktioniert werden, wenn die Düngeverordnung kein Papiertiger bleiben soll. Schließlich werden die Obergrenzen für Stickstoffbilanzüberschüsse in vielen Gebieten überschritten. Deshalb fordern die Umweltverbände wie der SRU die Einführung eines Bußgeldes für die Überschreitung des Grenzwerts.
Des Weiteren sollen Biogas- sowie Rinder haltende Betriebe auf die sogenannte Derogation verzichten, welche einigen Betrieben einen Stickstoffüberschuss von bis zu 230 kg N/ha zugestand. Die Folge dessen sind hohe Stickstoffverluste und die ökologische Entwertung des Grünlands. Deswegen stellt auch die EU-Kommission die Derogation in Frage.
Eine weitere Forderung der Verbände ist, im Zusammenhang mit der Dünger-Verbringungsverordnung eine Transport-Datenbank einzurichten. Nur über die Vernetzung dieser Daten mit betrieblichen Nährstoffbilanzen kann die Einhaltung der Vorgaben der Düngeverordnung sichergestellt werden.
Ferner wird gefordert, dass die Mindestabstände zwischen gedüngten Flächen und Gewässern auf fünf und an erosionsgefährdeten Standorten auf zehn Meter vergrößert werden. So soll die Abschwemmgefahr zumindest verringert werden.
Am aktuellen Entwurf zur Düngeverordnung ist außerdem zu bemängeln, dass er den wirtschaftlichen Vorteil der Stallhaltung zusätzlich verstärkt. Damit wird die Weidehaltung als tierfreundlichste Haltungsform benachteiligt.
Schließlich fordern die Verbände die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Festmistwirtschaft. Festmist sorgt für eine nachhaltige Nährstoffversorgung der Pflanzen, fördert den Humusaufbau und hält den Boden fruchtbar. Felix Prinz zu Löwenstein fordert, die Ausbringung von Kompost und Festmist auf gefrorenem Boden zu erlauben. „Für den Gewässerschutz ist wenig gewonnen, wenn mit der Verordnung Betriebe belastet werden, die gar nicht die Verursacher der Nitratüberschüsse sind. Das ist aber der Fall, wenn die Ausbringung von Kompost und Festmist im Winter verboten wird, obwohl diese Art des Düngens auf gefrorenem Boden bodenschonend ist und nicht zu schädlichen Austrägen ins Grundwasser führt. Solche Auflagen würden gerade kleinere und die extensiv wirtschaftenden Betriebe belasten“, erklärte er in einer Pressemitteilung des BÖLW.
Außerdem kritisierte er, die im Entwurf der Düngeverordnung vorgesehenen Regelungen würden auch den Bio-Anbau in Gewächshäusern faktisch unmöglich machen, obwohl davon überhaupt keine Gefahr fürs Grundwasser ausgehe. Es wäre absurd, wenn durch die Novelle der Düngeverordnung der Ökolandbau als die mit Abstand gewässerschonendste Form von Landwirtschaft belastet würde.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat also noch viel zu tun, wenn er eine wirksame Düngeverordnung schaffen will, welche die Böden und das Grundwasser entlastet. Allerdings ist der Einfluss der konventionell produzierenden Bauern sehr stark, und von ihnen hört man lautstarke Einwände gegen eine „schärfere“ Düngeverordnung. Es bleibt also abzuwarten, inwiefern von der Politik ein Umdenken hin zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Bewirtschaftung des Bodens einsetzen wird.
Veit Ulrich
Weitere Informationen
SRU-Sondergutachten: www.umweltrat.de
Stellungnahme der Umweltverbände als PDF herunterladen:
www.wrrl-info.de/docs/wrrl_stellungnahme_duengeverordnung.pdf