Grüne Liga hilft Berlin auf die Sprünge

Aus DER RABE RALF Oktober/November 2022, Seiten 8/9, 25

Bunte Resilienz

Wie wir in Zukunft unsere Städte gestalten

Wicken sind pflegeleichte, bodenverbessernde Pflanzen. (Foto: Juna Kuß)

Hitzewellen, Waldbrände, Starkregen und Sturmböen – im vergangenen Sommer sind wir vom Klimawandel und seinen zunehmenden Extremwetterlagen nicht verschont geblieben. Nicht nur Menschen und Tiere stehen durch die unkalkulierbaren Wetterphänomene vor großen Herausforderungen, auch die Vegetation wird sich in Zukunft stark verändern. Viele Pflanzen und Bäume sind den langen Trockenperioden nicht gewachsen und müssen in den kommenden Jahren durch klimaresilientere Pflanzen ersetzt werden. „Resilient“ bedeutet widerstandsfähig, krisenfest oder robust. Eine klimaresiliente Bepflanzung soll verhindern, dass sich Großstädte und Ballungszentren in trostlose Orte ohne Grün verwandeln, die im Sommer zur Hitze- und Feinstaubfalle werden.

Klimawandel schneller als Stadtverwaltung

Zwar steht der Klimaschutz inzwischen auf der Agenda vieler deutscher Städte, doch konkrete Maßnahmen für mehr Klimaresilienz werden kaum diskutiert oder gar umgesetzt. Dabei ist sich die Wissenschaft einig, dass die negativen Auswirkungen schneller als gedacht eintreten werden, wenn sich weiterhin so wenig an den Konzepten der Städte ändert.

Auch in Berlin beginnt der Umschwung nur langsam, obwohl die Zeit drängt. Bei Baumkronen-Analysen im vergangenen Jahr stellten Fachleute fest, dass von 6000 untersuchten Berliner Linden, Rosskastanien, Ahornbäumen und Platanen nur noch 43 Prozent gesund sind. Das ist ein Spitzenwert in der Verschlechterung seit 1979. Verantwortlich ist dafür unter anderem die trocken-heiße Witterung seit 2018. Aber auch Bauarbeiten, Bodenverdichtung und das eigentlich laut Berliner Naturschutzgesetz verbotene Tausalz bereiten den Bäumen immer mehr Stress. Die Folge sind Krankheiten und letztendlich sogar das Absterben.

Pflanzenreich – neu gedacht

Zu den möglichen Gegenmaßnahmen gehört das Nachpflanzen von klimaresilienteren Gehölzen, wie zum Beispiel Baumhasel (Corylus colurna). Das ist ein robuster Straßenbaum, der im Spätsommer und Herbst essbare Nüsse produziert, die Eichhörnchen und anderen Nagern als Nahrung dienen. Für Privatgärten und Parks eignet sich zum Beispiel die windfeste Zitterpappel (Populus tremula), die ein Nährgehölz für viele Schmetterlinge darstellt.

Unter den Sträuchern ist die Schmalblättrige Ölweide (Elaeagnus angustifolia) eine klimaverträgliche Alternative. Mit ihren silbrigen Blättern und den gelben Blüten sticht sie im Mai und Juni aus dem Grün hervor und ist attraktiv für Bienen und andere Insekten. Besonders interessant: Die Ölweide gilt mit einer Wuchshöhe von maximal acht Metern als Kleinbaum – gerade für sonnige Hinterhöfe wirkt sie damit als Solitär prächtig, wächst aber nicht so hoch wie viele andere Bäume.

Ebenfalls gut geeignet für die klimaverträgliche Bepflanzung von privaten und öffentlichen Gärten und Parks sind pflegeleichte Stauden und Gräser, die mit Trockenheit und Hitze gut zurechtkommen und Kleintieren und Insekten Nahrung und Unterschlupf bieten. Dazu zählen unter anderem Echter Lavendel, Bergminze, Katzenminze, Steppen-Salbei, Blaustrahlhafer, Moskitogras, Kugeldistel und Kleiner Mannstreu. Auch unter den Zwiebelpflanzen gibt es Arten, die sich bei Trockenheit bewährt haben, zum Beispiel Kugel-Lauch und Damen-Tulpe.

Eine weitere kostengünstige und unkomplizierte Möglichkeit ist das Ausbringen von heimischen Wildblumen, die auf trockenen, sandigen Böden gedeihen, darunter Schafgarbe, Kornblume, Schwarze Königskerze und Moschus-Malve. Diese Pflanzen sind eine ökologisch wertvolle und deutlich robustere Alternative zu herkömmlichem Zierrasen.

Anpassen, überdenken, dazulernen

Im Klimawandel müssen wir unser Stadtgrün langfristig anpassen und immer wieder neu überdenken. Resilienz bedeutet auch, dass man bereit sein muss, zu lernen und sich neuen Gegebenheiten anzupassen, um eine wirklich robuste Bepflanzung zu erhalten. Auch wenn heimische Pflanzenarten aus ökologischer Sicht bevorzugt werden sollten, können klimafeste Gewächse aus dem Mittelmeerraum oder anderen Regionen mit trocken-warmem Klima eine wertvolle Ergänzung sein.

Zur Begrünung an „schwierigen Standorten“ und zur klimaresilienten und ökologisch wertvollen Bepflanzung berät die Grüne Liga Berlin kostenlos vor Ort, per Telefon und E-Mail. An jedem zweiten und vierten Donnerstag im Monat findet online oder auf dem Ökomarkt am Kollwitzplatz eine offene Sprechstunde zu Begrünungsfragen statt.

Juna Kuß

Veranstaltung: 21.10., 17.30 Uhr: Heimische Bepflanzung für die Artenvielfalt – Wissen und Tipps für Stadtgärtner*innen jeder Art, Vortrag in der Urania Berlin. Info/Anmeldung: www.urania.de/stadtnatur

Weitere Termine und Informationen:
artenvielfalt.grueneliga-berlin.de
E-Mail: stadtgruen@grueneliga-berlin.de

Das Projekt „Heimische Artenvielfalt vor der Tür“ wird von der Senatsumweltverwaltung gefördert.


Kräuter, die sich bis zum Himmel winden

Eine Kräuterspirale für den Gemeinschaftsgarten am Murtzaner Ring

Der Bau der Kräuterspirale am Murtzaner Ring ging zügig voran. (Foto: Ines Fischer)

Direkt in einem Marzahner Wohngebiet liegt die Grünfläche vor dem Murtzaner Ring 68, die nun von einer rund einen Meter hohen Kräuterspirale geschmückt wird. Errichtet wurde sie von Bewohner*innen der benachbarten Gemeinschaftsunterkunft der Stephanus-Stiftung und Nachbar*innen. Kraftvoll die Spitzhacke schwingend, Steine schleppend ohne Pause – die Helfenden packten mit enorm viel Elan und Tatendrang an und es war offensichtlich, dass hier nicht die erste Trockenmauer geschichtet wurde und einiges an Erfahrung vorhanden war. Die Steinspirale wurde sogleich mit diversen Kräutern bepflanzt. Unterstützung für das Vorhaben kam vom Nachbarschaftsstützpunkt BENN Marzahn-Süd und der Grünen Liga Berlin mit ihrem Projekt „Gemeinsam gärtnern, zusammen wachsen“.

Nachbauen erwünscht!

In dem dreidimensionalen Beet gedeihen Kräuter mit unterschiedlichen Standortansprüchen nebeneinander. Auf kleinstem Raum kann so eine große Vielfalt erblühen. Die bepflanzte Trockenmauer ist nebenbei ein wertvolles Biotop für Insekten, Reptilien und Amphibien. Außerdem ist die Kräuterspirale ein toller Lern- und Beobachtungsort für Kinder.

Kräuterspiralen brauchen nicht viel Platz und sind auch für kleine Gärten geeignet. Sinnvoll ist ein Mindestdurchmesser von etwa drei Metern bei einer Höhe von einem Meter, aber es darf auch kleiner gebaut werden. Beim Standort sollte auf einen sonnigen, möglichst schattenfreien und windgeschützten Platz geachtet werden. Idealerweise öffnet die Kräuterspirale sich zum Süden hin. Dort sollte auch der empfohlene kleine integrierte Tümpel angesiedelt werden.

Die Pflanzorte sind für die optimale Entwicklung der Kräuter ausschlaggebend. Die Kräuterspirale im Murtzaner Ring ist in drei Zonen unterteilt. Oben befinden sich Rosmarin, Lavendel, Thymian, Majoran, Ysop, Gewürzsalbei, Bohnenkraut und Currykraut, da diese Kräuter den geringsten Wässerungsbedarf haben. In der Mitte fühlen sich Zitronenmelisse, Estragon, Schnittlauch, Dill, Liebstöckl, Koriander, Kümmel und Fenchel wohl. Unten an den Tümpel angrenzend stehen die wasserliebenden Kräuter wie Brunnenkresse, Sauerampfer und Pfefferminze.

Ein Besuch wird sich lohnen

„Die Erträge der Kräuterspirale darf jeder ernten!“, erklärt Dirk Palachowski, stellvertretender Einrichtungsleiter und Ehrenamtskoordinator der Stephanus-Gemeinschaftsunterkunft. Die Kräuterspirale wird durch die Bewohner*innen gepflegt, doch auch Nachbarschaft und Vorbeikommende sind herzlich zum Mitgärtnern eingeladen. Neben der Kräuterspirale gibt es weitere üppig bepflanzte Hochbeete, auch hier sind Vorschläge zur Bepflanzung und Unterstützung bei der Pflege willkommen. Auf Wunsch einer Nachbarin werden nun auch Kartoffeln gesteckt, erzählt Dirk Palachowski. Auch eine Bieneninsel wird auf der Grünfläche angelegt. Direkt zwischen Kräuterspirale und Bieneninsel lädt eine bunte Sitzecke zum Entspannen ein. Sie wurde an einem „Social Day“ aus Holzpaletten selbst gezimmert.

Für alle kleinen und großen Kinder gibt es in unmittelbarer Nachbarschaft abwechslungsreiche Spielgelegenheiten. Ein großer, gerade erst offiziell eingeweihter Spielplatz beherbergt auf der 7.500 Quadratmeter großen Fläche unter anderen eine Calisthenics-Anlage, eine Street­ball­fläche, Trampoline, Hüpf- und Balancierspiele sowie Tisch­tennis­platten.

Falls das noch nicht Grund genug ist, um vorbeizuschauen: Jeden Donnerstag öffnet das Café, das durch BENN und einige der 432 Bewohner betrieben wird, seine Pforten. Alle sind herzlich eingeladen, von 15 Uhr bis 18 Uhr kostenfrei Kaffee und selbstgebackenen Kuchen zu genießen und neue Kontakte zu knüpfen.

Marie Lucke, Ines Fischer

Sollte Ihr Interesse an einer Kräuterspirale im heimischen Garten geweckt worden sein, empfehlen wir das Buch „Die Kräuterspirale“ von Irmela Erckenbrecht vom Pala-Verlag.

Mehr zum Projekt „Gemeinsam gärtnern, zusammen wachsen“: www.urbanegaerten.grueneliga-berlin.de
Kontakt: Ines Fischer, E-Mail: urbanegaerten@grueneliga-berlin.de

Alle Teile der Gemeinschaftsgarten-Serie sind hier zu finden.


Das bleibende Klassenzimmer

Auch nach der Landesgartenschau geht es mit dem „Grünen Klassenzimmer“ in Beelitz weiter

Ferienprogramm im Grünen Klassenzimmer: Moritz erntet Kartoffeln. (Foto: LAGA)

Das Gartenfest für alle Sinne, die Landesgartenschau Beelitz, neigt sich dem Ende und damit auch die Bildungsangebote des Grünen Klassenzimmers. Mehr als 7000 Kinder und Jugendliche haben den außerschulischen Lernort besucht und erlebt. Aus Beelitz, aus ganz Brandenburg und auch aus Berlin kamen die Schulklassen, um Neues zu 50 verschiedenen Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen zu lernen und zu erforschen. Durch das „Grüne Klassenzimmer“ ist ein breites Netzwerk aus Bildungseinrichtungen, Referent*innen und Organisationen entstanden, die einen nachhaltigen Beitrag für die Bildungslandschaft leisten.

Slawendorf bleibt als Lernort erhalten

Was bleibt nach dem Gartenfest für alle Sinne? Neben den buchbaren Programmen, einem Schulgartenwettbewerb und Aktionswochen hat die Grüne Liga Berlin gemeinsam mit Beelitzer Bildungseinrichtungen, Umweltbildungsaktiven und der Stadtverwaltung intensiv an einer Fortführung des Grünen Klassenzimmers gearbeitet. Und es steht fest – der Lern- und Erlebnisort Slawendorf soll erhalten bleiben. Dank des besonderen Engagements der Stadt Beelitz, der Bildungseinrichtungen, von Referentinnen und Kooperationspartnern werden in Beelitz auch in Zukunft Natur und Umwelt aus neuen Blickwinkeln erforscht.

Und der Besuch lohnt sich. Nicht nur, weil der Standort Slawendorf bestehen bleibt, sondern auch, weil qualifizierte Referent*innen den Ort mit Leben und Wissen füllen werden. Dabei geht es um globales Lernen und um Bildung für nachhaltige Entwicklung. Für die Stadt Beelitz ist dabei klar: Die Bildungsangebote sollen für Kinder- und Jugendgruppen weiterhin kostenfrei sein.

Das Programm für das Jahr 2023 wird rechtzeitig auf der Website der Stadt Beelitz veröffentlicht.

Mareike Hohmann, Grüne Liga Berlin e.V.

Weitere Informationen und Kontakt:
www.laga-beelitz.de/gruenes-klassenzimmer
E-Mail: laga-beelitz@grueneliga-berlin.de

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