Natur des Jahres: Wermsdorfer Forst und Besenheide

 

Von der Parforcejagd zum Waldumbau

Aus DER RABE RALF Dezember 2018 / Januar 2019, Seite 8

Der Wermsdorfer Forst in Nordsachsen ist Waldgebiet des Jahres 2018

Sturmschäden im Wermsdorfer Wald, Februar 2018. (Foto: Uwe Lange/BDF)

Bereits im vergangenen März wurde dem Wermsdorfer Forst die Auszeichnung „Waldgebiet des Jahres“ zuerkannt. Der Bund Deutscher Forstleute (BDF), die Vertretung aller Forstbeschäftigten in Deutschland, würdigt damit jedes Jahr ein vorbildlich und nachhaltig bewirtschaftetes Waldökosystem mit all seinen Funktionen, seiner Bedeutung für die Menschen und den Naturhaushalt. Mit dem Wermsdorfer Wald fiel die Wahl des BDF zum ersten Mal auf einen Wald im Freistaat Sachsen. Titelträger vergangener Jahre waren der Frankenwald (2017), der Usedomer Küstenwald (2016) und der Grunewald (2015).

Hügelig und wasserreich

Der etwa 5.100 Hektar umfassende Wermsdorfer Wald liegt im Nordosten des Forstbezirks Leipzig im Dreieck zwischen Wurzen, Grimma und Oschatz. Geologisch gehört er zum Nordsächsischen Platten- und Hügelland, das als Altmoränenlandschaft durch flachwellige bis hügelige Moränenplatten der Elster- und Saale-Kaltzeit mit einzelnen Durchragungen des Grundgebirges gekennzeichnet ist. Etwa 80 Prozent des Waldes sind Staatsbesitz, die restlichen gut 900 Hektar entfallen kleinteilig auf mehrere hundert Privatbesitzer.

Das namensgebende Wermsdorf, ein staatlich anerkannter Erholungsort im Landkreis Nordsachsen, wird von dem fast durchgängigen Waldgürtel annähernd hufeisenförmig umschlossen. Nur im Süden bleibt die Ortslage offen, sie wird hier durch das Wermsdorfer Teichgebiet begrenzt. Durchschnittlich liegt der Wald zwischen 150 und 220 Metern über dem Meeresspiegel. Höchste Erhebung ist der Collmberg am Nordostrand des Gebietes mit 313 Metern. Eine kleine Teichkette – ausgehend von der nördlichen Ortslage – quert in Ost-West-Richtung auch den Wald selbst und verlässt ihn Richtung Sachsendorf als Mühlbach.

Rückkehr zum Laubwald

Der Wermsdorfer Wald hat eine sehr wechselvolle Geschichte, lange war sein Schicksal an die sächsischen Kurfürsten und späteren Könige geknüpft. In dieser Zeit entstanden das noch in Relikten vorhandene Schneisensystem – ursprünglich gedacht für die Parforcejagd, eine Hetzjagd mit Hundemeute – und das Jagdschloss Hubertusburg, in dem 1763 der Siebenjährige Krieg für beendet erklärt wurde.

Als 1822 Heinrich von Cotta, Begründer der Forstakademie Tharandt, den Wald taxierte, war das Gehölz stark heruntergekommen, zu großen Teilen zerstört und sehr verlichtet. Cotta verringerte den Wildbestand und die Viehhütung im Wald wesentlich, führte Kahlschläge zur Verjüngung des Waldes ein und trieb die planmäßige Umwandlung der Laubwaldreste in schnell wachsenden Nadelwald voran – ein damals übliches Vorgehen, um dem allgemeinen Holzmangel zu begegnen.

Hundert Jahre später, 1922, kam es nach mehreren Dürrejahren und Zuwachsrückgängen durch Insektenbefall zur Abkehr von der Fichtenwirtschaft, die sich um 1900 bereits auf 90 Prozent des Baumbestandes ausgedehnt hatte. Heute überwiegt durch das Wirken mehrerer Förstergenerationen mit 51 Prozent wieder Laubholz, für  2040 sind 60 Prozent angepeilt. Inzwischen gehört der Wermsdorfer Wald dem Staatsbetrieb Sachsenforst.

Gesellschaftlich verbunden

Das Waldgebiet des Jahres muss neben einer guten forstwirtschaftlichen Bilanz auch wichtigen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Da wundert es nicht, dass sich Forstleute und Waldeigentümer des Wermsdorfer Waldes offenbar in besonderer Weise der Bildungs- und Erholungsfunktion ihres Forstes verpflichtet fühlen. So haben Öffentlichkeitsarbeit und Waldpädagogik einen hohen Stellenwert.

Bei über anderthalb Millionen Menschen im unmittelbaren Einzugsgebiet des Forstes pflegen die Forstmitarbeiter über die Medien den intensiven Kontakt zu interessierten Bürgern und Verbänden sowie zur Politik. In fast täglichen Pressemeldungen und auf jährlich rund 100 Veranstaltungen wird über Hintergründe und Anliegen der täglichen Arbeit im Wald sowie über Schnittstellen zur multifunktionalen Forstwirtschaft in der Region informiert. Das geschieht zum Beispiel bei geführten Wanderungen, Pflanzaktionen oder auf Messen rund um Wald und Forst. Fast 1.000 Schüler nehmen jährlich an den Waldjugendspielen im Wermsdorfer Wald teil.

Als Teil des Forstbezirks Leipzig hat der Wermsdorfer Wald Anteil an der Ausbildung von Waldarbeitern, beschäftigt junge Erwachsene im Freiwilligen Ökologischen Jahr und gibt akademischen Praktikanten Gelegenheit, erste Berufserfahrungen zu sammeln.

Aufräumen nach Friederike

Ausgerechnet im Jahr der Titelträgerschaft erwischte das Orkantief Friederike den Wermsdorfer Wald hart. Der Sturm, der am 18. Januar über Deutschland hinwegzog, warf hier rund 80.000 Festmeter Holz – weit über 100.000 Einzelbäume. An einem einzigen Nachmittag wurden Holzmassen zu Fall gebracht, die die Förster in den nächsten sechs bis acht Jahren gezielt ernten und umbauen wollten.

Vor allem die Kuppen sind im Wermsdorfer Wald nun ziemlich kahl, Würfe und Brüche mit Flächengrößen bis zu zwei Hektar bestimmen das Bild. Der Schwerpunkt der Schäden liegt im Nadelholz, aber auch Laubbäume und vor allem starke Buchen sind nicht nur einzeln, sondern auch bestandsweise geworfen worden.

Somit ändert der Wermsdorfer Wald sein Gesicht schneller als geplant und wird weiter in Richtung Laubmischwald entwickelt – der Waldumbau ist damit wichtiger als je zuvor.

Jörg Parsiegla 

Weitere Informationen: www.wald-des-jahres.de


 

Zu Nutz und Zier

Aus DER RABE RALF Dezember 2018 / Januar 2019, Seite 13

Die Besenheide, auch Heidekraut genannt, ist Blume des Jahres 2019

Blühende Besenheide in einem Sandheide-Biotop in Norddeutschland. (Foto: Christian Fischer, CC BY-SA 3.0 DE)

Sie blüht violett und mag vor allem sandige, magere Böden: Die Besenheide ist die Blume des Jahres 2019. Das hat die Loki-Schmidt-Stiftung im Oktober bekanntgegeben. Mit der Wahl möchte sich die Stiftung für den Erhalt der Heidelandschaften einsetzen. Deren Bestand ist in Europa seit 1850 um 80 Prozent zurückgegangen.

Kleine Klingelglöckchen

Die Besenheide kommt – wenn die Bodenverhältnisse stimmen – überall in Europa vor, hauptsächlich jedoch in Mittel- und Nordeuropa. Im Osten überwindet sie den Ural bis weit nach Westsibirien hinein. Besonders häufig ist sie in eiszeitlich geprägten Gebieten. Ihr Lebensraum sind vor allem Heiden, Moore, Dünen, lichte Wälder. Seit schottische Einwanderer die Pflanze im 19. Jahrhundert nach Kanada einführten, breitet sie sich auch in Nordamerika aus. Die Besenheide gilt als Säurezeiger, das heißt, sie zeigt saure Böden an.

Calluna vulgaris, so ihr lateinischer Name, ist ein verholzender und immergrüner Zwergstrauch, der langsam wächst und etwa 40 Jahre alt werden kann. Die Wuchshöhe beträgt 30 bis 100 Zentimeter, Letzteres setzt eine ungestörte Entwicklung über viele Jahre voraus. Der Name Besenheide entstand, weil aus den Zweigen früher Besen hergestellt wurden.

Heidekraut, wie die Besenheide vor allem in unserer Region auch genannt wird, blüht vom Spätsommer bis in den Herbst hinein. Die an Klingelglöckchen erinnernden Blüten sind mit einem Durchmesser von einem bis vier Millimeter winzig und stehen in einem dichten, traubenartigen Blütenstand zusammen. Die Blüten sind zwittrig und werden gern von Insekten, aber auch durch Wind bestäubt. Als Fruchtstand wird eine vielsamige Kapsel gebildet.

Heidehonig und Sommerheide

So klein die Blüten auch sind, besitzt das Heidekraut durch seinen Wert für die Imkerei durchaus volkswirtschaftliche Bedeutung. Sein Nektar enthält mit 24 Prozent überdurchschnittlich viel Zucker, hauptsächlich Saccharose, aber auch Fructose. Für den daraus gewonnenen Heidehonig ist eine geleeartige Beschaffenheit typisch. Diese auch Tixotropie genannte Eigenschaft beruht auf dem Gehalt an bestimmten Eiweißstoffen. Geschmacklich ist ein intensives, herbes Aroma sortentypisch.

Außerdem ist die Besenheide eine beliebte Zierpflanze, die als Erika oder Sommerheide in Hunderten von Sorten mit unterschiedlichen Blütezeiten und Färbungen angeboten wird. Heidekraut ist für Wildpflanzengärten ebenso zu empfehlen wie zur Begrünung sandiger Böschungen. Es trotzt jedem Wetter und bleibt daher über viele Jahre beständig.

Neben den bereits genannten umgangssprachlichen Namen für die Pflanze sollen Brauttreue (Altmark um Salzwedel), Krankrebbe (Österreich) und Tannenmyrthe (Berner Oberland) nicht unerwähnt bleiben. Auch dem englischen Wort heather für das Heidekraut ist die gemeinsame Wortherkunft anzuhören.

Jörg Parsiegla

Weitere Informationen: www.loki-schmidt-stiftung.de


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