Finanzierungsmodelle für gemeinschaftliches Wohneigentum

Aus DER RABE RALF Juni 1999

Die wichtigste Frage beim Erwerb einer Immobilie ist und bleibt die Frage der Finanzierung. Wir wußten: allein der von uns beabsichtigte Kauf des Gutshauses in der Uckermark würde rund 350.000 DM netto kosten, zuzüglich aller Nebenkosten. Bei einer gleichberechtigten Aufteilung des Kaufpreises unter den fünf beteiligten Familien würde das bedeuten, daß jede dafür 70.000 DM aufbringen müßte. Die allernötigsten Sanierungsmaßnahmen umfaßten jedoch zusätzlich eine geschätzte Summe von 500.000 DM.

Das gesamte Sparguthaben aller Familien betrug aber nur 60.000 DM.

Also haben wir uns nach den verschiedensten Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten erkundigt. Wir wollten herausfinden, welche Möglichkeiten und Chancen wir hätten, um eine staatliche Unterstützung für den Kauf und die Sanierung des Gutshauses zu erhalten. Wir hatten Informationsgespräche bei einer normalen Bank, bei einer Immobilien- und Finanzberatung und bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg und kamen zu folgenden Ergebnissen:

Grundsätzlich gibt es für die Finanzierung einer Immobilie folgende Möglichkeiten:

  1. die freie Finanzierung über Banken und Sparkassen zu einem relativ hohen Zinssatz von 8-11% Zinsen für einen Kredit,
  2. die Finanzierung über eine Lebensversicherung,
  3. die Finanzierung durch einen Bausparvertrag,
  4. die staatliche Finanzierung durch die Landesinvestitionsbank Brandenburg (ILB) unter der Erfüllung bestimmter Finanzierungsvoraussetzungen.

Bei dieser staatlichen Finanzierung gibt es verschiedene Arten von Darlehen, mit denen neues Wohneigentum gefördert werden kann:

  • ein Baudarlehen, das die Baukosten mitfinanziert,
  • ein Familienzusatzdarlehen (gilt für den 1. Förderweg),
  • ein Zusatzdarlehen für Familien (gilt für den 3. Förderweg Teil A),
  • ein Aufwendungsdarlehen zur Minderung der Zinsbelastungen und anderer Kosten aus Darlehen anderer Banken, die nur für den 3. Förderweg gelten,
  • ein Eigenkapitalersatzdarlehen für kinderreiche Familien. Diese können das Darlehen banspruchen, wenn sie vor dem 03.10.1990 ihren ständigen Wohnsitz in den neuen Bundesländern hatten und ihr Einkommen die Grenze des §25 II. Wohnungsbaugesetz (WoBauG) um mindestens 10% unterschreitet (Richtlinie A IV),
  • ein Zusatzdarlehen für Familien mit schwerbehinderten Angehörigen.

An der Deckung der Gesamtkosten haben sich die BauherrInnen in angemessener Höhe in Form von Eigenleistungen zu beteiligen. Die Höhe dieser Eigenleistungen soll mindestens 15%, bei kinderreichen und jungen Ehepaaren mindestens 10% der Höhe der Gesamtkosten betragen. Sie sind in Form von Geldmitteln oder Grundstücken zu erbringen.

  • Im Rahmen einer organisierten Gruppenselbsthilfe kann man eine Förderung erhalten, wenn die Gruppe aus mindestens zehn BauherrInnen besteht, ein schlüssiges Konzept vorweist und sich zu wenigstens 15% Selbsthilfe verpflichtet. Dabei muß jedoch wenigstens eine BauherrIn die Fördervoraussetzungen für den 1. oder 3. Förderweg erfüllen.1

Die Wohnungsbauförderung durch die Landesinvestitionsbanken unterscheidet zwischen dem 1. Förderweg (öffentlich geförderter Wohnungsbau) und dem 3. Förderweg (vereinbarte Förderung). Für diese Förderwege gelten folgende allgemeine Voraussetzungen, auf die weiter unten noch näher eingegangen wird:

  • Die Vergabe der Fördermittel erfolgt nach der sozialen Dringlichkeit des Einzelfalles.
  • Auf die Bewilligung staatlicher Mittel besteht kein Rechtsanspruch.
  • Es sind Einkommensgrenzen wie auch Wohnflächengrenzen einzuhalten.
  • Es ist ein bestimmter Prozentsatz an Eigenkapital aufzubringen.
  • Die Förderung erfolgt über die Bundesländer. Von Bundesland zu Bundesland gelten unterschiedliche Fördermethoden.2

Dazu sind Richtlinien zur Förderung des Neubaus sowie des Aus- und Umbaus von selbstgenutztem Wohneigentum herausgegeben worden. Diese legen fest, wer, wie, was und in welchem Umfang gefördert werden kann.

Durch einen Zuwendungszweck wird bestimmt, daß für möglichst viele Familien mit geringem und mittlerem Einkommen, insbesondere kinderreiche Familien, junge Ehepaare mit Kindern, alleinerziehende Elternteile und Familien mit schwerbehinderten Angehörigen die Bildung von selbstgenutztem Wohnraum ermöglicht werden soll. Die Fördermittel sind so zu bemessen, daß für den Eigentümer eine zumutbare Eigenbelastung (Mindestbelastung) nach seinen Einkommensverhältnissen errechnet wird.2

In den Zuwendungsbestimmungen wird festgelegt, wieviel Wohnfläche den verschiedenen Familiengrößen zusteht. Diese förderfähige Wohnfläche liegt für zwei Personen bei 70 m²; für jede weitere Person kommen 10 m² dazu.2

Die Bewilligungsstelle der ILB entscheidet dann „aufgrund pflichtgemäßen Ermessens“ im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Diese verfügbaren Haushaltsmittel können bei der knappen Haushaltslage schon im März aufgebraucht sein. Eine Förderung wäre dann erst wieder im nächsten Haushaltsjahr möglich2.

Für unsere Gruppe kamen die ersten drei Möglichkeiten der Finanzierung wegen der zu hohen Zinsen und der zu langen Laufzeiten nicht in Frage. Da wir Wohnraum direkt für unsere Familien schaffen wollten, bot sich die staatliche Förderung durch den 1. und 3. Förderweg an. Aus diesem Grund gehen die folgenden Abschnitte auf diese Förderungsarten genauer ein. Am Beispiel der einzelnen Familien wird genau dargestellt, wie sich eine staatliche Förderung gestalten würde.

Öffentlich geförderter Wohnungsbau

Im öffentlich geförderten Wohnungsbau, von der Landesinvestitionsbank der

  1. Förderweg genannt, gibt es eine Grundförderung beim Neubau und Ersterwerb von Eigenheimen. Sie wird gewährt durch ein Baudarlehen von bis zu 1.800 DM/m² förderungsfähiger Wohnfläche. Für Aus- und Umbau beträgt das Darlehen

600 DM/m² förderungsfähiger Wohnfläche. In einem Zeitraum von 10 Jahren ist das Darlehen zinslos und wird danach mit bis zu 8% verzinst.

Zusätzlich zur Grundförderung gibt es auf Antrag ein Familienzusatzdarlehen nach §45 II. WoBauG. Dies gilt für Familien, die die Einkommensgrenze des

  • 25 II. WoBauG nicht überschreiten und mit dem Baudarlehen aus nichtöffentlichen Mitteln gefördert werden. Das Darlehen beträgt bei BauherrInnen mit einem Kind 2.000 DM, mit zwei Kindern 4.000 DM, mit drei Kindern 7.000 DM; für jedes weitere Kind kommen 5.000 DM dazu.

Die Verzinsung und Tilgung des Familienzusatzdarlehens entspricht den Konditionen des öffentlichen Baudarlehens. In der Regel wird es zinslos gewährt und ist während der ersten 15 Jahre mit 1%, in den danach folgenden Jahren mit höchstens 3% zu tilgen. Die monatliche Mindestbelastung beträgt 9 DM/m² förderungsfähiger Wohnfläche.2

Aus den Richtlinien der ILB konnten wir entnehmen, daß für unser Projekt folgende Personen für den 1. Förderweg förderungsberechtigt sind:

‑ kinderreiche Familien mit mindestens drei minderjährigen Kindern;

‑ alleinerziehende Elternteile mit mindestens zwei minderjährigen Kindern;

‑ Familien mit schwerbehinderten Angehörigen.

‑ Das Gesamteinkommen im Sinne der §§25ff II. WoBauG darf bei einem Zwei-Personen-Haushalt 33.400 DM nicht überschreiten; für jeden weiteren zur Familie rechnenden Angehörigen kommen jeweils 8.000 DM hinzu.2

Wird das Nettoeinkommen der Familie überschritten, so rutscht diese automatisch in die Förderung des 3. Förderweges. Förderungswürdig wäre demnach aus unserer Gruppe nur Familie E. mit ihren vier minderjährigen Kindern (siehe Teil 4, März 99)*.

Vereinbarte Förderung

Mit dem Instrument der „vereinbarten Förderung“, von der ILB auch 3. Förderweg genannt, können nach §88 II. WoBauG die Förderbestimmungen für den sozialen Wohnungsbau flexibel und individuell gestaltet werden. Anstelle der starren gesetzlichen Bindungen können jetzt alle möglichen Bindungen vereinbart werden. Die Förderung erfolgt in der Regel durch Aufwendungsdarlehen oder Baudarlehen oder in Kombination mit Bauzuschüssen. Es werden auch Zusatzdarlehen und Bauzuschüsse für kinderreiche Familien gewährt. Hier entfällt die in den übrigen Förderwegen vorgeschriebene Einhaltung bestimmter Wohnflächengrenzen.

Während sich Teil A des 3. Förderweges noch an den 1. Förderweg angleicht, unterscheiden sich Teil B-D vom 1. Förderweg durch die starke Verringerung der Förderungssumme bei gleichzeitiger Anhebung der Einkommensgrenze.

Haushalte, deren Einkommen die Einkommensgrenze des §25 II. WoBauG einhalten und nicht im 1. Förderweg gefördert werden können, werden im Teil A mit einem Baudarlehen für Neubau und Ersterwerb von 1000 DM/m² und bei Aus- und Umbau mit 400 DM/m² förderungsfähiger Wohnfläche sowie einem ergänzenden Aufwendungsdarlehen gefördert 2.

Förderungsberechtigt für den 3. Förderweg sind Familien mit mindestens zwei Personen, darunter mindestens ein minderjähriges Kind oder ein schwerbehinderter Angehöriger, und Ehepaare, die eine festgesetzte Einkommensgrenze nicht überschreiten. Das Zusatzdarlehen für Familien kann nur bei Neubau und Ersterwerb beantragt werden.

Für kinderreiche Familien kann auf Antrag ein Eigenkapitalersatzdarlehen von 10.000 DM, welches sich für das vierte und jedes weitere Kind um 2.000 DM erhöht, gewährt werden. Dazu zählen kinderreiche Familien mit ständigem Wohnsitz vor dem 3.10.90 in den neuen Bundesländern, die nachweislich über geringe Eigenleistungen verfügen und die Einkommensgrenze des §25 II. WoBauG um mindesten 10% unterschreiten.

Das Darlehen wird für einen Zeitraum von zehn Jahren zinslos gewährt und ist in diesem Zeitraum mit 2% zu tilgen. Danach wird es mit bis zu 8% verzinst.2

Im Falle unserer Gruppe können im 3. Förderweg die Familie G. und die Familie S. gefördert werden. Sie fallen wegen des zu hohen Familiengesamteinkommens aus dem 1. Förderweg heraus. Familie H. lebt in eheähnlicher Lebensgemeinschaft, hat zwar ein geringes Einkommen, zählt aber nicht zu den kinderreichen Familien und kann aus diesem Grunde nur durch den 3. Förderweg gefördert werden.

Probleme beim Immobilienerwerb durch Gemeinschaften

Wie ich bei allen Finanzierungsgesprächen feststellen konnte: als unorganisierte Gruppe von eheähnlichen Lebensgemeinschaften mit geringen finanziellen Mitteln, war es nicht möglich, eine Immobilie zu erwerben. Welche Gründe hatte das?

Um die Kreditwürdigkeit zu erlangen, wird von den Banken in der Regel eine anerkannte Rechtsform oder ausreichendes Eigenkapital verlangt. Besonders bei eheähnlichen Lebensgemeinschaften wird sehr genau kontrolliert, wie weit die Kreditwürdigkeit reicht. Es wird gefragt, wie viele Kinder zu versorgen sind und wie der Lebensunterhalt verdient wird. Kreditwürdig sind eheähnliche Lebensgemeinschaften erst, wenn sie ein ausreichendes regelmäßiges Einkommen oder Eigentum (z.B. Geldmittel) nachweisen können.

Am Beispiel unserer Gruppe konnte ich folgendes feststellen: Eine Finanzierung der Gruppe ohne Rechtsform war nicht möglich. Es konnte in diesem Fall nur eine Finanzierung jeder einzelnen Familie vorgenommen werden. Eheähnliche Lebensgemeinschaften ohne Kinder haben dabei keinen Anspruch auf eine Förderung. Für sie wäre dann nur eine freie Finanzierung über Banken oder Lebensversicherungen – mit hohen Zinsen – möglich. Eine Förderung der Finanzierung für Neubau/Ersterwerb traf für uns nicht zu, weil unter Ersterwerb der Erwerb einer neuen Immobilie gemeint ist.

Da es sich in unserem Fall nur um eine Finanzierung für Aus- und Umbau handelte, konnten wir die geforderte Summe von 350.000 DM nicht aufbringen. Die Förderung für Aus- und Umbau betrug in unserem Fall nur 172.000 DM und war an diese Arbeiten gebunden. Für die nötigsten Sanierungsmaßnahmen würden jedoch noch einmal 500.000 DM benötigt werden. Um diese Fördergelder beantragen zu können, mußte zuerst das Gutshaus unser Eigentum sein. Das heißt, wir hätten zuerst die Summe von 350.000 DM aufbringen müssen, um die Förderung überhaupt beantragen zu können.

Somit war die Förderung für Aus- und Umbau erst der zweite Schritt. Das bedeutete, entweder eine freie Finanzierung zu wählen – was für uns finanziell nicht möglich war – oder eine Rechtsform zu finden, mit der sich eine gerechte und tragbare Finanzierung durchführen ließ.

Inger Elsner

Literatur:

1 Förderung von Wohneigentum, Investitionsbank des Landes Brandenburg, 6/96

2 Kundeninformation, 6/96, Investitionsbank des Landes Brandenburg, 1996

Aus:” Grenzen und Möglichkeiten von modernen Lebensgemeinschaften als zeitgemäßer Ansatz im sozialen Bereich, dargestellt am Beispiel einer konkreten Utopie Leben, Wohnen und Arbeiten in einer dörflichen Gemeinschaft im Land Brandenburg”, Diplomarbeit, Fhss Berlin, 1997.


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