Wo der Pfeffer wächst

Aus DER RABE RALF Oktober/November 2022, Seite 14

In 80 Nutzpflanzen um die Welt – Teil 7: Gewürze

Ein Bauer auf der indonesischen Insel Java trocknet Muskatnüsse in der Sonne. (Foto: Arie Basuki/Wikimedia Commons)

Ganz schön weit weg führt diesmal unsere Reise in 80 Nutzpflanzen um die Welt. Im siebten Teil bringen wir etwas Pep in unser Essen – es geht um Gewürze. Die meisten Gewürze sind weit gereist, mögen es warm und manche machen uns und unsere Speisen scharf.

Sein Gold wert

Es war einmal ein Vogel, der lebte in einem fernen Land und baute sein Nest aus Zimtstangen. Er brachte so viele Zimtstangen ins Nest, dass dieses irgendwann unter der Last zusammenbrach und die Menschen die Zimtstangen einsammeln konnten. Andere vertrieben den Vogel aus dem Nest und stahlen die Stangen. Die Zimtstangen brachten Händler aus dem arabischen Raum bis nach Griechenland, wo sie – so oder ähnlich – vor rund 2500 Jahren die Geschichte vom Cinamologus, dem Zimtvogel, erzählten.

Die Geschichte gab dem kostbaren Gut einen mythischen Hintergrund und machte es noch begehrter. Es ist aber nicht die erste und bei Weitem nicht die einzige fantastische Gewürz-Geschichte. Schon tausend Jahre zuvor machte sich die ägyptische Königin Hatschepsut auf die Suche nach dem legendären Punt – dem Land des Goldes, aus dem auch der Weihrauch kam.

Krieg und Handel

Der Gewürzhandel hat eine lange Tradition und verhalf so manchem zum Aufstieg. Gleichzeitig ist die Geschichte des Gewürzhandels geprägt von Ausbeutung und Gewalt und hat für lange Zeit auch das Aussehen unserer Weltkarten und unseren Blick auf andere Kulturen und Länder geprägt.

Schon vor tausenden Jahren gab es einen regen Austausch zwischen Orient und Okzident. Ein wichtiger Bestandteil des Austausches waren Gewürze, die mit Gold aufgewogen wurden. So wurde unter anderem Kardamom aus Indien in der Bronzezeit entlang des Persischen Golfes von den Babyloniern, Assyrern und Ägyptern importiert. Als Alexander der Große sein kurzlebiges Weltreich schuf, verfügte er über umfangreiche Informationen zur Herkunft und zum Handel von Gewürzen, und das neu gegründete Alexandria wurde zu einem Zentrum des Gewürzhandels in der Antike.

Im Mittelalter wurde Venedig, den Kreuzzügen zum Trotz, zu einem der wichtigsten Umschlagplätze für Gewürze. Vor allem Pfeffer war von Bedeutung und machte gewiefte und risikobereite Händler reich. Denn der Gewürzhandel war ein riskantes Geschäft. Piraten, Kriege, Stürme und das Fehlen von Versicherungen machten den Transport und Handel mit Pfeffer zu einem Glücksspiel. Allerdings mit Aussicht auf hohe Gewinne, denn von der Ernte in den Dschungeln Indiens über die Handelsrouten im arabischen Raum bis zum Markt in Europa stieg der Wert exponentiell. Und Pfefferkörner waren klein, leicht zu transportieren, haltbar und äußerst begehrt. Ein Statussymbol auf dem Tisch des Königs genauso wie ein begehrtes Aphrodisiakum. Angeblich prahlte Wilhelm von Aquitanien, auch als Wilhelm der Fromme bekannt, um 1100 mit einer einwöchigen Ménage à trois – angeheizt durch den Pfeffer will er es auf nicht weniger als 188 Anstrengungen gebracht haben.

Safranernte im indischen Bundesstaat Kaschmir. (Foto: Salix Oculus/Wikimedia Commons)

Frühes kapitalistisches Monopol

Ein weiteres Gewürz, das die Libido anregt, ist Muskat. Anders als viele andere importierte Gewürze kam es erst im Mittelalter nach Europa. Dann erlebte es aber einen kometenhaften Aufstieg. Eine einzelne kleine Nuss kostete so viel wie eine halbe Kuh und war mehr als ihr eigenes Gewicht in Gold wert. Im 17. Jahrhundert läutete der Handel mit der Muskatnuss die frühe Phase des Kapitalismus ein. Mit der Niederländischen Ostindien-Kompanie wurde eines der ersten kapitalistischen Handelsmonopole geschaffen und mit extremer Gewalt durchgesetzt.

Der Muskatbaum wuchs nur auf den indonesischen Banda-Inseln im Archipel der Molukken. Sie wurden auch als Gewürzinseln bezeichnet. Die Niederlande kontrollierten den Muskathandel bis ins 18. Jahrhundert und bestimmten durch das Monopol den Preis. Um das zu erreichen, führten sie Krieg gegen Portugal und England. Dazu töteten sie die ortsansässigen Bandanesen, die bis dahin mit Händlern der Region ihre Güter ausgetauscht hatten. Die Forschung geht hier von rund 15.000 Toten aus, nur wenige retteten sich auf andere Inseln. Auf den Plantagen mussten dann Sklaven arbeiten, um die ermordeten Einheimischen für wenig Geld zu ersetzen.

Im Laufe der Zeit gelang es, Muskat auch anderswo anzubauen. Wichtige Anbauländer sind heute auch Guatemala und Grenada in Mittelamerika. Die Bandanesen haben sich ihre Inseln und ihre Kultur inzwischen wieder zurückgeholt. Die Folgen des Handelskolonialismus zeigen sich aber überall. Alte Plantagen und Festungen haben ihre Spuren in der Landschaft hinterlassen und die kulturellen Einflüsse bei den Menschen. Zwar versuchten die Holländer den Gewürzanbau der Bandanesen nachzuahmen, aber die Banda-Inseln und ihre Bevölkerung haben sie dennoch unwiederbringlich verändert.

Backe, backe Kuchen

Auch heute noch lässt sich mit Gewürzen viel Geld machen, sind sie doch mitunter die teuersten Zutaten im Essen. So kostet ein Kilogramm Filet vom Kobe-Rind um die 1000 Euro, Safran dagegen, das teuerste Gewürz der Welt, mindestens das Dreifache. Für echten Safran zahlt man im Einzelhandel schon mal fünf Euro für nicht mal ein Gramm.

Safran, die Blütennarben vom Safrankrokus (Crocus sativus), war schon immer teuer. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Ernte aufwendig und der Ertrag von einem Feld vergleichsweise niedrig ist. So braucht es für ein Kilogramm Safranfäden rund 150.000 Blüten. Und dennoch ist Safran so verbreitet und beliebt, dass er selbst in einem Kinderlied erwähnt wird. Safran im Kuchen, in der Paella  oder auch zum Färben von Seide sind nur einige der Einsatzmöglichkeiten.

Die Krokusse blühen im Herbst, und zwar alle praktisch gleichzeitig, so dass für die Ernte nur eine sehr kurze Zeit zwischen Auf- und Verblühen bleibt, um die kostbaren Fäden zu gewinnen. Die Felder mit den lilafarbenen Blüten bieten aber auch ein einmaliges Schauspiel, das inzwischen Reisende aus aller Welt anlockt und den Menschen in den Anbaugebieten eine weitere Einnahmequelle bietet, zum Beispiel in der Region Kaschmir, dem zweitgrößten Produzenten weltweit. An der Spitze liegt mit bis zu 90 Prozent der Welternte der Iran.

Anke Küttner

Als Bonus gibt es in unserer Serie noch einen letzten Teil: Pünktlich zu Weihnachten geht es in der nächsten Ausgabe um Genussmittel wie Agave, Kaffee und Zucker. Das Projekt „In 80 Nutzpflanzen um die Welt“ wird durch Engagement Global im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums gefördert.

Weitere Informationen: 80nutzpflanzen.grueneliga-berlin.de

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