Die einzig wahre Ernährung

Aus DER RABE RALF Dezember 2019/Januar 2020, Seite 25

„Alles, bloß kein Fleisch?“, fragte die Grüne Liga Berlin – die Antworten fielen unterschiedlich aus

Schnippeln und schnacken. (Foto: Anke Küttner/​Grüne Liga)

Welthunger, Lebensmittelverschwendung, Tierleid, Klimawandel – Essen ist ein konfliktreiches Thema. Jeder von uns beschäftigt sich mehrmals am Tag mit seinem Essen. Sollte man meinen. Aber wissen wir wirklich, woher das Gericht auf unserem Teller stammt? Was das für Auswirkungen hat? Ist uns wirklich bewusst, dass da vielleicht ein Tier gelebt und gefühlt hat?

Mit genau solchen Fragen befasst sich die Grüne Liga Berlin in der Bildungsreihe „Was is(s)t die Welt?“, um ein Bewusstsein für die eigene Ernährung zu wecken. Beim zweiten Forum „Alles, bloß kein Fleisch?“ am 26. Oktober durfte ich dabei sein – als Teilnehmerin und als Referentin. Ich bin 19 Jahre alt und leiste ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) bei der Grünen Liga im Bereich Umweltbildung.

An diesem Tag gab es Vorträge über Entomophagie – das Verzehren von Insekten – und über konsequente Bio-Tierhaltung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Berlin und Brandenburg konnten sich außerdem ein Bild davon machen, wie typische Ernährung in Kamerun und vegane Ernährung in Berlin aussieht – und durch gemeinsames Kochen auch schmeckt.

Insekten verspeisen

Der Soziologe Andrew Müller hat sich während mehrerer Asienreisen auf das Gebiet der Entomophagie spezialisiert und schreibt darüber kritische Beiträge (Rabe Ralf Oktober 2019, S. 15). In seinem Vortrag ging es darum, ob Insekten als Nahrung der Zukunft Fleisch ersetzen könnten und vielleicht auch noch kulturelle Brücken zu schlagen vermögen.

Nach seinen Erkenntnissen kommt es bei der Nachhaltigkeit auf mehrere Faktoren an. Fleisch durch Insekten zu ersetzen habe zwar grundsätzlich Vorteile, diese gingen aber unter den heutigen Weltmarktbedingungen schnell wieder verloren. Zu kritisieren seien vor allem die sozialen Verhältnisse, unter denen prekär Beschäftigte die Insekten verarbeiten.

Ist bio gleich bio?

Anja Hradetzky, die zweite Referentin, ist Biobäuerin und hält Rinder für die Milch- und Fleischerzeugung. Dabei sorgt sie bis zur Schlachtung dafür, dass alle natürlichen Bedürfnisse der Tiere möglichst abgedeckt sind. Dazu gehören die ganzjährige Weidehaltung auf Naturschutzflächen, die Haltung von Bullen in der Herde statt künstlicher Besamung sowie die gemeinsame Aufzucht der Kälber mit ihren Müttern. Höfe wie ihrer sind sogar unter Biobetrieben eine Seltenheit in Deutschland und zeigen, dass bio nicht gleich bio ist.

Essen in Kamerun

Im zweiten Teil gab Robincrusoe, der ebenfalls einen Freiwilligendienst bei der Grünen Liga leistet, einen Einblick in seine Esskultur. Für den jungen Ingenieur aus Kamerun ist Insektenessen ebenfalls keine Neuheit. Die dortige Küche ist trotzdem sehr fleischlastig. Fleisch symbolisiert einen gewissen Status und ist Teil von Festen und Feiertagen. Im Alltag wird eher der günstigere Fisch verzehrt.

Nahrungsmittel Nummer eins in Kamerun ist aber Garri. Diese verarbeitete Form der Maniokwurzel ist durch ihre grießähnlichen Eigenschaften vielseitig einsetzbar. Garri hat wenig Eigengeschmack, was es zu einer exzellenten Komponente in jeder Speise macht. Es ist außerdem sehr billig und damit gut als Hauptnahrungsmittel geeignet.

Seine Einkäufe macht der 23-Jährige auf dem Markt. Seine Familie hält eigene Hühner, um ihren Eier- und Fleischbedarf zu decken.

Veganes Berlin

Nach dieser kleinen Reise befanden wir uns wieder mitten in Berlin. Für den nächsten Beitrag war ich als gebürtige Berlinerin und Veganerin selbst verantwortlich. Seit etwa zwei Jahren lebe ich vegan. Meine Gründe dafür sind vor allem ethische, aber auch ökologische. In meinem Beitrag ging es hauptsächlich darum, wie es ist, in Berlin vegan zu leben. Mit Fotos von einigen meiner Mahlzeiten versuchte ich zu zeigen, dass das ohne Einschränkung gut möglich ist.

Ich kaufe fast überall ein, vom Discounter über Unverpackt- und Bioläden bis zu Märkten. Man findet in der Hauptstadt eben alles, und das auch noch fast überall, was das vegane Leben ziemlich erleichtert.

Wie einfach vegane Ernährung ist, bewies dann die Köchin Rike Schindler vom veganen Caterer No Tiers, indem sie gemeinsam mit den Teilnehmern kochte. Es gab Kürbisrisotto mit gebackenem Tempeh. Tempeh besteht aus Sojabohnen oder anderen Hülsenfrüchten, die nach einer traditionellen indonesischen Methode fermentiert und damit schnittfest und haltbarer gemacht werden.

Fazit: Es gibt viele Wege, um beim Essen die Umwelt zu retten. Hauptsache, wir fangen an! Am besten ist es, wenn es auch noch so gut schmeckt wie dieses Risotto.

Kürbisrisotto mit gebackenem Tempeh

Zutaten für 6 Personen

1 Zwiebel
2 Knoblauchzehen
½ Kürbis
3 Stangen Sellerie
200 g Tempeh
Olivenöl
4 EL Tamari oder Sojasoße
100 g Margarine
350 g Risottoreis
300 ml Weißwein
frischer Thymian
1 l Gemüsebrühe
100 g Hefeflocken
Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel (Cumin), Zimt

  1. Zwiebeln schälen und in Würfel schneiden. Knoblauch schälen und klein hacken. Kürbis halbieren, mit einem Löffel entkernen und in längliche Spalten schneiden. Selleriestangen in kleine Rauten schneiden. Tempeh in grobe Würfel schneiden.
  2. Ofen auf 200 Grad vorheizen. Kürbisspalten mit Olivenöl, Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel und Zimt in einer Schüssel wenden und dann etwa 15-18 Minuten auf dem Blech oder in einer feuerfesten Form im Ofen garen. Tempehwürfel in Sojasoße und Hefeflocken wenden und auf gleiche Weise in den Ofen geben.
  3. Zwiebeln, Knoblauch und Selleriestangen in einer Pfanne mit heißem Olivenöl anrösten, Margarine hinzugeben und heiß werden lassen, Risottoreis einrühren und glasig schwitzen und mit Weißwein ablöschen. Thymianstängel dazugeben.
  4. Nach und nach mit Gemüsebrühe aufgießen und unter ständigem Rühren langsam garen.
  5. Hefeflocken in die Masse rühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  6. Die Hälfte der fertig gegarten Kürbisspalten in das Risotto geben. Die restlichen Spalten und das Tempeh als „Topping“ servieren.

Zuckerschlecken im Schlaraffenland?

Wem die Idee gefallen hat, Referenten zu lauschen und neue Sichtweisen auf Essen zu bekommen, sich auszutauschen und gemeinsam etwas Leckeres zu zaubern, der oder die ist zum dritten Forum „Zuckerschlecken im Schlaraffenland?“ Anfang 2020 herzlich eingeladen. Es wird sich alles um das Thema Zucker drehen. Anschließend backen wir zusammen Kekse. Also raus mit Omas Keksrezept und immer her damit!

Lia

Das Projekt „Food Diaries“ wird von Engagement Global im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums gefördert.


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