Jetzt auch die Hunde

Aus DER RABE RALF Februar/März 2023, Seite 14

Warum eine pflanzliche Ernährung für Hunde nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll ist

Foto: Martin von Ottersen/​Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Immer mehr Menschen entscheiden sich für ein veganes Leben und wollen Tierleid so weit wie möglich vermeiden. Doch gerade Hundehalter*innen stoßen hierbei schnell an Grenzen, weil sie sich nicht sicher sind, ob eine rein pflanzliche Ernährung ihres Tieres möglich ist, oder gar nicht erst darüber nachdenken. Jedoch sind hier etliche Vorurteile und Fehlschlüsse im Spiel. Eine neue Studie kommt sogar zu dem Schluss, dass eine rein pflanzliche Ernährung die beste ist, die wir unseren vierbeinigen Begleitern bieten können.

Hunde sind keine Fleischfresser

„Hunde sind Fleischfresser, da sie vom Wolf abstammen und dieser auch ein Fleischfresser ist“, ist häufig zu hören. Tatsächlich ist dies aber auf mehreren Ebenen falsch, da schon die Grundannahme, dass der Wolf ein reiner Fleischfresser sei, nicht stimmt.

Zwar ist es so, dass Wölfe sich in der Wildnis bevorzugt vom Fleisch erlegter Beutetiere oder von Kadavern ernähren, jedoch kommt es auch vor, dass sie ihren Nahrungsbedarf mit Nüssen, Beeren und anderen Früchten decken, wenn kein Fleisch verfügbar ist. In stark vom Menschen beeinflussten Regionen, in denen nur noch wenig Wildtiere leben, kommt es sogar vor, dass ihre Nahrung bis zu 85 Prozent aus Pflanzen besteht.

Andererseits lässt sich der Hund schon lange nicht mehr mit dem Wolf vergleichen, da die beiden nur noch entfernt miteinander verwandt sind. Das wird bereits am Aussehen deutlich, wenn man kleinere Rassen wie Cocker Spaniel, Shiba Inu oder Chihuahua einem Wolf gegenüberstellt. Auch die Verdauung von Hunden entspricht mittlerweile eher der menschlichen als der eines Wolfes, was auch nicht verwunderlich ist, da sich unser vierbeiniger Freund im Laufe seiner Domestizierung immer weiter an uns und damit auch an unsere Essgewohnheiten angepasst hat und heute deutlich größere Mengen an Kohlenhydraten verstoffwechseln kann als sein Urahn. Deswegen werden Hunde mittlerweile als Allesfresser und nicht mehr als Fleischfresser kategorisiert.

Artgerecht ist nur das Wohnzimmer

Eine weitere Frage, die schnell aufkommt und eng mit der Vorstellung vom Hund als Fleischfresser verbunden ist, lautet: Ist eine pflanzliche Ernährung artgerecht? Mit dem Verweis auf den Wolf als Verwandten des Hundes wird dies oft vorschnell verneint, was aus den dargestellten Gründen unterkomplex ist. Dennoch könnte man hier bei einem eher verengten Blick auf das Thema mit dem bei einigen Hunderassen noch vorhandenem Jagdtrieb argumentieren. Bei einer genaueren Betrachtung unter Einbezug weiterer Aspekte als der reinen Möglichkeit, Fleisch zu essen, wirkt aber auch dieses Argument schwammig und nicht zu Ende gedacht.

Zunächst sei hier noch einmal auf den veränderten Verdauungstrakt von Hunden hingewiesen, der selbst bei einem an die Ernährung von Wölfen angelehnten Speiseplan dazu führt, dass die Zutaten in ihrem Verhältnis angepasst werden müssen. Eine Eins-zu-eins-Übertragung ist weder ratsam noch möglich, da die Ernährung in der Wildnis abhängig vom vorhandenen Futterangebot stark schwankt. So ist eine „artgerechte“ Ernährung nach dem Vorbild von Wölfen weder sinnvoll noch in Gänze realisierbar und sollte nicht als Maßstab dafür dienen, wie artgerecht die Ernährung eines Hundes ist.

Außerdem müsste bei diesem Ansatz das Füttern des Hundes eigentlich generell abgelehnt werden, da dies nicht natürlich ist und das Futter vom Tier selbst erjagt werden sollte. Das ist in der Praxis aber gar nicht möglich, da die wenigsten Hunde in der Lage sind, eigenständig zu jagen. Selbst wenn ein Jagdtrieb vorhanden ist, mangelt es vielen Tieren schlicht an Größe und Geschwindigkeit, um Beute zu erlegen. Schon das Halten eines Hundes wäre nach diesem Ansatz nicht artgerecht.

Es empfiehlt sich also, bei der Frage nach einer artgerechten Hundeernährung nicht vom Essverhalten des Wolfes auszugehen, sondern den Hund selbst in den Fokus zu rücken. Dabei lohnt es sich, einen Blick auf das Verhalten von Streunern und ihre Beziehung zum Menschen zu werfen, da ihr Leben ohne eine direkte Einflussnahme durch uns verläuft. Straßenhunde ernähren sich vor allem von dem, was Menschen ihnen übrig lassen, und das sind hauptsächlich Abfälle, die unter anderem aus verdorbenen und stark gewürzten Lebensmitteln bestehen. Das hört sich nicht nur ungesund an, sondern ist es auch, sodass Streuner eine deutlich kürzere Lebenserwartung haben als Hunde, die bei Menschen leben.

Beide erwähnten Ansätze – das Modell „Wolf“ und das Modell „Streuner“ – liefern keine wirklich stichhaltige Antwort auf die Frage nach einer artgerechten Hundeernährung. Jedoch liefert das Essverhalten von Streunern die Basis für einen dritten Ansatz: Artgerecht ist, was dem Tier schmeckt und seinen Nährstoffbedarf deckt. Ein Natürlichkeitsanspruch an die Ernährung unserer Hunde hat ohnehin keinen Sinn, da die heute existierenden Rassen nicht natürlich entstanden sind. Eine rein pflanzliche Ernährung eines Hundes kann also durchaus als artgerecht bezeichnet werden, insofern sie die Bedürfnisse des Tieres erfüllt. Doch ist das überhaupt möglich?

Gesundheit und Wohlbefinden

Mit Blick auf diese Frage wird schon seit einigen Jahren geforscht. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass es für Hunde keinen Unterschied in der Attraktivität verschiedener Ernährungsarten, darunter auch rein pflanzliche, gibt.

Im April letzten Jahres erschien dazu die bisher größte veröffentlichte Studie. Sie kam sogar zu dem Schluss, dass eine bedarfsdeckende vegane Ernährung sicherer und gesünder ist als herkömmliche Ernährungsweisen. Es wurden mehr als 2500 Hunde für mindestens ein Jahr beobachtet und in Bezug auf sieben unterschiedliche Gesundheitsindikatoren verglichen, darunter außerplanmäßige Tierarztbesuche, Einnahme von Medikamenten und die veterinärmedizinische Einschätzung zur Entwicklung des Tieres. Die Hunde wurden nach der Ernährung in drei Kategorien eingeordnet: konventionelle, Rohfleisch- und pflanzliche Ernährung. Dabei schnitt die konventionelle Ernährung am schlechtesten ab, während die mit rohem Fleisch gefütterten Hunde geringfügig gesünder waren als die vegan ernährten, was jedoch eher auf die Altersdifferenz der beiden Versuchsgruppen als auf die Ernährung zurückzuführen ist. So waren die mit Rohfleisch gefütterten Hunde durchschnittlich 5,5 Jahre alt, während die pflanzlich ernährten Hunde ein Durchschnittsalter von 7,3 Jahren aufwiesen und man davon ausgehen muss, dass sie bei einem ähnlichen Altersdurchschnitt besser abgeschnitten hätten.

Es ist also mit Blick auf das Wohlergehen des eigenen Vierbeiners durchaus sinnvoll, diesen rein pflanzlich zu ernähren. Jedoch sei angemerkt, dass Ernährungsumstellungen bei Hunden, egal welcher Art, immer in Absprache mit einer Expert*in auf dem Gebiet der Hundeernährung erfolgen sollten.

Justin Penzel 

Studie (engl.): doi.org/10.1371/journal.pone.0265662

Weitere Informationen (engl.): www.theguardian.com

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