Aus DER RABE RALF Oktober/November 2017, Seite 8
Die Urban-Farming-Konferenz der Grünen Liga Berlin brachte Aktive aus aller Welt zusammen.
Exkursion in den Mörchenpark (Foto: Sebastian Hennings/GRÜNE LIGA Berlin)
Mehr als 200 Teilnehmende aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft aus 30 Ländern kamen am 11. und 12. September auf Einladung der Grünen Liga in den Räumlichkeiten der Heinrich Böll Stiftung in Berlin zur International Urban-Farming-Konferenz zusammen. Urbane Landwirtschaft, städtisches Gärtnern, urbane Agrikultur, „Essbare Städte“ lauten die Begriffe für eine Entwicklung, die so vielfältig ist wie die Aktivtäten selbst.
„Versuchen Sie gar nicht erst eine eindeutige Definition zu finden“, riet Marielle Dubbeling, Chefin des niederländischen „Resource Center on Urban Agriculture“, in ihrem Leitvortrag. Sie zeigte die historische Entwicklung und die unterschiedlichen Funktionen städtischer Landwirtschaft auf und machte dabei das enorme Potenzial sichtbar, das urbanes Ackern und Gärtnern für eine nachhaltigere Stadtentwicklung hat.
Rapper El AKA aus Kolumbien
Lichtenberg kooperiert mit KaMubukwana (Foto: Sebastian Hennings/GRÜNE LIGA Berlin)
Von Klimaanpassung über Stadtplanung, Ernährungssouveränität und Frauen-Empowerment bis hin zu Bildung und Konfliktbewältigung zeigte die Konferenz die Bandbreite der Möglichkeiten. Sie bot den Aktiven und Kommunen die Gelegenheit, sich zu vernetzen und unterschiedliche Vorgehensweisen und Lösungsansätze zu diskutieren. Durch die vielen Praxisbeispiele aus den vertretenen Ländern wurden in den Gruppendiskussionen und Workshops das Thema und seine Vielfalt anschaulich und greifbar. Vorgestellt wurden zum Beispiel ein Abfallmanagement-Projekt aus Addis Abeba, das internationale Netzwerk „15th Garden“ aus Syrien und dem Libanon, der „Friendship Garden“ an der Grenze zwischen Mexiko und den USA und die „Essbare Stadt“ Andernach.
Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global beteiligte sich als Kooperationspartner an der Konferenz. Bei einem von SKEW gestalteten Workshop standen der Austausch und die Vernetzung von Urban-Gardening-Projekten aus dem globalen Norden und dem globalen Süden im Mittelpunkt. Präsentiert wurden Projekte aus den kommunalen Partnerschaften des Berliner Bezirks Lichtenberg mit dem Bezirk KaMubukwana der mosambikanischen Hauptstadt Maputo sowie der Städte Hannover und Blantyre (Malawi).
„Fishbowl“-Diskussion: Wie lässt sich Urban Farming fördern? (Foto: Sebastian Hennings/GRÜNE LIGA Berlin)
Berlin wird „Essbare Stadt“
Im Plenum betonte der Berliner Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow die Bedeutung der urbanen Landwirtschaft für die Stadt Berlin, die hier bereits sehr aktiv sei, aber sicherlich noch viel von anderen Städten lernen könne. In der Koalitionsvereinbarung zur laufenden Legislaturperiode sei das Thema jedenfalls verankert. Geplant sei nun die Ausarbeitung eines gesamtstädtischen Konzepts für urbane und interkulturelle Gärten: Berlin soll zur „Essbaren Stadt“ werden.
Die vielfältigen Projekte in Berlin konnten die Teilnehmenden bei mehreren Exkursionen auch aus der Nähe kennenlernen. Besucht wurden unter anderem das Allmende-Kontor auf dem Tempelhofer Feld und der Internationalen Gartenausstellung (IGA) mit dem IGA-Campus, dem Weltacker sowie einer Roof-Water-Farm.
Den Abschluss der zweitägigen Konferenz bildete eine sogenannte Fishbowl-Diskussion, bei der alle Teilnehmenden die Gelegenheit hatten, ihre Erkenntnisse und Erfahrungen im großen Plenum einzubringen. Marco José de Abreu aus Florianopolis in Brasilien plädierte dafür, urbane Landwirtschaft als Teil der städtischen Entwicklung zu begreifen und stärker in der Stadtplanung zu berücksichtigen. Ahmed Sourani aus Gaza zog als Bilanz: „Nationale und internationale Vernetzung zu Urban Farming ist entscheidend, um dem Thema mehr Bedeutung zu verleihen.“