Aus DER RABE RALF Ausg. April/Mai 2014, Seite 22
Flugrouten müssen zukünftig auf Umweltverträglichkeit geprüft werden
Die Rechtsanwaltskanzlei Baumann richtete im Auftrag der GRÜNEN LIGA Berlin, des NABU und des Bürgervereins Friedrichshagen am 16. März 2012 eine EU-Beschwerde an die Europäische Kommission. Darin wurde beanstandet, dass es gegen geltendes europäisches Recht verstößt, die Flugrouten für den Flughafen Berlin-Brandenburg ohne vorherige Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sowie einer FFH-Verträglichkeitsprüfung für die nun neu überflogenen Natura-2000-Schutzgebiete festzusetzen.
Das Bundesverkehrsministerium stellte im März 2014 eine Gesetzesänderung in Aussicht, nach der Flugrouten künftig Teil der Planfeststellungsverfahren werden sollen. Damit müssen zukünftig geplante Flugrouten grundsätzlich einer verpflichtenden Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden, die auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit mit einschließt. Dies ist der erfolgreiche Höhepunkt einer durch die Verbände angestoßenen Debatte.
Problematik der Flughafenplanung
Bislang fehlte im deutschen Flugrecht eine konkrete Regelung zur Beachtung von Umwelt- und Naturschutzaspekten bei den tatsächlich festgelegten Flugrouten. Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Planung und Erweiterung neuer Flughäfen – siehe BER – bezogen sich bisher auf prognostizierte Flugrouten. Diese wurden später oftmals erheblich geändert, hier gab es bisher weder ein neues Planfeststellungsverfahren, noch eine Beteiligung der Öffentlichkeit. Das ist rechtlich bedenklich und führt auch zu großem Unverständnis der betroffenen Bürger.
Sicht der EU-Kommission
Die EU-Kommission bescheinigte in ihrer Stellungnahme, dass es hier tatsächlich Defizite bei der Umsetzung von EU-Recht gibt. Die deutsche Rechtslage verstößt konkret gegen die europäische UVP-Richtlinie 2011/92/ EU, sowie gegen die FFH-Richtlinie, weshalb die Kommission im Mai 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland bezüglich des deutschen Luftverkehrsrechts einleitete. Deutschland wurde angehalten, in angemessener Zeit seine Gesetzgebung anzupassen, um zukünftig sicherzustellen, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für einen Flughafen eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die von Flugrouten betroffenen Gebiete durchgeführt wird. Aufgrund der Brisanz der Problematik beschäftigte sich nun auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), der die Bundesregierung seit über 40 Jahren in Fragen der Umweltpolitik berät, mit dem Thema. Das siebenköpfige Beratungsgremium übergab am 26. März 2014 ein von ihm erstelltes Sondergutachten an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
Hierin stellt der Sachverständigenrat „erhebliche Defizite“ bei der Bürgerbeteiligung und der verbindlichen Prüfung von Umweltfolgen in den Planungs und Genehmigungsverfahren fest und mahnt stärkere Beteiligungsrechte für die Betroffenen an. Sachverständigenrat rät zu UVP-Pflicht Die Umwelt-Sachverständigen schlagen vor, dass es sowohl für den Bau, als auch für die Flugroutenfestlegung eine UVP-Pflicht mit Beteiligung der Öffentlichkeit geben soll. Wesentliche Änderungen der Flugroutenplanung sollen immer UVP-pflichtig sein. Damit müsste das Umweltbundesamt künftig geplanten Flugrouten zustimmen. Ferner gehen die Sachverständigen in ihrem Gutachten auf weitere kritische Punkte ein: Sie fordern unter anderem eine Minimierung der Lärmbelästigung (Nachtflugverbot), die strikte Begrenzung sogenannter Einzelfreigaben (von der Flugsicherung genehmigtes Abweichen von den offiziell festgelegten Flugrouten) und mehr Bürgerbeteiligung.
Für den Umwelt- und Naturschutz ist die von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Gesetzesänderung ein großer Erfolg. Naturschutzgebiete würden künftig von An- und Abflügen verschont, sollte der Entwurf zum Gesetz werden.
Yvonne Schulz
GRÜNE LIGA Berlin
Weitere Informationen:
Friedrichshagener Bürgerinitiative: fbi.berlin@googlemail.com
www.fbi-berlin.org
Sachverständigenrat für Umweltfragen: www.umweltrat.de