Teslas Gigafactory – ein Zwischenbericht

Aus DER RABE RALF Februar/März 2021, Seite 14

Waldrodungen für eine Autofabrik mit ungeklärten Wasser- und Verkehrsproblemen

Vor den Toren Berlins entsteht eine riesige neue Autofabrik. (Foto: Screenshot/​Tesla Kid/​Youtube)

Als das Unternehmen Tesla am 12. November 2019 den Bau einer „Gigafactory“ für Elektroautos in Grünheide bei Erkner mit insgesamt 12.000 Arbeitsplätzen ankündigte, sorgte das vor allem in Brandenburg, aber auch in ganz Deutschland für gemischte Reaktionen. Auf der einen Seite gab es natürlich diejenigen, die sich von der Fabrik einen finanziellen Vorteil erhofften, sprich Zulieferer von Material, Hersteller der Maschinen, Transportunternehmen, denen ebenso wie der Landes- und Lokalpolitik der Bau einer solchen Fabrik sehr gelegen kam, auf der anderen Seite aber auch genügend Menschen, die das Vorhaben mit großer Sorge betrachten.

Besonders besorgniserregend ist der unglaublich hohe Wasserverbrauch, den die Fabrik voraussichtlich haben wird. So ist von einem Verbrauch von 1,45 Millionen Kubikmetern Wasser und einer Produktion von 0,95 Millionen Kubikmetern Schmutzwasser pro Jahr die Rede. Das entspricht dem Verbrauch einer Stadt mit mehr als 30.000 Einwohnern. Zumindest ist das die Menge, der der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner zugestimmt hat, wenn Tesla die nötigen Anschlüsse für das Wasser schafft und die Schadstoffgrenzwerte einhält.

Doch was ist seit Teslas Ankündigung eigentlich alles passiert?

Fragen und Einwendungen

Den Anfang eines jeden Bauprojekts bildet das Genehmigungsverfahren. Im Fall der Gigafactory musste der zum Verfahren gehörende Antrag allerdings grundlegend überarbeitet werden, da er aufgrund des ehrgeizigen Zeitplans von Tesla gravierende Fehler enthielt. Das führte dazu, dass wichtige Aspekte wie die Bodenbeschaffenheit und die Wasserversorgung in der Planung nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Nach der öffentlichen Auslegung des überarbeiteten Antrags in über 20 Aktenordnern verfassten sowohl Anwohner als auch verschiedene Umweltverbände über 400 sogenannte Einwendungen mit Vorschlägen, allgemeinen Kommentaren und Kritik. Eine öffentliche Diskussion dieser Einwände war bereits für die erste Version des Genehmigungsantrags geplant, musste aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden.

Der Erörterungstermin fand schließlich im September in der Stadthalle in Erkner statt und dauerte insgesamt acht Tage. Teilgenommen haben mehr als 100 Verfasser von Einwendungen sowie Vertreter von Tesla und der zuständigen Genehmigungsbehörden. In der Debatte wurde vor allem kritisiert, dass Tesla auf gestellte Fragen nicht fachgerecht antwortete und sie teilweise sogar völlig überging. Aber auch das Tempo, in dem Pläne geändert würden, stand in der Kritik, da eine fundierte Beurteilung des Vorhabens so nicht möglich sei. Schließlich forderten einige Teilnehmer eine erneute öffentliche Auslage der Genehmigungsunterlagen. Das dafür zuständige Landesumweltamt sagte lediglich zu, die Anträge des Erörterungstermins zu prüfen und im anschließenden Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen.

Genehmigungen und Rodungen

Bis jetzt liegt für den Bau der Fabrik noch kein endgültiger Genehmigungsbescheid vor. Dennoch hat sich Tesla dafür entschieden, im Rahmen von sogenannten „vorzeitigen Maßnahmen“ nicht nur 90 Hektar Wald zu roden, sondern auch schon Produktionshallen zu errichten. Falls die Genehmigung nicht erteilt wird, müssten die Bauten dann wieder abgerissen werden. Ob und, wenn ja, wann dieser endgültige Genehmigungsbescheid kommt, lässt sich angesichts der Menge der gestellten Anträge und der durch die Coronapandemie entstehenden Verzögerungen nur schwer beurteilen.

Obwohl Teslas Vorgehen rechtlich zulässig ist, ist es doch ziemlich voreilig, besonders wenn man bedenkt, dass bereits weitere Rodungen beantragt wurden und somit ein über 80 Jahre alter Wald aufgrund der Ungeduld eines Großkonzerns gerodet werden könnte. Zwar hat sich Tesla verpflichtet, den gerodeten Wald an anderer Stelle nachzupflanzen und zusätzlich Waldflächen in Brandenburg aufzuwerten, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass durch Teslas „vorzeitige Maßnahmen“ ein vorhandener Wald zerstört wird.

Die Brandenburger Landesverbände von Naturschutzbund und Grüner Liga sehen auch die Zauneidechse, das „Reptil des Jahres“, gefährdet. Die Umweltverbände beantragten einen Baustopp zum Schutz der dort überwinternden Zauneidechsen. Daraufhin wurde Tesla die weitere Rodung von bestimmten Gebieten gerichtlich untersagt.

Erweiterungen und Wasserverbrauch

So, wie die Dinge jetzt stehen, scheint die Wasserversorgung der Fabrik zumindest vorläufig gesichert. Das liegt nicht nur an einer Umplanung des Kühlsystems durch Tesla, sondern auch daran, dass erlaubt wurde, bis zu fünf Millionen Kubikmeter Wasser mehr pro Jahr zu fördern, eine Menge, die dem Wasserbedarf einer Stadt mit gut 100.000 Einwohnern entspricht. Dies ist allerdings nur eine Übergangslösung, da bereits zwei Jahre nach Inbetriebnahme mit Wasserengpässen gerechnet wird. Das Landesumweltministerium sucht schon jetzt nach neuen Wasserreserven, die künftig in das Gebiet gepumpt werden könnten.

Der geplante weitere Ausbau der Fabrik würde die ohnehin knappen Wasservorräte des Wasserschutzgebietes Erkner-Neu Zittau noch zusätzlich belasten. Dann ist neben dem Bau der Tesla-Oberklassenmodelle auch die Produktion von Mittelklassewagen und eigenen Batterien geplant. Spätestens dafür bräuchte Tesla Wasser von außerhalb, und auch eine zusätzliche Kläranlage für das entstehende Abwasser wäre dann unerlässlich.

Die Verkehrsinfrastruktur für die Fabrik sorgt ebenfalls für eine Menge Kopfzerbrechen. Um die gewaltige Pendler- und Materialflut bewältigen zu können, sollen eine neue Autobahnabfahrt vom Berliner Ring sowie eine neue Landstraße gebaut werden. Dazu kommt die Erweiterung der bestehenden Landstraße südlich des Fabrikgeländes um zusätzliche Spuren und die Versetzung des Regionalbahnhofs Fangschleuse um 1,5 Kilometer. Ein nicht unerheblicher Teil der dabei entstehenden Kosten in Höhe von insgesamt 80 Millionen Euro soll vom Staat übernommen werden.

Fabio Micheel

Weitere Informationen:
www.brandenburg.nabu.de (Suche: Tesla)

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