Ökotourismus in Costa Rica

Aus DER RABE RALF August/September 2018, Seite 17

Eine Erfolgsgeschichte

Das kleine Costa Rica – mit 51.000 Quadratkilometern ist es etwas größer als Niedersachsen und hat fünf Millionen Einwohner – gehört weltweit zu den Pionieren des Ökotourismus. An einer der schmalsten Stellen Zentralamerikas gelegen, umgeben von zwei Ozeanen, bietet es eine große Vielfalt an Flora, Fauna und atemberaubenden Landschaften. Damit ist das Land eines der Hauptreiseziele für Naturliebhaber, die tropisches Klima mögen.

Gleichzeitig stellt Costa Rica dank seiner geografischen Lage, seiner klimatischen Besonderheiten und der Bemühungen, immer neue Naturschutzareale auszuweisen, eine Brücke der Artenvielfalt zwischen dem Norden und dem Süden des amerikanischen Kontinents dar.

Fünf Prozent der weltweiten Artenvielfalt

Auf nur 0,03 Prozent der Landfläche der Erde verfügt Costa Rica über rund fünf Prozent der Artenvielfalt des Planeten. Gut die Hälfte der Landesfläche ist von tropischen Wäldern bedeckt. Costa Rica ist zum Beispiel die Heimat von 52 Kolibriarten. Hier leben etwa zehn Prozent aller Schmetterlingsarten, geschätzte 20.000 Spinnenarten und eine Rekordzahl an Fledermausarten. Ähnlich vielfältig sieht es in der Pflanzenwelt mit ihren zwölf Vegetationszonen aus, stellvertretend seien die mehr als tausend Orchideenarten genannt. Damit ist das Land nicht nur für Artenforscher und andere Wissenschaftler interessant, es hat auch alles, was ein erfolgreicher Ökotourismus braucht. „Verpackt“ ist die Biodiversität nämlich in eine spektakuläre Landschaft, die neben dem Regenwald auch mit aktiven Vulkanen, alpinen Regionen und einer reichen Unterwasserwelt aufwarten kann.

Vulkankrater des Poás im gleichnamigen Nationalpark. (Foto: Peter Andersen CC-BY 2.5)

27 Prozent der Fläche Costa Ricas stehen unter Naturschutz, die knappe Hälfte davon nehmen die 26 Nationalparks ein. Daneben gibt es rund 140 weitere Schutzzonen wie Biologische Reservate und Naturschutzgebiete. Die Regierung tut viel, um diesen Schatz zu pflegen und zu bewahren. Schon seit Anfang der 1970er Jahre gibt es eine Nationalparkverwaltung, aus der 1994 die „Sistema Nacional de Áreas de Conservación“ (Sinac) als verantwortliche Schutzgebietsbehörde entstand.

Dreimal Weltnaturerbe

Drei Schutzgebiete des Landes gehören zum Unesco-Weltnaturerbe: die Nationalparks Isla del Coco und La Amistad sowie das Naturschutzgebiet Guanacaste an der Pazifiküste.

500 Kilometer vor der Küste liegt die unbewohnte, 52 Quadratkilometer große Isla del Coco (Kokos-Insel) im Pazifischen Ozean. Die seit 40 Jahren geschützte Insel hat den Ruf einer kleinen Arche Noah und darf nur mit besonderer Genehmigung betreten werden.

Der ein Jahr später geschaffene Nationalpark La Amistad (Freundschaft) ist mit fast 2.000 Quadratkilometern das größte Schutzgebiet des Landes. Er nimmt einen Großteil der von Regen- und Nebelwald geprägten Talamanca-Bergkette ein, die anders als viele Gebirge Costa Ricas nichtvulkanischen Ursprungs ist. Hier leben in hoher Dichte Quetzals, Jaguare, Pumas, Tapire, Harpieadler, Ozelots und viele andere gefährdete Tierarten. Die höchste Erhebung im Nationalpark ist der 3.549 Meter hohe Cerro Kamuk.

Das Naturschutzgebiet Guanacaste liegt in der gleichnamigen nordwestlichen Provinz und ist zusammen mit dem westlich angrenzenden Nationalpark Santa Rosa – 1971 als landesweit erster gegründet –, das größte Trockenwaldreservat Costa Ricas. Es dient unter anderem der Habitatvernetzung für Großsäuger. Provinz und Park sind nach dem Nationalbaum Guanacaste, einem Mimosengewächs, benannt.

Nationalbaum: Der Guanacaste. (Foto: Avancari CC-BY-SA 4.0)

Zu den drei Welterbeflächen gesellt sich ein weiteres Schutzgebiet von internationalem Rang: der Meeresnationalpark Las Baulas. Er ist das wichtigste Schutzgebiet für die Brut von Lederschildkröten an der amerikanischen Pazifikküste. Nur zur Eiablage suchen die vom Aussterben bedrohten Meerestiere den kilometerlangen Strand auf.

Demokratie und Fortschritt

Costa Ricas höchstes Gut ist die Natur, und der Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftszweig. Die Anfänge des Ökotourismus gehen auf das 1969 erlassene Waldschutzgesetz und die Gründung der ersten Nationalparks zurück. Zunächst fehlten den Parks noch finanzielle Mittel und Personal, um die Flächen wirksam vor Wilderern und Neusiedlern zu schützen. Der Aufbau eines breiten Netzwerks von lokalen Unternehmen, staatlichen und indigenen sowie internationalen Organisationen führte schließlich zum Erfolg des Ökotourismus.

Hinzu kommen günstige politische Voraussetzungen. Costa Rica ist seit den 1950er Jahren eine stabile Demokratie. Dank der Abschaffung der Armee 1948 konnte frühzeitig in sozialen Fortschritt, Gesundheit und Bildung investiert werden. Angesichts bewaffneter Konflikte in den Nachbarländern erklärte Costa Rica 1983 seine „dauerhafte und aktive unbewaffnete Neutralität“ und wird deshalb auch als die Schweiz Zentralamerikas bezeichnet. Das Land entwickelt sich zu einer der solidesten und fortschrittlichsten Volkswirtschaften in Lateinamerika, investiert stetig in den Umweltschutz und garantiert die bürgerlichen Freiheiten. Seinen Strombedarf gewinnt Costa Rica fast ausschließlich aus regenerativen Quellen.

Brüllaffe im Nordwesten Costa Ricas. (Foto: Simon Pierre Barrette CC-BY-SA 4.0)

Pura Vida: Schönes Leben

Der Nationalpark Manuel Antonio an der Pazifikküste, mit sieben Quadratkilometern der kleinste, und der Nebelwald von Monteverde entlang der Bergkette Cordillera de Tilarán gelten als Vorreiter für naturverträglichen Tourismus und nachhaltige Entwicklung. Reiseveranstalter haben früh auf die ökotouristische Grundausrichtung Costa Ricas reagiert und bieten ein ganzes Spektrum von Reisen in das mittelamerikanische Land an. Geboten wird eine Menge. Neben tropischem Dschungel mit durch die Wipfel tobenden, kreischenden Affenhorden und bunten Papageien sowie faszinierenden Vulkanlandschaften in den Cordilleren stehen geführte Kanutouren in die Mangrovenwälder und ebenso geführte Nachtexkursionen zu den Schildkrötenstränden in den Programmen der Veranstalter. Viele Gäste betätigen sich auch in Umweltschutzprojekten verschiedener Organisationen.

Dort, wo es nötig ist, sind die Outdoor-Aktivitäten auf eine bestimmte Teilnehmerzahl begrenzt. Die Hotels sind angehalten, nachhaltig zu wirtschaften und die Gäste in das ökologische Gesamtkonzept einzubeziehen. Für Hotelbetriebe gibt es das Nachhaltigkeitszertifikat CST. Rund zwei Millionen Touristen jährlich geben über zwei Milliarden Dollar für einen Besuch der Regenwälder und anderer ökologischer Ziele Costa Ricas aus.

Das Land zeichnet sich aber nicht nur durch überbordende Naturschönheit aus, sondern auch durch das Charisma und die Lebensfreude seiner Bewohner. Nach dem aktuellen „Happy Planet Index“ der britischen Denkfabrik New Economics Foundation gilt Costa Rica als das glücklichste, umweltfreundlichste und nachhaltigste Land des Planeten.

Daniela Masis Valverde

Die Autorin lebt in Costa Rica und arbeitete 2017/18 als Süd-Nord-Freiwillige von Brot für die Welt bei der Grünen Liga Berlin.


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