Umweltfestival, Commopoly und Linsen

Aus DER RABE RALF April/Mai 2023, Seiten 8/9, 25

Alltagstaugliche Ideen

Das 28. Umweltfestival findet am 4. Juni am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni statt

Der Mobilitätssektor verursacht etwa ein Fünftel aller Treibhausgasemissionen in Deutschland. Eine Verkehrswende ist unvermeidlich, wenn die Ziele des Klimaschutzgesetzes eingehalten werden sollen. Mobilität ist jedoch mehr als bloßer Verkehr. Für eine ökologische und soziale Verkehrswende reicht eine Antriebswende, also das Ersetzen von fossilen Kraftstoffen durch erneuerbare Energien, nicht aus. Ein Wechsel zu nachhaltiger Mobilität ist notwendig. Es geht um den Ausbau der Schiene im Personen- wie im Güterverkehr, es geht um viel mehr und besseren ÖPNV, Fahrrad- und Fußverkehr, es geht um den öffentlichen Raum in der Stadt und auf dem Land. Es geht um Teilhabe, Gerechtigkeit, Verteilung und Angebundensein.

Über diese Fragen möchte die Grüne Liga Berlin einladen, in den Dialog zu treten, Lösungsansätze vorzustellen, Handlungsmöglichkeiten und Chancen aufzuzeigen.

Nächste Ausfahrt: Fairkehrswende

Am 4. Juni sind zum 28. Mal Menschen aus Berlin, Deutschland und aller Welt eingeladen, eine Erfahrungs- und Erlebniswelt im Sinne des Umwelt-, Natur- und Klimaschutzes am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni zu entdecken – das UMWELTFESTIVAL. Das diesjährige Motto lautet: „Nächste Ausfahrt: Fairkehrswende!“

Neben zwei Bühnen, auf denen sich politische und umweltbezogene Gesprächsrunden sowie Preisverleihungen und musikalische Beiträge abwechseln, werden bis zu 250 Ausstellungsstände die Straße des 17. Juni in eine ökologische, nachhaltige und kulinarische Erlebnismeile verwandeln.

Initiativen, Vereine, Firmen, Behörden und viele andere stellen eine bunte Vielfalt von Projekten und Ideen vor, umsonst und draußen, für Groß und Klein, zum Mitmachen und Weiterdenken, zum Anfassen und Eintauchen. Ob auf dem FÖL-Erlebnisbauernhof oder dem Wasserspielplatz, bei den vielfältigen kostenlosen Beratungen oder den kulturellen Beiträgen entlang der Meile – für jede und jeden ist etwas dabei. Es werden Alternativen aufgezeigt und Impulse gegeben auf einer sonst von Autos und Verkehr geprägten Hauptstraße im Herzen Berlins.

Klimafreundliches Festival

Bereits zum elften Mal wird der „Große Preis des Umweltfestivals“ vergeben. Eine Jury aus Mitgliedern des Bundesumweltministeriums, der Gasag und der Grünen Liga Berlin prämieren Projekte, Initiativen oder Dienstleistungen, die zeigen, wie alltagstaugliche Ideen für mehr Umwelt-, Natur- und Klimaschutz in die Tat umgesetzt werden können.

Die Verkehrswende ist nur eine Stellschraube, um das 1,5-Grad-Ziel zu schaffen. Auch die klimafreundliche Gestaltung von Veranstaltungen birgt viel Potenzial. Hier geht das Umweltfestival schon lange mit gutem Beispiel voran. Ein Spülmobil für Gläser und Geschirr und der Transport zu den Imbissständen mit Lastenrädern ermöglicht es, Einweggeschirr gänzlich vom Festival zu verbannen. Komposttoiletten, Ökostrom, Bio-Imbissstände, bewachte Fahrradparkplätze und vieles mehr zeigen, wie es auf vielen Ebenen klimafreundlich vorangehen kann.

Schon die Anfahrt bewusst planen

Jede und jeder kann zu einem wirklichen Umwelt-Event beitragen und bereits vorher entscheiden: Wie reise ich an, wie transportiere ich meine Waren oder mein Material? Ob Anfahrt mit ÖPNV, Fahrrad oder Lastenrad, per Mitfahrgelegenheit oder zu Fuß – die Wirkung ist bei 60.000 Menschen, die erwartet werden, enorm. Hier will das Umweltfestival eine Plattform etablieren und Informations- und Austauschmöglichkeiten bieten.

Traditionell wird die jährliche Radsternfahrt des ADFC Berlin auf dem Umweltfestival enden. Wer mit dem Fahrrad kommt, kann auf verschiedenen Routen durch die Hauptstadt für bessere Bedingungen im Straßenverkehr demonstrieren und gleich selbst die Mobilitätswende ausprobieren.

Immer gut informiert

Auf der Website und den Social-Media-Kanälen des Umweltfestivals bei Instagram, Facebook und Linkedin wird regelmäßig über Neuigkeiten berichtet. Hier kann sich informieren, wer als Ausstellerin, Helfer oder Besucherin dabei sein will. Der Anmeldeschluss für Ausstellende ist am 30. April.

Susanne Dittmar, Claudia Kapfer 

Weitere Informationen und Anmeldung: www.umweltfestival.de


Brachflächen für alle

Auf dem Spiel/Feld Marzahn läuft ein anspruchsvolles öffentliches Kunstprojekt

Inmitten von Plattenbauten entsteht ein Garten für alle. (Foto: Julia Kawka)

Das Berliner Stadtbild war in den vergangenen Jahrzehnten durch leerstehende Gebäude und Brachflächen geprägt. Diese tragen zum besonderen Charme der Stadt bei und bieten Bewohnenden und Besuchenden gleichermaßen Freiraum und vielfältige Zwischennutzungsangebote. Im Laufe der Jahre verschwanden viele dieser Freiflächen und mussten diversen Bauprojekten weichen. Zwar könnte die Schließung von Baulücken Platz für neuen bezahlbaren Wohnraum bedeuten und der akuten Wohnungsnot entgegenwirken, doch in der Realität wurden viele der Flächen von privaten Investor:innen gekauft und in teuren Wohnraum oder Unternehmensstandorte umgewandelt.

Der Erhalt der letzten verbliebenen Flächen ist deshalb von großer Bedeutung in der Stadtplanung, um Freiräume für die Menschen in der Stadt zu bewahren. Auch für das Stadtgrün spielen unversiegelte Brachflächen eine große Rolle, wenn es darum geht, die bestehenden innerstädtischen Ökosysteme zu erhalten.

Ein Gemeinschaftsgarten entsteht

Auf einer dieser Brachflächen, in Marzahn-Mitte am Mühlenbecker Weg, befindet sich seit über zehn Jahren der Gemeinschaftsgarten Spiel/Feld Marzahn. Der Garten wurde in einem Projekt von Masterstudierenden der Landschaftsarchitektur an der TU Berlin geplant. Ziel des Pilotprojekts war ein Konzept für partizipative urbane Landwirtschaft. Die Beteiligung aller Interessengruppen am Entstehungsprozess und an der Umsetzung spielte dabei eine tragende Rolle. Nach der Konzeptentwicklung durch die Studierenden bis 2010, betreut von Städtebau-Professorin Katrin Bohn, wurden im Folgejahr bei öffentlichen Veranstaltungen gemeinsam mit Interessierten Ideen zur Gestaltung erarbeitet. Seit 2012 wird auf der Fläche gemeinsam gegärtnert. Um den Garten zu erhalten und weiterzuentwickeln, wurde der gemeinnützige Verein Spiel/Feld Marzahn e.V. gegründet.

Dem Verein war es von Anfang an wichtig, verschiedene Zielgruppen anzusprechen und einzubinden. Bei gemeinsamen Gartenaktionen und Veranstaltungen können Interessierte den Garten und den Verein kennenlernen, Vereinsmitglieder können eine Parzelle pachten und individuell gestalten. Ein großes Anliegen des Vereins sind Kooperationen mit nahegelegenen öffentlichen Einrichtungen wie dem Alpenland-Pflegeheim oder den umliegenden Kitas. Eine besondere Zusammenarbeit besteht mit der Peter-Pan-Grundschule, die ein Drittel der Gartenfläche als Schulgarten nutzt.

Auf dem Spiel/Feld Marzahn wird aus Überzeugung ausschließlich ökologisch gegärtnert. Seit 2020 ist der Garten Teil eines bürgerwissenschaftlichen Pilotprojekts zum Wildbienenschutz, das die TU Berlin gemeinsam mit dem Naturkundemuseum durchführt.

Das Allmende-Experiment „Commopoly“

Der Spiel/Feld Marzahn e.V. und seine Mitglieder werden in diesem Jahr Teil eines partizipativen öffentlichen Kunstprojekts sein, das auf einer angrenzenden, bisher ungenutzten Fläche stattfindet. Unter dem Titel „Das Dilemma der Brach/Fläche“ soll ein spekulatives Experiment zur Gründung einer Allmende auf einer Marzahner Brache dargestellt werden. Der aus dem Hochmittelalter stammende Begriff Allmende beschreibt nutzbares Land, das der Gemeinschaft gehört. Inspiriert ist das Experiment von den acht Gestaltungsprinzipien der Allmenden nach Elinor Ostrom (Rabe Ralf Juni 2011, S. 21).

Im Verlauf des Projekts sollen verschiedene Fragen zur konkreten Gestaltung der Allmende betrachtet werden: Wer sind die Beteiligten an der Allmende und welche Interessen haben sie? Wer hat Zugang zur Allmende und was darf jede Nutzer:in aus der Ressource nehmen? Welche Regeln gelten für die Allmende und wie werden sie kontrolliert und durchgesetzt? In vier über das Jahr verteilten sogenannten „Serious Games“ werden diese Themen künstlerisch behandelt und experimentell durchgespielt. Dabei sollen Lösungen im lokalen Kontext der Brache in Marzahn gefunden werden. Eingerahmt wird das Programm von einer modularen Rauminstallation, die im Laufe des Projekts wachsen und sich verändern wird.

Zum Beginn der Gartensaison gibt es übrigens noch freie Parzellen und das Spiel/Feld Marzahn freut sich über neue Mitglieder. In der Gartensaison von Mai bis Oktober findet an jedem ersten Samstag im Monat, soweit das Wetter es zulässt, von 14 bis 17 Uhr ein offener Gartennachmittag statt.

Margit Lilli 

Weitere Informationen:
www.spielfeldmarzahn.de
www.brach-flaeche.cc
www.urbanegaerten.grueneliga-berlin.de
E-Mail: urbanegaerten@grueneliga-berlin.de

Alle Teile der Gemeinschaftsgarten-Serie sind hier zu finden.


Wer linst denn da?

Kreatives Umweltbildungsprojekt für die 4. und 5. Klassen

Leela Linse schaut mit euch über den Tellerrand hinaus. (Bildnachweis: Amphaiwan/Adobe Stock, Hintergrund: Olka Kostenko/Balabolka/Adobe Stock)

Hurra! Unser neues Umweltbildungsprojekt „Eine Welt vor der Linse“ ist gestartet. Wir schauen mit euch auf Teller aus der ganzen Welt. Was wird in Costa Rica oder Sambia gerne verspeist und was landet auf unseren Tellern? Welchen Einfluss hat der Konsum dort wie hier auf die Umwelt, das Klima und die Menschen? Mit Projektunterricht, einem Filmprojekt und Kreativwettbewerb erwartet euch in den nächsten zwei Jahren ein volles Programm. Macht eure Kamera bereit und schaut mit uns auf die Teller und vor allem über den Tellerrand hinaus.

Pilotklasse gesucht

Für das Projekt suchen wir aktuell eine Pilotklasse, die Lust hat, sich mit Ernährung, Umwelt und den globalen Zusammenhängen auseinanderzusetzen und ihre Ideen filmisch in Szene zu setzen. Sie unterrichten eine 4. oder 5. Klasse und wollen mehr wissen? Ihr Kind geht in eine 4. oder 5. Klasse? Schreiben Sie uns an.

Anke Küttner 

Weitere Informationen: linse.grueneliga-berlin.de
Kontakt: umweltbildung@grueneliga-berlin.de
Das Projekt „Eine Welt vor der Linse“ wurde durch Engagement Global aus Mitteln des Bundesentwicklungsministeriums gefördert. 

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