Standortsicherung auf alternativ / Neues vom fairen und „fairen“ Handel

Aus DER RABE RALF Oktober 1996

Seit dem vergangenen Monat ist hektische Bewegung in die Berliner Fair-Trade-Landschaft gekommen. Die gepa Berlin-Brandenburg will, wie schon erwähnt, das große Warenlager für Produkte aus dem fairen Handel nicht allein halten. Wie Uwe Prüfer, Gruppenberater der „Aktion 3. Welt Handel“ (A3WH) für Brandenburg und Berlin, mitteilte, wird das ehemalige gepa-Lager in Karlshorst jetzt gemeinsam von El Puente, der gepa und dem „Freundeskreis Chotanagpur“ betrieben. Am 1. Oktober wurde gemeinsame „Fair Trade Center“ eröffnet. Von den ehemals 4 gepa-MitarbeiterInnen wird nur einer weiterarbeiten. Welche Gemeinsamkeiten es tatsächlich geben wird, muß die Zukunft zeigen. Positiv ist jedenfalls, daß sich die drei Importeure von fair gehandelten Waren zusammengeschlossen haben, um den „Standort Berlin“ zu halten.

Auch in Sachsen bleibt vorläufig ein Regionallager der gepa bestehen. Die Schließung der Regionalstelle in Dresden wurde zunächst bis April 1997 ausgesetzt, dann sollen die sächsischen und thüringischen Gruppen mit einem tragfähigen Konzept das Lager selbst übernehmen oder die Regionalstelle gänzlich schließen.

Ein paar Jahre vorher…

…gab es Bestrebungen verschiedener Berliner Weltläden, zusammen mit den alternativen Importfirmen (El Puente, gepa) und dem Berliner MITKA-Mitglied Ökotopia (die u.a. den legendären Sandino-Kaffee aus Nicaragua importiert und vertreibt) eine Genossenschaft zu gründen, die ein gemeinsam getragenes Warenlager führen sollte. Die monatelange Vorbereitung war damals letztlich umsonst, da die gepa hinter dem Rücken der anderen Beteiligten den Aufbau eines eigenen Lagers betrieb, was dann auch in Caputh bei Potsdam eröffnet, später nach Berlin-Karlshorst verlegt wurde. Jetzt, in wirtschaftlicher Bedrängnis, reaktivierte die gepa auf Druck der Ladengruppen eben dieses „Berliner Modell“ – für Dresden. Das Berliner Gemeinschaftslager wird vorrangig ohne die Beteiligung der entwicklungspolitischen Gruppen errichtet, wohl auch, weil die Berliner Gruppen selbst kaum Kapazitäten für ein solches Großprojekt haben. Außerdem müssen sich in Berlin die Gruppen dem harten Konkurrenzkampf mit Trittbrettfahrern des ”Fairen Handels” stellen, wie z.B. der m4-Kette und kleineren Privatläden, die ganz einfach professioneller arbeiten als die Vereinsläden der entwicklungspolitischen Gruppen, die überwiegend ehrenamtlich arbeiten.

Blockadebrecher

Die zweitgrößte alternative Importfirma im Bereich des „Fairen Handels“ mit der Dritten Welt, die El Puente GmbH Hildesheim, bietet jetzt eine Erweiterung des „Blockadebrecher-Programms“ an. Im Rahmen dieses Programms ist Kuba, das durch die Blockadepolitik der USA wirtschaftlich zu Boden gedrückt wurde, bisher durch den Verkauf des ”Cubita”-Kaffees in den Weltläden unterstützt worden. Neben der bekannten Sorte gibt es jetzt auch eine neue, stärkere Röstung. „Cubita“ ist sortenreiner Hochland-Arabica aus der Sierra Maestra. Außerdem ist dieser Kaffee einer der ersten fertig produzierten Filterkaffees – keine in Deutschland gemixte Auslese einer „gekrönten“ Ausbeutung im Erzeugerland. Das bedeutet für Kuba eine größere Unabhängigkeit gegenüber den Preisschwankungen auf dem Weltmarkt, eine höhere Wertschöpfung, erhöhte Deviseneinnahmen und somit auch die Sicherung von Arbeitsplätzen. Neue ”Blockadebrecher” sind Orangen- und Grapefruitsaft, Pfefferminzbonbons und ”Rum liberacion” – demnächst im Weltladen…

Auswüchse des alternativen Handels

Im neuen Gemeinschaftskatalog der Versandfirmen Team und Sancho Pansa fand ich folgendes Angebot:

”Original Straußenei – Selbstverständlich finden keine Eier von freilebenden Tieren Verwendung! Es handelt sich ausschließlich um Farmeier aus Botswana. Wir liefern das Straußenei incl. Ringständer aus Elefantengras, bruchsicher verpackt im Karton. Durchmesser ca. 12 cm […] 58,00 DM”

Das ist kein verspäteter Aprilscherz. Von solch sonderbaren ”fairen” Produkten hatte ich bis dato noch nichts gehört und bat sofort um genauere Informationen zu diesem außergewöhnlichen Projekt. Auf die Beantwortung der Fragen oder wenigstens auf Produktfaltblätter zu diesem Produkt und dem Projekt in Botswana warte ich allerdings noch heute. Leider weiß ich zu wenig über Strauße. Vielleicht kann mich eine Leserin oder ein Leser aufklären, was so toll daran sein könnte, Farmer mit derartigen Projektideen zu unterstützen.

Außerdem werden in dem neuen Katalog auch Waren zur Unterstützung der Kinderhilfsorganisation ”terre des hommes” und Begegnungsreisen nach Bolivien/Peru (22 Tage ab 4.980 DM) sowie eine Projekt- und Kulturrundreise nach Kerala/Südindien (21 Tage ab 3.800 DM) angeboten.

Stefan Schrom

 

„Blauer Engel“ für fairen Handel

Umweltbundesamt will Alternativhandel fördern

Produkte aus Entwicklungsländern, bei deren Herstellung die Umwelt geschont und grundlegende soziale Standards eingehalten werden, sollen stärker gefördert werden. Auf dieses Ziel haben sich 17 Vertreter aus Dritte-Welt-Initiativen, Wissenschaft, Behörden, Entwicklungshilfe, Kirchen sowie Umwelt- und Verbraucherorganisationen verständigt. Sie betonen, daß eine Stärkung der Produkte aus Entwicklungsländern ein wichtiger Baustein einer nachhaltigen Entwicklung ist. Derzeit ist der Marktanteil dieser Produkte in Deutschland noch sehr gering. Die beteiligten Institutionen begrüßten ausdrücklich die Bereitschaft der „Jury Umweltzeichen“, Produkte aus Entwicklungsländern bei der Vergabe des ”Blauen Engels” zu berücksichtigen. Derzeit werden hierfür besonders Produkte aus Rattan und Jute geprüft. Wichtig ist, daß bei den Initiativen zu mehr Umweltschutz, zum Beispiel durch die Einführung umweltschonender Anbaumethoden, immer auch soziale Anforderungen einbezogen werden, wie das Verbot von Kinderarbeit oder die Einhaltung von Vorschriften zum Arbeitsschutz. Ebenso soll bei Initiativen, die soziale Fragen zum Gegenstand haben, immer auch beachtet werden, welche Umweltwirkungen sich hieraus ergeben.

UBA

 

Mate

Anregender Tee aus Brasilien

Mate (Ilex paraquajensis) ist ursprünglich eine Waldpflanze und gehört zu den Stechpalmen. Die im Naturwuchs bis zu fünf Meter hohen Büsche werden im südlichen Brasilien erst seit einigen Jahren in Pflanzungen kultiviert, davor wurde Mate wild gesammelt. In Deutschland wird Mate-Tee bislang in Reformhäusern und Weltläden gehandelt. Mate ist hungerstillend – zur Unterstützung bei Abmagerungskuren. Neben Vitamin C, Gerbstoffen und Spurenelementen enthält Mate auch beträchtliche Mengen Koffein, welches sich allmählich von den Gerbstoffen freisetzt und eine längere, anregendere Wirkung erzielt als Kaffee, ohne einen ”Koffeinflash” zu verursachen.

SEM TERRA

…ist eine Landbesetzungsbewegung brasilianischer LandarbeiterInnen, die nicht auf irgendwelche versprochenen Landreformen warten wollen. Diese Initiative landloser Menschen ist seit Jahren eine der weltweit größten sozialen Bewegungen. Der Matetee ERVA von SEM TERRA, kontrolliert biologisch angebaut, wird vorrangig in Weltläden vertrieben. Der Erlös des Verkaufs unterstützt die politische Arbeit der LandbesetzerInnen von SEM TERRA.

Zubereitung

Matetee ist eines der traditionellen Getränke Lateinamerikas, wobei jedes Land seine spezielle Zubereitungsart hat. In Brasilien wird eine ausgehöhlte Kalebasse zu zwei Dritteln mit Mate gefüllt, dann mit heißem Wasser aufgegossen und meist noch mit Zucker versüßt. Zum Trinken wird ein Metallrohr verwendet, die sogenannte Bombilla. Ist der Tee alle, wird einfach wieder heißes Wasser aufgegossen.

Steffi Stefan


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