Ungewöhnlich schön und artenreich

Aus DER RABE RALF April/Mai 2024, Seite 5

Der Elbe-Nebenfluss Stepenitz in der Prignitz ist „Flusslandschaft des Jahres“

Abendstimmung an der Dömnitz, einem Nebenfluss der Stepenitz. (Foto: Fario e.V.)

Im Nordwesten des Landes Brandenburg fließt die Stepenitz, einer der saubersten Flüsse Deutschlands. Am Weltwassertag am 22. März wurde sie zur Flusslandschaft des Jahres gekürt, um die Öffentlichkeit für die ökologische, ökonomische und soziokulturelle Bedeutung des Flusses zu sensibilisieren. Die Stepenitz entspringt in der Nähe von Meyenburg in der Prignitz und mündet nach rund 84 Kilometern bei Wittenberge in die Elbe.

Schöne Landschaft

Unterhalb der Quelle verliert die Stepenitz schnell an Höhe und fließt in nordwestlicher Richtung durch Meyenburg. In dem Städtchen bildet sie die östliche Grenze des Schlossparks. Etwas weiter westlich erreicht der Fluss die Gemeinde Marienfließ mit den Ortsteilen Krempendorf und Stepenitz. Hier verläuft sie nahe am Zisterzienserinnenkloster Marienfließ. Dieses älteste Nonnenkloster der Prignitz wurde um 1230 gegründet, erhalten ist noch die backsteinerne Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert.

Unterhalb des Klosters führt der Fluss durch Wiesen und Buchenwälder mit Uferabbrüchen, kleineren Erlenbrüchen und Auwald-ähnlichen Abschnitten. Östlich der Ruhner Berge biegt der Lauf nach Süden ab. Nach der Ortschaft Telschow durchfließt die Stepenitz mit Putlitz eine der ältesten Städte der Prignitz, zu der im weiteren Verlauf heute auch die Orte Mansfeld und Lockstädt gehören. Zwischen Helle und Wolfshagen mündet von links die Dömnitz. In Wolfshagen passiert der Flusslauf das Renaissanceschloss von 1590. Mit den Wassern der Stepenitz war das Schloss ursprünglich von den „edlen Herren Gans zu Putlitz“ als Wasserburg angelegt. Der Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné schuf hier in den 1850er Jahren beiderseits der Stepenitz einen Landschaftspark.

Mit zwei Armen umfasst die Stepenitz den historischen Stadtkern von Perleberg, der Kreisstadt des Landkreises Prignitz. Die Stepenitz bildet dann die Grenze zwischen den Gemeinden Weisen und Breese, bevor sie mit dem Osten der Stadt Wittenberge den traditionellen Elbübergang von der Westprignitz zur Altmark berührt. Der Fluss mündet dort gemeinsam mit der Karthane in die Elbe.

Glasklares Wasser am Oberlauf der Stepenitz. (Foto: Fario e.V.)

Reiche Tier- und Pflanzenwelt

Die Stepenitz ist nicht nur schön, sondern auch an allen möglichen Tierarten reich. Nach jüngsten Zählungen kommen in der Stepenitz 38 Fischarten vor. Neben allen drei Neunaugen-Arten verfügt die Stepenitz über einen sich selbst erhaltenden Bachforellenbestand. Darüber hinaus kommen im Stepenitz-Flusssystem weitere seltene oder geschützte Wirbeltiere vor, zum Beispiel Fischotter, Biber, Seeadler, Schwarzstorch, Eisvogel, Limikolen, Wasseramsel, Gebirgsstelze. Die Stepenitz ist auch ein Wohnort für die Bachmuschel, den Edelkrebs und weitere Wirbellose, die hohe Ansprüche an Strukturvielfalt und Wasserqualität stellen.

Glücklicherweise blieb die Stepenitz zu DDR-Zeiten in großen Teilen unangetastet, was zu ihrem heutigen wertvollen Charakter beiträgt. Das Flusstal wurde im Jahr 2004 als Naturschutzgebiet Stepenitz ausgewiesen. Hinzu kommen die Naturschutzgebiete Marienfließ und Quaßliner Moor in der Region.

Die Stepenitz braucht Schutz

„Flüsse haben unsere Zivilisation mehr als jede Straße und jede Technologie geprägt“, betont Joachim Nibbe vom Bundesvorstand der Naturfreunde. „Der Schutz dieser Landschaftssysteme wird angesichts der immer schneller heraufziehenden Klimakrise immer wichtiger. Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Dürren setzen Flusslandschaften unter Druck, können von ihnen aber auch abgepuffert werden.“

Besonderen Wert legt die Naturschutzgebietsverordnung auf die Erhaltung und Entwicklung der Populationen verschiedener Tierarten, einschließlich der für ihre Fortpflanzung, Ernährung, Wanderung und Überwinterung wichtigen Lebensräume. Unter den geschützten Arten sind der Fischotter, die Fischarten Westgroppe, Steinbeißer, Lachs, Bach- und Flussneunauge sowie Bachmuschel, Schmale und Bauchige Windelschnecke.

Das natürliche Erscheinungsbild sowie die hohe Wasserqualität und Artenvielfalt sind Gründe für die herausragende Schutzwürdigkeit der Stepenitz unter den brandenburgischen Flüssen. Gleiches gilt auch für ihre Nebenflüsse wie die Dömnitz. Als Beitrag zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) wurde die Stepenitz im Jahr 2009 von der Flussgebietsgemeinschaft Elbe als „überregional bedeutsames Vorranggewässer“ für Langdistanz-Wanderfischarten wie den Atlantischen Lachs (Salmo salar) ausgewiesen. Die ökologische Durchgängigkeit spielt dabei eine besondere Rolle – zahlreiche Querverbauungen in der Stepenitz stehen diesem Ziel bislang im Wege.

Maiia Davletkhanova

Weitere Informationen: flusslandschaft.naturfreunde.de

Zur Ausgaben-Übersicht


Copyright © 2009 - 2024 GRÜNE LIGA Berlin e.V. Landesverband Berlin - Netzwerk Ökologischer Bewegungen - Alle Rechte vorbehalten.