Aus DER RABE RALF Juni/Juli 2018, Seite 12
Wie Bäume auch illegal gefällt werden und was man dagegen tun kann
Der Rabe Ralf hatte sich in der April/Mai-Ausgabe damit beschäftigt, ob Bäume der Verkehrswende weichen sollen. Nun soll es darum gehen, wie Bäume für Baumaßnahmen auf Privatgrundstücken gefällt werden. Anders als bei den öffentlichen Straßenbäumen kommt es hier regelmäßig zu illegalen Fällungen, für die es also keine Genehmigung gab. Bei Verstößen drohen bis zu 50.000 Euro Strafe. Strafen in dieser Größenordnung werden jedoch fast nie verhängt.
In der Berliner Baumschutzverordnung heißt es: „Wegen der Bedeutung für die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, insbesondere zur Erhaltung der Lebensgrundlagen wildlebender Tiere sowie zur Belebung, Gliederung und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, Verbesserung des Stadtklimas und zur Abwehr schädlicher Einwirkungen, wird der Baumbestand in Berlin als geschützter Landschaftsbestandteil nach Maßgabe dieser Verordnung geschützt.“ Danach sind, bis auf Obstbäume, alle Laubbäume ab einem Stammumfang von 80 Zentimetern geschützt. Bis 2004 waren es noch 60 Zentimeter.
Dieser Baum ist noch nicht groß genug und dürfte seit 2004 einfach gefällt werden, wenn er auf Privatland stünde. (Fotos: Leonhard Lenz)
Jeder Bezirk für sich
Für die Genehmigungen von Baumfällungen sind – ebenso wie für die Verstöße dagegen – die entsprechenden Abteilungen der Bezirksämter zuständig. So gab es im Bezirk Neukölln in den letzten fünf Jahren 41 Ordnungswidrigkeiten, bei denen Bäume illegal gefällt und Ordnungsgelder in Höhe von insgesamt 9.250 Euro erhoben wurden. In Reinickendorf waren es nur acht Bäume, aber 4.700 Euro für die Bezirkskasse. In Charlottenburg-Wilmersdorf wurden 127 Bäume gefällt und 36.000 Euro gezahlt. In Treptow-Köpenick waren es über 55.000 Euro, die nach 182 Ordnungswidrigkeiten entrichtet wurden. In Tempelhof-Schöneberg hingegen wurden in den letzten fünf Jahren nur Ordnungsgelder in Höhe von 720 Euro erhoben – wegen 23 gefällten Bäumen.
In mindestens zwei Dritteln der Fälle waren es Unternehmen, gegen die die Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wurden. Die Sünder sind also weniger die Hausbesitzer mit ihren Gärten, sondern meist Gartenbau- und Bauunternehmen.
Das gilt auch für Spandau, wo 39 Bußgeldbescheide allein im Jahr 2016 ausgestellt wurden, mit einer Bußgeld-Gesamthöhe von fast 40.000 Euro. In den letzten fünf Jahren waren es hier 222 Ordnungsverfahren, die zu Zahlungen von mehr als 225.000 Euro führten. Der Bezirk bekam jedoch weniger als zwei Drittel der Summe ab, ein großer Teil ging an die Justiz. In Spandau werden seit dem Inkrafttreten der Baumschutzverordnung im Jahr 1982 genaue Statistiken zu Genehmigungen und Verstößen geführt und jährlich den zuständigen Bezirksverordneten vorgelegt. In Mitte und Lichtenberg hingegen werden solche Daten gar nicht statistisch erhoben.
Aus dem ausführlichen Spandauer Bericht lässt sich gut erkennen, wofür Bäume legal gefällt werden. So wurden im vergangenen Jahr 922 Bescheide nach der Baumschutzverordnung ausgestellt, fast 80 Prozent davon wurden genehmigt. Insgesamt wurden so 1.415 Bäume gefällt, mehr als ein Drittel davon für Bauvorhaben. Etwas mehr als die Hälfte der gefällten Bäume waren laut den Unterlagen abgestorben oder sehr stark beschädigt. Da die Zahl der für Bauvorhaben gefällten Bäume durch einzelne Großbaustellen stark schwankt, ist hier die Betrachtung der langfristigen Zahlen wichtig. In den 35 Jahren, in denen die Baumschutzverordnung gilt, wurden in Spandau jedes Jahr durchschnittlich 1.220 Bäume gefällt, 444 davon für Bauvorhaben. Inwieweit sich diese Zahlen auf die anderen Bezirke übertragen lassen, ist jedoch fraglich.
Wer fällt, muss nachpflanzen
Wer einen Baum korrekt fällen will, kann bei der Baumschutzstelle des Bezirks einen Antrag stellen. Wenn es sich nicht um einen besonders schützenswerten Baum handelt, wird die Genehmigung in der Regel erteilt. Obst- und Nadelbäume können, bis auf einige Ausnahmen, auch ohne Genehmigung gefällt werden. Für den gefällten Baum müssen dann, je nach Stammumfang, neue Bäume gepflanzt werden. Bei einem Umfang bis 120 Zentimeter muss nur ein Baum neu gepflanzt werden. Hat der Stamm in 1,30 Metern Höhe einen Umfang von mehr als 360 Zentimeter, müssen sechs Bäume gepflanzt werden. Daneben gibt es noch eine Liste wertvoller, langsam wachsender Bäume, für die mehr nachgepflanzt werden muss. Die Größe der zu pflanzenden Bäume hängt von der Beschädigung der gefällten Bäume ab. Je nach Art und Größe liegen die Preise für einen nachzupflanzenden Baum zwischen 600 und 1.000 Euro.
Auch hier sind die Zahlen aus Spandau interessant. In dem Bezirk wurden seit 1982 jedes Jahr durchschnittlich 649 Bäume neu gepflanzt, wobei dieser Mittelwert in den letzten Jahren deutlich unterschritten wurde.
Einfach nur einen jungen Baum in die Erde zu setzen reicht dabei jedoch nicht aus. Erst wenn der Baum seine vierte Vegetationsperiode gut überstanden hat, gilt der Ausgleich als vollzogen. Die Kosten für den Baumschulenbaum, seine Fläche und Pflege können auch an das Bezirksamt gezahlt werden, das sich dann darum kümmert. Auch hierzu gibt es Zahlen aus Spandau, wo seit 1982 jedes Jahr im Schnitt 12.900 Euro an Ausgleichszahlungen geflossen sind – hier sind die Zahlen in den letzten Jahren eher gestiegen. Die Gesamtmenge der Ersatzbäume ist also, wie vorgeschrieben, gleich geblieben.
Bäume pflegen, Bäume retten
„Jeder Eigentümer oder jeder sonstige Nutzungsberechtigte von Grundflächen ist verpflichtet, die auf dem Grundstück befindlichen geschützten Bäume zu erhalten und zu pflegen“, heißt es in der Baumschutzverordnung. Wer einen Baum besitzt ist, hat also die gesetzliche Pflicht, sich um ihn zu kümmern. Dazu gehört der Schutz vor mechanischer Beschädigung und, falls nötig, auch die Bewässerung und Düngung des Baumes.
Wenn die Bäume auf fremden Privatgrundstücken stehen, kann man meist nicht viel machen, außer mit dem Besitzer zu reden und notfalls das Bezirksamt zu informieren. Wenn das auch nicht hilft, kann auch wegen Verstoßes gegen die Baumschutzverordnung Anzeige erstattet werden. Wer bei der Fällung von Bäumen unsicher ist, ob es dafür eine Genehmigung gab, kann das Umwelt- und Naturschutzamt des Bezirks fragen. Will das Amt nicht antworten, kann ein Hinweis auf das Informationsfreiheitsgesetz oder das Umweltinformationsgesetz helfen. Hier kann die Internetplattform „FragDenStaat“ helfen. Der NABU Berlin bietet ebenfalls Beratung sowie eine Broschüre zum Baumschutz an.
Aber auch, wer keine mutwilligen oder fahrlässigen Baumbeschädigungen bemerkt, kann Bäumen etwas Gutes tun. Gerade im trockenen Sommer kann es sinnvoll sein, Straßenbäume zu gießen. Eine begrünte Baumscheibe verhindert, dass das Wasser gleich wieder verdunstet. Sie hält Autos davon ab, direkt an den Stamm heranzufahren und den Boden noch mehr zu verdichten, und hindert Hunde daran, ihr Geschäft an den Baum machen. Das Hundeurin ist zu viel Düngung für den Baum und verätzt die Rinde.
Ein aufmerksamer Blick auf die Bäume an Baustellen und öffentlichen Straßen kann also einen guten Beitrag dazu leisten, die Bäume in der Stadt zu schützen. Zugleich sollten die Verwaltungen die mutwillige Zerstörung von Bäumen konsequenter verfolgen und höher ahnden. Gerade an Großbaustellen muss genauer auf den Schutz von Bäumen geachtet werden.
Leonhard Lenz
Weitere Informationen:
www.grueneliga-berlin.de/baumschutz
Broschüre: berlin.nabu.de
Falls Informationen zu Baumfällungen nicht öffentlich sind, können sie hier angefragt werden: www.fragdenstaat.de
Baumschutzverordnung: gesetze.berlin.de