Aus DER RABE RALF Dezember 2017/Januar 2018, Seite 25
Der Himmelbeet-Gemeinschaftsgarten entwickelt ein inklusives Buch
Seit 2013 ist der Himmelbeet-Gemeinschaftsgarten inmitten des Berliner Stadtteils Wedding ein Zentrum der Begegnung und des nachbarschaftlichen Miteinanders. Anwohner_innen pflegen hier ihre Pachtbeete, manche kommen her, um im Gartencafé eine Tasse Kaffee zu trinken oder den hausgemachten Kuchen zu kosten – und sehr viele Menschen kommen von nah und fern, um im Gemeinschaftsgarten mitanzupacken. Unzählige Stunden ehrenamtlicher Arbeit wurden hier schon geleistet.
Für das Gartenteam war es immer ein Anliegen, den Garten und die Arbeit darin für alle Menschen zugänglich zu machen. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen sozialen Trägern und die grundsätzliche Bereitschaft, sich auf verschiedene Bedarfe einzustellen, machen das Himmelbeet zu einer offenen Anlaufstelle für Menschen mit Behinderung oder Menschen mit Fluchterfahrung, um hier ohne institutionellen Rahmen mit Anwohner_innen in Kontakt zu kommen. Wichtig ist dabei auch der Zugang zu Wissen rund um das Gärtnern und die Ökologie, über Pflanzen und Ernährung.
Dabei stellte das Himmelbeet-Team fest, dass Informationen über diese Themen nicht in Leichter Sprache zur Verfügung stehen. Leichte Sprache ist eine speziell geregelte sprachliche Ausdrucksweise des Deutschen, die auf besonders leichte Verständlichkeit abzielt. Viele unserer Mitmenschen benötigen Informationen in Leichter Sprache, um einen Einstieg ins gemeinsame Gärtnern und Lernen zu finden. So beschloss das Team, ein Projekt zu entwerfen, um gemeinsam diese Lücke zu schließen.
Fachleute erklären, wie man Setzlinge macht, um Pflanzen zu vermehren. (Foto: Ulrike Bruckmann)
Das Tuml-Buch
Mit Unterstützung der Aktion Mensch in Mainz und der Heidehof-Stiftung Stuttgart gibt es nun seit dem Herbst regelmäßige Treffen einer inklusiven Gruppe, die gemeinsam an einem Buch arbeitet. Jeden Dienstagnachmittag macht sich die Gruppe mit selbst gewählten Themen vertraut und arbeitet sie so auf, dass sie in Leichter Sprache wiedergegeben werden können. Anhand ihres eigenen Lernprozesses kann sie Anleitungen geben, etwa wie sich aus einer Zucchini Saatgut gewinnen lässt, um im nächsten Jahr neue Zucchinipflanzen ziehen können. Oder wie aus Fallobst leckeres Apfelmus werden kann.
Die Teilnehmer_innen der Gruppe haben in diesem verbindlichen Rahmen die Chance, einander kennenzulernen und ein Gefühl für die Bedürfnisse der anderen Gruppenmitglieder zu bekommen.
Das Buch soll vor allem für gartenpädagogische Angebote nutzbar sein, damit Gärnter_innen und Pädagog_innen es einfacher haben, inklusives Lernen im Garten zu ermöglichen. Es soll Menschen mit Lernschwierigkeiten und einem kleinen deutschen Wortschatz einen Zugang zur Natur in der Stadt erleichtern.
Zudem ist es dem Gartenteam ein Anliegen, das Konzept der Leichten Sprache voranzubringen und ein ganz neues Format zu entwerfen: ein partizipatives Mitmach- und Sachbuch. Die Gruppe kann sich vorstellen, dass das Tuml-Buch-Format („tuml“ ist eine Abkürzung für „Teilhabe und Mitbestimmung leben“) später auch auf andere Themen wie Kochen oder Nähen anwendbar ist.
Das Projektteam ist noch auf der Suche nach Menschen mit und ohne Behinderung, die Lust haben, sich dieser Gruppe anzuschließen. Die Treffen finden jeden Dienstag von 16 bis 19 Uhr im Himmelbeet-Gemeinschaftsgarten in der Ruheplatzstraße 12 statt, nicht weit vom U-Bahnhof Leopoldplatz. Die Teilnahme an den Workshops ist kostenlos, Spenden sind willkommen. Um Anmeldung unter der E-Mail-Adresse tuml@himmelbeet.de wird gebeten.
Auch darüber hinaus ist die Gruppe offen für Ideen oder Fragen zum Themenkomplex Leichte Sprache, Inklusion und Gärten.
Ulrike Bruckmann
Weitere Informationen:
www.himmelbeet.de